Chronologie des Verbrechens Der spektakuläre Entführungsfall Maria Bögerl: Welcher Trost ihren Kindern bleibt

Mit diesem Foto von Maria Bögerl fahndet die Polizeidirektion Heidenheim seit Donnerstag (13.05.2010) nach der 54-Jährigen. Sie ist seit Mittwoch verschwunden. Auch von ihrem schwarz lackierten Auto (Mercedes A-Klasse) fehlt nach Polizeiangaben jede Spur. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist sie offensichtlich entführt worden. Kurz nach ihrem Verschwinden erhielt ihr Ehemann eine Lösegeldforderung. Obwohl sämtliche Forderungen des Täters erfüllt worden sind, kam es bislang zu keiner Geldübergabe. Derzeit seien rund 300 Polizeibeamte, darunter zahlreiche Spezialkräfte, aus ganz Baden-Württemberg im Einsatz, so die Polizei. Foto: Polizei dpa/lnw (Achtung: bestmögliche Qualität)  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Mit diesem Foto sucht die Polizei nach ihrem Verschwinden nach Maria Bögerl (Archivbild)
dpa, Polizei

Es ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle Deutschlands, der nun wohl nie aufgeklärt wird.
"Solange es erfolgversprechende Ermittlungsansätze gibt, ist weder die Staatsanwaltschaft noch die Polizei bereit, diese Akte zu schließen", sagte Chefermittler Thomas Friedrich der Deutschen Presse-Agentur zehn Jahre nach Maria Bögerls Tod im Jahr 2020. Nun, knapp drei Jahre später, werden die Ermittlungen doch eingestellt. Ein Schlag ins Gesicht für ihre Kinder Carina und Christoph sowie ihre gesamte Familie. Und irgendwie auch für Millionen Deutsche, die während der vergangenen 13 Jahre mitgefiebert haben, ob der Mörder von Maria Bögerl nicht doch noch gefasst wird.

Die Entführung von Maria Bögerl

12. Mai 2010:

Maria Bögerl lebt zusammen mit ihrem Mann Thomas und den Kindern Carina (damals 27) und Christoph (damals 24) in einem gepflegten Einfamilienhaus am Ende einer Spielstraße im Heidenheimer Stadtteil Schnaitheim. Ihr Mann Thomas (55) ist der örtliche Sparkassen-Chef. Die 54-jährige Sonderschullehrerin ist als freundliche, bodenständige Nachbarin bekannt.

An diesem Mittwochmorgen ändert sich das Leben der Bögerls für immer. Um 10.30 Uhr telefoniert sie zuletzt mit Thomas Bögerl. Dann wird die „geliebte Mama“ und Ehefrau aus ihrem Haus entführt. Auch ihr Auto, ein schwarzer A-Klasse Mercedes, verschwindet.

Lesen Sie auch: Schwangere aus Nürnberg vermisst – Führt dieser Twingo zur vermissten Alexandra R.?

Um 11.25 Uhr darauf meldet sich ein Unbekannter telefonisch bei Thomas Bögerl. Kriminaloberrat Hartmut Schröppel berichtet auf einer Pressekonferenz zu dem Fall am 14. Mai 2010: „Frau Bögerl hat gegenüber ihrem Mann geäußert, dass der Täter sie mit dem Tode bedroht hat.“

Aus diesem Haus wird Maria Bögerl entführt
Aus diesem Haus wird Maria Bögerl entführt (Archivbild)
RTL

300.000 Lösegeld für das Leben von Maria Bögerl

300.000 Euro Lösegeld soll die Familie an einer Stelle, die der oder die Entführer mit einer Deutschlandflagge markiert hat, auf der Autobahn 7 zwischen Heidenheim und Oberkochem hinterlegen. Doch das Geld wird nicht abgeholt, der Kontakt zum Entführer ist abgebrochen. Erst jetzt wendet sich die verzweifelte Familie an die Polizei und die offizielle Suche nach der 54-Jährigen beginnt.

Christoph, Carina und Thomas Bögerl wenden sich mit einem bewegenden Briefappell, der auf der Pressekonferenz am 14. Mai 2020 verlesen wird, an den oder die Entführer: Man habe alles getan, was die Entführer verlangt hätten. „Wir appellieren in unserer Verzweiflung an Ihre Menschlichkeit. Bitte geben Sie uns unsere geliebte Mama, meine Frau wohlbehalten zurück. Sie hat Ihnen nichts getan.“

Lesen Sie auch: Verzweifelte Suche nach Émile (2) – Seine Familie macht „Unerträgliches" durch

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Maria Bögerls Auto und Handy werden gefunden

14. Mai 2010:

Ein Großaufgebot der Polizei sucht rund um die Stelle der gescheiterten Geldübergabe nach Maria Bögerl. Hunde und Hubschrauber werden ein gesetzt. Doch schließlich finden Spaziergänger ihr Auto in der Nähe des Klosters Neresheim, rund 20 Kilometer entfernt von ihrem Wohnort. Zuvor hatte die Polizei bereits ihr Handy in der Nähe des Stadtteils Großkuchen entdeckt.

Ein Kriminaltechniker untersucht am Samstag (15.05.2010) in Aalen (Ostalbkreis) ein Auto. Dieses Auto gehört der seit Mittwoch (12.05.2010) entführten Maria B. und wurde in Kloster Neresheim gefunden. Von dem Opfer gibt es kein Lebenszeichen. Rund 400 Polizeibeamte aus ganz Baden- Württemberg beteiligen scih an der Fahndung. Foto: Stefan Puchner dpa/lsw  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Kriminaltechniker finden an Maria Bögerls Auto eine DNA-Spur des mutmaßlichen Täters (Archivbild)
dpa, Stefan Puchner

Soko Flagge sucht entführte Maria Bögerl

17. und 18. Mai 2010:

Die Suche wird immer verzweifelter, denn es gibt weiterhin keinen Kontakt zu dem oder den Entführern. „Wir wissen nicht, wo sie sich befindet, in welchem Zustand sie ist. Ob sie noch in der Gewalt der Entführer ist, ob sie irgendwo in hilfloser Lage ist“, erklärt Polizist Horst Baur von der Polizei Heidenheim im Gespräch mit RTL.

Die Sonderkommission „Flagge“ wird gegründet. Außerdem wird die Belohnung für Hinweise, die zur Aufklärung des Falles beitragen, auf 100.000 Euro erhöht.

Familie Bögerl veröffentlicht einen offenen Brief in einer Tageszeitung und appelliert erneut an die Menschlichkeit der oder des Entführers und bittet um das Leben von Maria Bögerl.

Im Video: Fall Simone Strobel - Polizei setzt hohe Belohnung für Hinweise aus

Fall Bögerl bei Aktenzeichen XY... ungelöst

19. Mai 2010:

In der TV-Sendung Aktenzeichen XY… ungelöst suchen Carina, Christoph und Thomas Bögerl die Öffentlichkeit und sprechen den oder die Entführer unter Tränen direkt an. Ihre spürbare Verzweiflung lässt wohl keinen Zuschauer kalt. „Bitte, bitte, bitte“, fleht Thomas Bögerl schluchzend, nachdem er erneut um Freilassung gebeten hat. Seine Tochter Carina schließt sich weinend an: „Geben Sie uns ein Zeichen, wo unsere Mutter ist, wir flehen Sie an! Bitte, bitte tun Sie es!“

„Mir tut die Familie ungeheuer leid“, sagt eine Frau nach der Ausstrahlung im RTL-Interview. Ein Mann ergänzt: „Das ist das Schlimmste, was es gibt, für die Familie.“ Ganz Deutschland nimmt mittlerweile Anteil am Schicksal der Familie aus Heidenheim.

Lesen Sie auch: Cold Case bei Aktenzeichen XY: Rätsel um Teppich-Tote – wer kennt die unbekannte Frau?

Spaziergänger findet Leiche von Maria Bögerl

3. Juni 2010:

Am Abend gegen 20 Uhr findet ein Spaziergänger eine Frauenleiche unter einem Reisighaufen. Nur wenige Meter entfernt war das Handy von Maria Bögerl gefunden worden. Bei einer anschließenden Obduktion die endgültige Gewissheit: Bei der Toten handelt es sich um Maria Bögerl. Jede Hoffnung ihrer Familie, die 54-Jährige lebend wiederzusehen, ist zerstört.

Während der Suche nach der Vermissten werden immer wieder Vorwürfe gegen die ermittelnde Polizei Heidenheim laut: Haben die Ermittler alles getan, um die zweifache Mutter zu finden?

Bildnummer: 54149662  Datum: 04.06.2010  Copyright: imago/imagebroker
Entführungsfall Maria Bögerl, Fundort einer Leiche in Waldstück, bei Niesitz, Kreis Heidenheim, Baden-Württemberg, Deutschland, Europa Gesellschaft Kriminalität Entführung Tatort Suche Polizei Polizeieinsatz Polizeisuche kbdig xdp 2010 quer abgesperrt abgesperrte abgesperrter abgesperrtes Absperrbänder Absperrbaender Absperrband absperren Absperrung Absperrungen am außen Außenaufnahme Aufschrift Aufschriften aussen Aussenaufnahme Aussenaufnahmen Bäume Bögerl Baden Baden-Württemberg Baden-Wuerttemberg Baeume Baum bei Boegerl BRD Bundesrepublik close close-up close-ups closeup closeups Delikt Delikte deutsch deutsche deutscher deutsches Deutschland draußen draussen einer Entführung Entführungen Entführungsfälle Entführungsfall Entfuehrung Entfuehrungen Entfuehrungsfaelle Entfuehrungsfall europäisch europäische europäischer europäisches Europa europaeisch europaeische europaeischer europaeisches Forst Forste Fundort Fundorte gesperrt gesperrte gesperrter gesperrtes Heidenheim in Kein Kreis Kriminalität Kriminalitaet Leiche Maria menschenleer Mord Morde Mordfälle Mordfaelle Mordfall Nahaufnahme Nahaufnahmen niemand Niesitz Polizei Polizeieinsätze Polizeieinsaetze Polizeieinsatz polizeilich polizeiliche polizeilicher polizeiliches Süddeutschland Schrift Schriften Schriftzüge Schriftzuege Schriftzug spiegelverkehrt spiegelverkehrte Straftat Straftaten Suchaktion Suchaktionen Suche Sueddeutschland Tag Tage Tageslicht tagsüber tagsueber Unschärfe Unschärfen Unschaerfe Unschaerfen unscharf unscharfe unscharfer unscharfes untersagt untersagte untersagter untersagtes up ups verboten verbotene verbotener verbotenes Verbrechen Wälder Württemberg Waelder Wald Waldstück Waldstueck Wuerttemberg Zutritt

Bildnummer 54149662 Date 04 06 2010 Copyright Imago image broker  Mary Bögerl Found a Corpse in Forest at Niesitz Circle Heidenheim bath Wuerttemberg Germany Europe Society Crime Abduction Crime scene Search Police Police use Police search Kbdig XDP 2010 horizontal shut off Abgesperrte Abgesperrter abgesperrtes Fencing Absperrbaender Absperrband absperren Barricade Barriers at exterior Outside view Inscription Labels exterior Outside view Outside Trees Bögerl bath bath Wuerttemberg bath Wuerttemberg Trees Tree at Boegerl GERMANY Federal Close Close up Close Oops closeup Closeups Offense Offences German German German German Germany outside outside a Abduction Abductions Abduction cases  Abduction Kidnappings Entfuehrungsfaelle Kidnapping case Euro European European European Europe Eisch Europe european Europe Eischen Europe Eischen Forst Forests Found Sites locked Blocked Gesperrter Locked Heidenheim in no Circle Crime Crime Corpse Mary deserted Murder Murders Murder cases Mordfaelle Murder case Close-up Close-ups Nobody Niesitz Police Police operations Polizeieinsaetze Police use the police Police police Police South German country Font Writings Writings Schriftzuege emblem mirror mirror Offence Offences Such action Search operations Search Sueddeutschland Day Days Daylight during the day during daytime Blur Blurred Blur Fuzziness focus Blur vague blurred prohibited prohibited untersagter prohibited up Oops Prohibitions Prohibited prohibited unlawful Crime Forests Wuerttemberg Woods Forest Forest Waldstueck Wuerttemberg Access
An dieser Stelle wird die Leiche von Maria Bögerl gefunden (Archivbild)
imago, imago stock&people, imago stock&people

Zeitplan für Lösegeldzahlung im Fall Bögerl zu knapp

4. Juni 2010:

Auf einer Pressekonferenz gibt die Polizei weitere Details zu dem mutmaßlichen Täter bekannt. Der Täter stamme vermutlich aus dem engeren familiären Umfeld, fasst RTL-Reporter Thomas Präkelt die Erkenntnisse der Beamten zusammen. Er soll mittleren Alters sein und schwäbischen Dialekt sprechen.

Außerdem wird bekannt, dass „das Lösegeld ist einfach eine halbe Stunde zu spät abgelegt worden“, so Präkelt. Es wäre ein sehr „straffer“ Zeitplan gewesen, der Thomas Bögerl im Telefonat mitgeteilt worden war, und 300.000 Euro in bar wären so schnell nicht aufzutreiben gewesen.

Lesen Sie auch: Hausmeister steckt Mädchen (8) in Koffer und entführt es aus Wohnung der Familie

Wenige Tage später verabschieden sich Thomas, Carina und Christoph in einer emotionalen Traueranzeige von Maria Bögerl: „Die Erinnerung an deine Stärke, an deine Wärme, an dein Lachen, ist das einzige, was uns am Leben hält“, heißt es dort. Und weiter: „Es gibt keinen Trost, nur die Liebe zu dir. Du fehlst!“

ARCHIV - In der Bonifatiuskirche in Heidenheim (Baden-Württemberg) ist am 09.06.2010 ein Porträt von Maria Bögerl mit einem Trauerflor geschmückt. Die Kirchengemeinde nimmt Abschied von Maria Bögerl, die am 12.05.2010 aus ihrem Haus entführt und deren Leiche am 03.06.2010 gefunden wurde. Foto: Stefan Puchner/dpa (zu lsw: ««Bild»: Neuer Zeuge im Mordfall Bögerl» vom 03.02.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bei einer emotionalen Trauerfeier am 12. Juni 2010 nehmen die Menschen, die sie liebten und Anteil an ihrem Schicksal genommen haben, Abschied von Maria Bögerl. Ihre Familie sei "am Ende", erzählt Pfarrer Max Wiest RTL (Archivbild)

Thomas Bögerl nimmt sich das Leben

11. Juli 2011:

Gut 14 Monate nach der Entführung seiner Frau trifft Thomas Bögerl die Entscheidung, sich selbst das Leben zu nehmen. Die Nachricht über seinen Tod schockiert Deutschland erneut. Er soll erst kurz zuvor aus einer Rehaklinik in das Haus, das er mit seiner Maria bewohnt hatte, zurück gekehrt sein. Die Haushälterin hat ihn tot aufgefunden, es gibt laut Polizei keinen Zweifel an Suizid.

Die Ermittlungen im Fall Maria Bögerl stagnieren zu dem Zeitpunkt, immer wieder werden Gerüchte laut, ob Thomas Bögerl selbst etwas mit dem Tod seiner Frau zu tun hat. Haben ihn diese Vermutungen verzweifeln lassen?

In der Traueranzeige für ihren Vater, die am 14. Juli 2011 erscheint, erheben die Kinder Carina und Christoph sowie die gesamte Familie schwere Vorwürfe: „Unser lieber Vater, Sohn, Bruder und Schwager hat den Verlust seiner geliebten Frau, die erfolglosen polizeilichen Ermittlungen, die unsäglichen Verleumdungen und den zuletzt daraus resultierenden Abschied aus seinem Beruf nicht mehr ertragen können.“

Lesen Sie auch: Nach 48 Jahren! Polizei findet offenbar Gretchens Killer – es war ihr Pfarrer

Der Fall Bögerl gerät nicht in Vergessenheit

In den folgenden Jahren scheint die Polizei immer mal wieder kurz vor einem Durchbruch im Fall Bögerl zu stehen. Ein Massen-Gen-Test wird durchgeführt, ein Phantombild veröffentlicht, ein mutmaßlicher Täter festgenommen. Doch es stellt sich heraus, dass Axel R. (46) sich nur hat „wichtig machen“ wollen, wie er im RTL-Interview 2017 erzählt. „Wie kann man nur so bescheuert sein“, meint er im Nachhinein und fasst sich an den Kopf. Gerade noch entgeht er einer Gefängnisstrafe.

Egal, welche Spur die Polizei im Fall Bögerl verfolgt, die Beweiskette ist nie schlüssig, sodass jedweder Verdacht sich nicht erhärten lässt. Auch heute ist unklar, wer Maria Bögerl entführt und ermordet hat. Ihre Kinder Carina und Christoph, die durch das furchtbare Verbrechen zu doppelten Waisen wurden, müssen nun hinnehmen, dass die Polizei die Ermittlungen einstellt, weil es aktuell keine weiteren Ermittlungsansätze gäbe.

Doch ein Trost bleibt den beiden: der Vorwurf des Mordes verjährt nicht, also kann das Verfahren bei neuen Ermittlungsansätzen jederzeit wieder aufgenommen werden. Den Ermittlungsbehörden liegt weiterhin eine eindeutig einem männlichen Täter zuzuordnende DNA-Spur vor. Vielleicht wird Maria Bögerls Mörder also irgendwann doch noch geschnappt. (lha mit dpa)

Hier finden Sie Hilfe in schwierigen Situationen

Haben Sie suizidale Gedanken oder haben Sie diese bei einem Angehörigen/Bekannten festgestellt?

Hilfe bietet die Telefonseelsorge: Anonyme Beratung erhält man rund um die Uhr unter den kostenlosen Nummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222. Auch eine Beratung über das Internet ist möglich unter telefonseelsorge.de.