Russland-Ukraine-Krieg
Auf in den Kampf: Der Leopard 1 soll die Ukraine im Krieg unterstützen – hat aber erhebliche Schwächen

Konrad Adenauer war noch Kanzler, als der erste Leopard 1 gebaut wurde. Dennoch will Kiew den Oldie. Trotz erheblicher Schwächen kann der Panzer noch erfolgreich eingesetzt werden – wenn die richtige Taktik gewählt wird.
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Ein echt altes Eisen: Der Leopard 1 wurde in den 1960ern unter Konrad Adenauer gebaut
Der Leopard 1 war die erste deutsche Eigenentwicklung eines Kampfpanzers (Main Battle Tank) nach dem Zweiten Weltkrieg. Längst gehört er zum Alteisen und nun will Kiew den Panzer aus den 1960ern haben - nur die Bundesregierung ziert sich noch. Bei der Entwicklung vermied man den Fehler, die Panzerung immer schwerer zu machen. Der Leopard 1 sollte vor allem beweglich sein, dann kam die Feuerkraft und zuletzt die Panzerung. Die ersten Serienmodelle wurden 1963 hergestellt. Damals war Konrad Adenauer Kanzler der Bundesrepublik – benutzt wurde der Leopard bis 2003 in der Bundeswehr. Heute ist er in größeren Stückzahlen noch in der Türkei und Griechenland im Dienst. In seinen 40 Dienstjahren wurde der Panzer mehrfach überarbeitet. Es gab sechs Baugruppen und vier große Kampfwertsteigerungen. Insgesamt wurden 4700 Stück gebaut.
Der Leopard 1 ist beweglich und schnell, allerdings ist die Panzerung unzureichend
Zu Beginn war die Hauptwaffe, die britische 105-mm-L7A3, das beste verfügbare Geschütz. Heute ist sie hoffnungslos veraltet. Der Leopard 1 kann die Frontpanzerung der in der Ukraine eingesetzten T-Panzer nicht durchschlagen. Auch sind diese Panzer mit 125-mm-Kanonen ausgerüstet. Für sie wäre der Leopard 1 im offenen Gefecht kein Match. In den 60er-Jahren war der Leopard 1 sehr gut motorisiert, heute erreicht er immer noch fast das Level der T-Panzer. Vergleichsweise modern ist die gyroskopische Waffenstabilisierungsanlage und das nachgerüstete Feuerleitsystem.
Es basiert heute auf einem Laserentfernungsmesser. Der Computer berücksichtigt Wetter, Bewegung und Art der Munition. Der Schütze muss nur noch das Ziel anvisieren – der Leopard 1 kann schnell aus der Bewegung heraus ein Ziel erfassen, feuern und sich zurückziehen. Was bleibt, ist die unzureichende Panzerung, insbesondere der unteren Wanne. Im Falle eines Einsatzes könnte man reaktive Panzerung nachrüsten, das Grundproblem bliebe aber erhalten.
Obwohl der Leopard 1 kein moderner Panzer ist, kann er der Ukraine im Krieg helfen
Man kann es drehen und wenden: der Leopard 1 ist kein moderner Panzer. Im Falle einer Lieferung an die Ukraine lässt er sich auch zeitnah nicht so modernisieren. Das bedeutet aber nicht, dass Kiew den Leopard 1 nicht gebrauchen könnte. Die Einsatztaktik muss an seine Fähigkeiten angepasst werden. Der Leopard 1 kann nicht als Duell-Panzer im Kampf gegen einen T-Panzer eingesetzt werden. Das Gleiche gilt für die Rolle als Main Battle Tank im Bewegungsgefecht. Für Kämpfe von zwei Panzergruppen wäre er zu ungeschützt und zu schlecht bewaffnet. Doch viele andere Aufgaben könnte der Leopard 1 auch heute noch ausfüllen. Hier sollte man nicht vergessen, dass die in der Ukraine eingesetzten Schützenpanzer und gepanzerten Mannschaftstransporter meist weit schlechter geschützt und bewaffnet sind. Der Leopard 1 könnte Infanteristen begleiten und mit seiner Feuerkraft unterstützen. Er kann in der Verteidigung und in Hinterhalten eingesetzt werden. Die Leopardpanzer könnten weniger gefährdete Abschnitte schützen und so andere Kampfpanzer dort freisetzen.
Derzeit erlebt man in der Ukraine, dass auch moderne Panzer sich nicht effektiv gegen moderne Panzerabwehrraketen, Kampfdrohnen und die Kombination von Artillerie und Beobachtungsdrohnen verteidigen. Hier sind die neuen Panzer genauso schutzlos wie der alte Leopard.
Kein Wunschpanzer, aber immerhin einsatzbereit - die Munition könnte jedoch ein Problem werden
Zudem muss man die Situation der Ukraine betrachten. Hier gilt: besser ein alter Panzer als gar kein Panzer. Viele Einwände, die sonst richtig sind, greifen in der Notsituation der Ukraine nicht. In Friedenszeiten würde es keinen Sinn machen, seine Streitkräfte mit einem Sammelsurium der verschiedensten Waffen in kleinen Stückzahlen auszustatten. Auf Dauer wird das zu einem logistischen Albtraum bei Munition und Ersatzteilen führen – nur hat Kiew keine Wahl.
Auch wenn der Westen Geld für Käufe bereitstellt, kann die Ukraine aus Zeitgründen keine schweren Waffen ordern, die komplett neu gebaut werden müssen. Schon beim Leopard würden sechs bis acht Wochen vergehen, bis die ersten Exemplare einsatzbereit aufgearbeitet wären und die Besatzungen geschult. Der Leopard 1 wird nicht Kiews Wunschpanzer sein. Aber er ist vorhanden, aus Deutschland könnten 150 Exemplare kommen. Und das wäre nicht das Ende. Sobald die Bundesrepublik ein Go gibt, kann Kiew auf Griechenland und die Türkei einwirken, ihre alten Leopard 1 aufzugeben und an Kiew abzutreten,. Auch diese Panzer könnten in Deutschland fit gemacht werden. Und das wäre ein großes Potenzial. Griechenland soll noch etwa 400 Leopard 1 im Dienst haben, die Türkei 500.
Größtes Problem scheint derzeit die Munition zu sein, denn sie ist in Deutschland nicht vorhanden und soll sich so schnell auch nicht besorgen lassen, so berichtet Business Insider.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei stern.de
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