Eine Region in Angst

Sie legten Brände, statt zu löschen - jetzt droht Feuerwehr-Feuerteufeln das Gefängnis!

Beim Prozess-Auftakt am Landgericht Leipzig verbergen zwei der Täter ihr Gesicht.
Beim Prozess-Auftakt am Landgericht Leipzig verbergen die Täter ihr Gesicht.
RTL
von Frank Vacik und Jan-Eric Kroeger

Ihre Aufgabe war es, Brände zu löschen und Leben zu retten. Doch sie taten das Gegenteil!
Am Montag startete vor dem Landgericht Leipzig der Prozess gegen vier junge Männer, die 29 Brände gelegt, zudem Unfälle geplant oder verursacht haben sollen. RTL hat den Auftakt vor Gericht verfolgt – und mit Opfern und der Mutter eines mutmaßlichen Täters gesprochen.

Ein Jahr lang versetzen sie Region in Angst

Als die Verhandlung am Montagmorgen gegen 9 Uhr im Saal 115 des Landgerichts Leipzig beginnt, verstecken die vier Angeklagten ihre Gesichter hinter Aktenordnern und Papierblöcken. Zu groß scheint die Scham vor ihren mutmaßlichen Taten zu sein. Vincent-Noah L. (20), Paul K. (23), Martin K. (24) und Louis H. (19) sollen Schuppen, Strohballen oder Mülltonnen angezündet, dazu absichtlich Ölspuren oder Hindernisse auf Straßen gelegt und Äste sowie Telefonmasten angesägt haben. „Die Angeklagten wussten und wollten, dass es dabei zu erheblichen und lebensgefährlichen Verletzungen kommt“, so der Staatsanwalt im Gericht. Alles nur, um das Unheil anschließend wieder in Ordnung zu bringen – denn die vier Männer sind während der mutmaßlichen Taten in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv! Sie wollten offenbar Aufmerksamkeit und Bewunderung für ihr ehrenamtliches Engagement, jetzt werden sie dafür einen hohen Preis zahlen müssen.

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Vor dem Landgericht sind sie seit Montag wegen schwerer Brandstiftung, gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung angeklagt. „Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Generierung von Einsätzen das Motiv der Männer war“, sagt Katrin Seidel, Pressesprecherin des Landgerichts, am RTL-Mikrofon. Zwischen Juni 2021 und Mai 2022 versetzten die jungen Männer die Ortschaften Parthenstein und Pomßen bei Leipzig in Angst und Schrecken. Mehrfach Opfer der Feuerteufel wurde Thomas Kirschstein, Vorstand der Pomßener Agrargenossenschaft. Er versteht bis heute nicht, warum sein Stroh immer wieder brennen musste.

Mutter des Angeklagten: "Ich bin selbst geschockt"

„Weil die Versicherung bezahlt hat, ist uns kein großer finanzieller Schaden entstanden. Und glücklicherweise ist keinem Menschen etwas passiert. Aber wir betrachten die Täter als Idioten“, so der Landwirt. Bemerkenswert: Einer der mutmaßlichen Täter arbeitet jetzt auf seinem Hof zur Wiedergutmachung im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs. „Er hat sich bei uns entschuldigt. Das ist wirklich keine schöne Arbeit, die ich ihm da gebe. Das ist Strafarbeit“, sagt Kirschstein. Deckenplatten eines Dachs müsse er abreißen, Glaswolle einsammeln. Trotz der Taten empfindet der Landwirt keine Wut. „Das alles zu beurteilen ist eine schwierige Sache. Einserseits darf es nicht ungestraft bleiben. Andererseits sind das alles junge Menschen, die an einem Scheideweg in ihrem Leben standen. Ich hoffe einfach, dass sie für sich die richtigen Schlüsse ziehen werden.“

Gut möglich, dass zumindest manche der Angeklagten diese Gedanken hinter Gittern fassen müssen. Am Landgericht werden Fälle ab einem Strafmaß von vier Jahren Gefängnis verhandelt. Das hat wohl auch die Mutter von Paul K. inzwischen realisiert. „Sie haben es gemacht als Männer, dann müssen sie jetzt auch zu ihren Taten stehen und bestraft werden als Männer“, sagt die Frau im Vorgarten des Einfamilienhauses der Familie zum RTL-Reporter. Ihr ist deutlich anzumerken, wie sehr sie der Prozess um ihren 23-jährigen Sohn mitnimmt. „Ich war selbst geschockt. Er ist beliebt bei der Arbeit, macht nie krank. Es gab nie Klagen über ihn.“

Und doch wird er nun die Konsequenzen tragen müssen für etwas, das wohl als Dummer-Jungen-Streich begann. Am Ende dessen steht aber ein Gesamtschaden von rund 300.000 Euro. Bis November sind insgesamt 16 Prozesstage angesetzt.