Leben und Liebe mit NarkolepsieWenn Sarah ihren Freund küsst, schläft sie ein

Für Sarah Zessin und ihren Freund Sascha Krüger ist es immer das Gleiche: Sie sehen sich, sie umarmen sich zur Begrüßung, sie küssen sich - und Sarah schläft ein. Nicht weil der Kuss mit Sascha so langweilig ist, sondern weil Sarah Narkolepsie hat. Sie schläft mehrfach am Tag einfach ein. Oft wenn sie sich sehr stark freut - wie beim Kuss mit ihrem Freund, oder bei dem Anblick von Speck.

Sarah und Sascha sind ein eingespieltes Team

Die "Zusammenbrüche" bei großen Emotionen sind charakteristisch für Narkolepsie. 80 bis 90 Prozent der Narkoleptiker leiden unter den sogenannten Kataplexien. Sarah und Sascha nennen diese liebevoll "Katas". Empfindet Sarah etwas als "umwerfend" - beispielsweise einen schönen Kuss von ihrem Freund oder der Anblick ihres Lieblingsgerichts - wirft es sie buchstäblich um. Gut, wenn Sascha dann da ist. Er fängt sie in solchen Momenten auf, gibt ihr Zeit, wieder zu sich zu kommen, beruhigt sie, nimmt die Situation mit Humor - denn ändern lässt sie sich ohnehin nicht.

Auf etwas verzichten möchte das Paar trotz der Narkolepsie nicht. Um etwas Normalität in ihr Leben zu bringen, reisen sie auch gemeinsam. Nötig ist dafür einiges an Kraft und Organisation, wie Sarah erklärt. Doch das ist es ihr wert. Einfach für "dieses Gefühl, man gehört zu den anderen Leuten, man gehört dazu".

Wir haben die beiden begleitet. Welche Hürden sie im Alltag gemeinsam meistern und wie sie diese mit viel Gelassenheit und Humor nehmen, sehen Sie im Video.

Was ist Narkolepsie?

Narkolepsie, auch Schlafkrankheit genannt, ist eine neurologische Erkrankung, von der allein in Deutschland rund 40.000 Menschen betroffen sind. Bei Narkoleptikern ist die Stabilität des normalen Wechsels zwischen Schlaf- und Wach-Phasen gestört. Sie leiden auch tagsüber an einer übermäßigen Müdigkeit, schlafen immer wieder ungewollt ein, können dies aber nicht verhindern. Nachts sind dann oft die Tiefschlafphasen gestört.

Viele Betroffene leiden zudem an Halluzinationen und Albträumen, je nach Typ der Narkolepsie auch unter sogenannten Kataplexien, plötzlichen Verlusten der Muskelspannkraft. Diese können von einem Erschlaffen der Gesichtsmuskulatur bis hin zu vollständigen Stürzen reichen und werden meist von starken Gefühlen wie Freude, Ärger oder Überraschung ausgelöst.

Wegen plötzlicher Kataplexien und der generellen Tagesschläfrigkeit laufen Narkolepsie-Patienten häufig Gefahr, sich bei einem Sturz zu verletzen. Heilbar ist die Erkrankung nach heutigem Stand der Medizin nicht. Tagesschlaf eindämmende Medikamente können die Symptome aber lindern und den Alltag so erleichtern - so wie bei unserem Kollegen Tobias Elsaesser. Wie er seinen Alltag mit Narkolepsie trotz Bürojob meistert, erzählt er hier.

Laut der Deutschen Narkolepsie Gesellschaft e.V. hat die Krankheit eine körperliche, keine psychische Ursache. Es wird vermutet, dass ein Immundefekt bei Betroffenen die Zellen zerstört, die den Botenstoff Hypocretin produzieren. Ohne diesen können wir unseren normalen Schlaf- und Wach-Rhythmen nicht folgen. Auftreten kann die Erkrankung jederzeit. Die Lebenserwartung beeinflusst sie jedoch nicht. Weitere Informationen zu Narkolepsie finden Sie hier.