Er war nur noch Haut und Knochen

Mord aus Habgier? Mutter und Tochter ließen pflegebedürftigen Mann (65) qualvoll sterben

20.06.2023, Niedersachsen, Oldenburg: Die Angeklagten stehen mit dem Anwalt Karsten Seeber (M.) im Gerichtssaal vom Landgericht Oldenburg. Die zwei Frauen sollen vorgegeben haben, einen alten Mann pflegen zu wollen. Sie kümmerten sich aber mutmaßlich nicht angemessen um ihn. Im Juli 2018 starb der Mann an einer unbehandelten schweren Erkrankung. Der Tatvorwurf lautet Mord. Foto: Sina Schuldt/dpa - ACHTUNG: Person(en) wurde(n) aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Haben diese beiden Frauen einen pflegebedürftigen Mann (65) einfach sterben lassen?
ssd jat, dpa, Sina Schuldt
von Christo Tatje und Jessica Sander

Er war völlig verwahrlost und abgemagert. Die Schilderungen vor Gericht sind kaum zu ertragen.
Mutter und Tochter sollen sich das Vertrauen eines pflegebedürftigen Mannes erschlichen haben. Sie hätten bei ihm gewohnt und sogar eine Vollmacht über sein Vermögen gehabt. Dann haben sie ihn qualvoll sterben lassen – so der Vorwurf. Jetzt müssen sich beide vor dem Landgericht Oldenburg verantworten.

Sie versprachen Pflege und ließen ihn sterben

Die Tochter (31) kommt mit einem Lächeln in den Gerichtsaal. So, als ob sie etwas überspielen möchte. Ihre Mutter wirkt bedrückt. Beide schweigen.

Ob Sie Reue spüren, das wird vielleicht der Prozess ans Licht bringen. Die Taten, die ihnen vorgeworfen werden, sind mehr als grausam:

Heute zu Prozessbeginn wird die Anklageschrift verlesen. Demnach sollen sich Mutter (65) und Tochter (31) 2016 im Haus des pflegebedürftigen Mannes in Vechta eingenistet haben. Sie sollen sein Vertrauen erschlichen haben und so auch an eine Vollmacht über sein Vermögen und seine persönlichen Angelegenheiten gekommen sein. Im Gegenzug sollten sie ihn pflegen. Das war der Deal.

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Auch hier soll ein Pfleger ihm Anvertraute getötet haben

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Die Bilder des Toten sind kaum zu ertragen

Aber anstatt sich um den diabeteskranken Mann zu kümmern, sollen sie ihm seinem Schicksal überlassen haben, so die Anklageschrift. Auch seine Medikamente habe er nicht bekommen. „Er soll dann im Juli 2018 an einer schweren Nieren-Becken-Entzündung gestorben sein“, erzählt Gerichtssprecher Thiemo Reinecke im Gespräch mit RTL. Deswegen wird Mord aus Habgier von der Kammer in Betracht gezogen.

Als die Bilder des Toten im Gerichtssaal gezeigt werden, ist das für die Zuschauer kaum zu ertragen. Einige schauen weg, bei Anderen ist ein Raunen zu hören. Er besteht zum Zeitpunkt seines Todes nur noch aus Haut und Knochen. Die Angeklagten sollen laut Staatsanwaltschaft noch versucht haben, einige Spuren zu beseitigen. Die total verdreckte Matratze sei ausgetauscht und im Garten versteckt worden.

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Mord aus Habgier?

Sein Tod soll qualvoll, aber vor allem vermeidbar gewesen sein, so die Anklage weiter.

War Habgier der Grund? Immerhin sollen Mutter und Tochter laut Anklage mehrere zehntausend Euro von dem Konto des Opfers abgehoben haben. Sogar als Erbin soll die Jüngere eingesetzt worden sein.

Warum hat das niemand bemerkt? Die Frauen sollen jeglichen Kontakt mit Nachbarn unterbunden haben. Der 65-Jährige pflegte aber offenbar ohnehin kaum soziale Kontakte. Die beiden Frauen wollen sich nicht zu den Vorwürfen äußern. „Im Falle einer Verurteilung wegen Mordes durch Unterlassen sieht das Gesetz eine lebenslange Freiheitsstrafe vor“, so der Gerichtssprecher.