Besorgniserregende Zahlen

Jedes 5. Kind in Deutschland ist armutsgefährdet - diese Hilfen stehen Familien zu

Peter Kneffel
Besonders armutsgefährdet sind Kinder von Alleinerziehenden oder Kinder, die mit vielen Geschwistern aufwachsen.
deutsche presse agentur

Es sind erschreckende Zahlen: Mehr als jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene in Deutschland sind einer Studie zufolge armutsgefährdet. Besonders betroffen: Kinder von Alleinerziehenden oder Kinder, die mit vielen Geschwistern aufwachsen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Hohe Inflation verschärft das Problem

Betroffen sind unter den Kindern vor allem Jungen und Mädchen in alleinerziehenden Familien oder in Mehrkindfamilien mit drei und mehr Heranwachsenden, heißt es in der Analyse.

Kinder- und Jugendarmut bleibt demnach ein ungelöstes Problem. Und es macht auch einen Unterschied, wo man aufwächst. So gibt es laut Analyse erhebliche regionale Unterschiede: Am höchsten falle die Armutsgefährdungsquote in Bremen aus, am niedrigsten in Bayern, das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen liege etwa im Mittelfeld.

Knapp 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche - das entspricht einem Anteil von 20,8 Prozent - waren laut Stiftung 2021 bundesweit von Armut bedroht. In der Gruppe der jungen Erwachsenen zwischen 18 bis 25 Jahren waren 1,55 Millionen Personen - ein Anteil von 25,5 Prozent - armutsgefährdet. Die aktuellen Krisen und Preissteigerungen verschärften das Problem noch. Armut bedeute Mangel, Verzicht, Scham und auch schlechtere Zukunftschancen. Als armutsgefährdet gelten Kinder und Jugendliche in Familien mit einem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens in Deutschland.

Kinderzuschlag, Wohngeld: Diese Hilfen gibt es

Viele dieser jungen Menschen benötigten staatliche Hilfen, um über die Runden zu kommen. Die vom Bund angekündigte Kindergrundsicherung müsse schnell kommen, so die Stiftung. Die Ampel-Koalition strebt eine Einführung 2025 an. Staatliche Leistungen für Kinder - Kindergeld, Kinderzuschlag, Leistungen für Kinder im Bürgergeldbezug, Zuschüsse für Schul- und Freizeitaktivitäten oder steuerliche Kinderfreibeträge - sollen darin zusammengefasst und unbürokratisch ausgezahlt werden.

Aber auch wenn es bislang noch keine Bündelung all dieser Hilfen gibt, so können von Armut gefährdete Familien schon jetzt Unterstützung beantragen, zum Beispiel den Kinderzuschlag oder auch Wohngeld. Details dazu finden Sie hier:

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Einige Ruhrgebietsstädte liegen klar über dem Durchschnitt

Die Studienautoren hatten zudem auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit den Bezug von SGB II-Leistungen in den Blick genommen.

  • Unter den von Armut bedrohten Kindern und Jugendlichen erhielten danach im Sommer 2022 rund 1,9 Millionen junge Menschen unter 18 Jahren Grundsicherung nach Sozialgesetzbuch (SGB) II - eine deutschlandweite Quote von 13,9 Prozent.

  • Bei jungen Erwachsenen bis 24 Jahren waren es „nur“ rund 432.000 Personen - eine Quote von 7,1 Prozent. Hier sind aber laut Stiftung andere Unterstützungen wie BAföG, Wohngeld oder Ausbildungsbeihilfen unberücksichtigt.

  • Die örtliche Spannbreite beim SGB II-Bezug lag zwischen 2,7 Prozent im bayerischen Roth und 41,7 Prozent in Gelsenkirchen in NRW bei den unter 18-Jährigen. Klar über Durchschnitt fiel die Armutsquote auch in anderen Ruhrgebietsstädten wie Essen, Dortmund, Hagen, Herne oder Duisburg mit rund 30 Prozent bei Kindern und Jugendlichen aus.

  • Die Zahlen seien insgesamt erstmals seit fünf Jahren deutlich gestiegen, weil aus der Ukraine geflüchtete Minderjährige hinzukamen.

Der Partitätische Wohfahrtsverband fordert eine sofortige Anhebung der Grundsicherungsleistungen um mindestens 200 Euro im Monat. Es sei ein Skandal, dass in einem Land mit der weltweit viertstärksten Wirtschaftskraft mehr als jedes fünfte Kind in Armut lebe, kritisiert der Verband. "Kinderarmut ist kein Schicksal, sondern Resultat jahrzehntelanger politischer Unterlassungen", so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands in einer Mitteilung. "Durch armutspolitische Ignoranz und Tatenlosigkeit werden Millionen Kinder einer unbeschwerten Kindheit beraubt und die Zukunft dieser Gesellschaft als guter Wirtschafts- und Lebensstandort gefährdet." (dpa/eku)

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