Experten fordern: Impft Schwangere!

Impfzentrum weist werdende Mutter ab

Immer mehr Schwangere landen aufgrund eines schweren Krankheitsverlaufs auf der Intensivstation. Studien zeigen: Sie haben nicht nur ein 20 mal höheres Sterberisiko als nicht infizierte Schwangere. Auch das Risiko für eine Frühgeburt steigt mit einer Corona-Infektion. Eine Impfung könnte diese Folgen abwenden. Doch Impfzentren weigern sich, den werdenden Müttern das Vakzin zu spritzen.
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Impfzentrum weist werdende Mutter ab

Sie will nur ihr Ungeborenes und sich selbst vor dem Coronavirus schützen: Doch als die schwangere Eva Maria Krauß mit einem Attest ihres Arztes und einem Termin im Impfzentrum auf den erlösenden Piks wartet, trifft sie die Enttäuschung mit vollem Schlag ins Gesicht: Denn das Impfzentrum in Augsburg weigert sich, ihr das Vakzin zu spritzen. Die Begründung: Sie würden keine Schwangeren impfen: „Ich melde mich an, werde ganz klar klassifiziert. Ich habe alles dabei, was erwartet wird und werde dann abgelehnt vor Ort.“

Dabei leidet die werdende Mama an schwerem Asthma und Allergien, die ihr ohne Medikamente schnell das mühelose Atmen erschweren. Ihr Frauenarzt hatte ihr ausdrücklich zu einer Impfung geraten. Und trotzdem wies das Impfzentrum sie vor Ort ab. Was dabei in ihr vorging, erfahren Sie im Video.

Experten fordern: Impft Schwangere!

Dabei hätten Schwangere ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf, wenn sie sich mit Sars-CoV-2 infizieren: Bei ihnen sei das Immunsystem generell etwas herabgesetzt und die Sauerstoffaufnahme reduziert, sagte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am UKE, Stefan Kluge, der Deutschen Presse-Agentur. Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) versorgen Intensivmediziner zunehmend an Corona erkrankte Schwangere. Allein in den vergangenen zwei Wochen habe es fünf solcher Fälle gegeben, sagt Kluge: "Diese Fälle sind besonders dramatisch. Wir sollten in Deutschland unbedingt auch Schwangere impfen."

Dafür sprechen sich auch andere Experten aus: „Die Auswertung der wissenschaftlichen Daten zeigt uns, dass eine Impfung aller Schwangeren äußerst sinnvoll wäre. Denn allein das Frühgeburtenrisiko liegt bei COVID-19 positiv getesteten Frauen bis zu 80 Prozent höher als bei gesunden Schwangeren“, sagt zum Beispiel Prof. Dr. Anton J. Scharl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in einer Pressemitteilung vom Mai 2021. Darin fordern elf medizinische Fachverbände eine priorisierte COVID-19-Schutzimpfung für schwangere und stillende Frauen.

Weitere Gründe, die für eine Impfung von werdenden Mamas sprechen: Mit Covid-19 infizierte Schwangere haben laut einer Studie ein 20 Mal höheres Risiko zu sterben. Wenn die infizierten Frauen Fieber und Atemnot entwickelten, erhöhte sich zudem das Risiko für Komplikationen um ein Fünffaches bei den Neugeborenen. Zu den Komplikationen zählen unter anderem eine unreife Lunge, Hirnschäden und Augenstörungen bei den Babys.

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Keine Priorisierung von Schwangeren bei Impfung

Bisher sind die Schwangeren trotz der Risiken nicht priorisiert für eine Impfung: Die Ständige Impfkommission sieht im Impfplan Schwangere nicht einmal vor. Als Grund führt sie an, dass bisher zur Anwendung der Impfstoffe in der Schwangerschaft noch keine Daten vorliegen würden: „Die STIKO empfiehlt die generelle Impfung in der Schwangerschaft derzeit nicht“, schreibt diese deshalb in einer Mitteilung vom 1. April 2021. Ausschließlich Schwangeren mit Vorerkrankung und einem daraus resultierenden hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf könne eine Impfung angeboten werden – aber auch nur in Einzelfällen nach einer Abwägung von Kosten und Nutzen sowie nach einer ausführlichen Aufklärung.

Um Schwangere trotzdem zu schützen, sollen zumindest enge Kontaktpersonen immunisiert werden. Sie fallen in die Priorisierungsgruppe 3 und sind damit vielerorts schon dran in der Impfreihenfolge – im Gegensatz zu den werdenden Müttern.

Lichtblick für werdende Mütter?

Länder wie Frankreich, England und jetzt auch Österreich impfen Schwangere bevorzugt. Für Eva Maria Krauß ist das ein Lichtblick im dunklen Corona-Tunnel. Vielleicht bedeutet die Forderung der Fachverbände, auch in Deutschland Schwangere bei der Impfung priorisiert zu behandeln, jetzt eine Kehrtwende. Eva Maria Krauß hofft, mit ihrem Hilferuf dazu beizutragen: „Wenn man da nicht den Mund aufmacht, dann muss man sich nicht wundern, wenn man kein Gehör findet. Es betrifft mich, aber es betrifft vielleicht auch viele andere schwangere Frauen, die genauso fühlen und denken.“ Und eben für die kämpft sie dafür, dass auch Schwangere endlich eine Impfung bekommen und sich sowie das ungeborene Kind vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen zu können. (EBR)

Quellen: dpa, RTL.de