Aktivisten vermuten frauenfeindliches Motiv
Hunderte Schülerinnen im Iran vergiftet - wahrscheinlich absichtlich!
Es ist schon wieder passiert. Dieses Mal In der Chajjam-Mädchenschule in der Stadt Pardis nahe Teheran. Zahlreiche Schülerinnen klagen plötzlich über Vergiftungssymptome wie Übelkeit. 35 von ihnen müssen im Krankenhaus behandelt werden, wie die Nachrichtenagentur Tasnim meldet.
In den vergangenen Monaten hatte es in verschiedenen Städten im Iran ähnliche Vorfälle gegeben. Inzwischen sind sich Menschenrechtler sicher: Die Mädchen wurden absichtlich vergiftet. Eltern und Aktivisten vermuten frauenfeindliches Motive, denn es betrifft immer Schülerinnen.
Vergiftungswelle an iranischen Mädchenschulen
Erste Meldungen über Vergiftungsfälle an Schulen im Iran gab es im November 2022. Damals waren die Demonstrationen gegen die Führung in Teheran in vollem Gang. Ausgelöst durch den Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Mahsa Amini. Kurz darauf wurden in mindestens zwei anderen Städten ähnliche Vorfälle bekannt, darunter an einer Mädchenschule in der religiösen Hochburg Ghom.
Eltern klagten schon damals über fehlende Informationen von Behörden, nachdem sie ihre Kinder in Krankenhäuser gebracht hatten. Eine These für Vorfälle war zunächst, dass es an den betroffenen Schulen durch die Verbrennung von Heizöl niedriger Qualität zu Rauchgasvergiftungen gekommen sein könnte. Doch es ging weiter. Zuletzt an einer Mädchenschule in Borudscherd.
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Iranische Behörden untersuchen Vergiftungsfälle an Schulen
Die Fälle beschäftigen jetzt auch das Parlament. Auch die Behörden gehen inzwischen von geplanten Taten aus. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses sagte laut der Nachrichtenagentur ISNA, die Vergiftungen an Schulen in der religiösen Hochburg Ghom seien vorsätzlich gewesen. „Wir sollten uns anstrengen, die Ursachen zu klären“, sagte Aliresa Manadi.
Eltern demonstrierten erst vor wenigen Tagen vor dem Gouverneursamt in Ghom, nachdem erneut zahlreiche Schulmädchen über Übelkeit geklagt hatten. Irans Gesundheitsminister Bahram Eynollahi hatte eine schnelle Untersuchung angekündigt.
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Doch was steckt hinter den Vorfällen? An einen Zufall, dass es immer Mädchenschulen getroffen hat, glauben viele Eltern und auch zahlreiche Menschenrechtsaktivisten nicht. Sie zogen den Vergleich zu Afghanistan und Nigeria, wo die radikalislamischen Taliban bzw. die Dschihadistenmiliz Boko Haram, Bildung für Mädchen grundsätzlich ablehnen und vermuten ein ähnliches Motiv.
Der stellvertretende Gesundheitsminister Junes Panahi sagte laut Irna, nach den Vergiftungsfällen in Ghom sei festgestellt worden, "dass einige Leute wollten, dass alle Schulen, insbesondere die Mädchenschulen, geschlossen werden". Vizepräsidentin Massoumeh Ebtekar sprach von einer "Wiederholung des Verbrechens der Vergiftung von Mädchen". Sie forderte von den Behörden, "den frauenfeindlichen Fanatikern ein für alle Mal ein Ende zu setzen". (dpa/sbl)
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