EU-Staaten einigen sich auf beispielloses Vorgehen

Historische Dimension: EU-Gelder für Ungarn werden eingefroren

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat im Kampf gegen den Entzug von EU-Mitteln für sein Land eine große Niederlage erlitten. Bis zuletzt war unklar, ob neben Deutschland noch genügend andere Länder für das Einfrieren von EU-Geldern für Ungarn stimmen. Nun gibt es Klarheit. Für Ungarns Ministerpräsidenten Orban könnte es ungemütlich werden.

VIDEO: "Das ist ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der EU"

Mitten in einem Korruptionsskandal friert die EU Gelder für Ungarn wegen unzureichender Anti-Korruptionsmaßnahmen ein - und gerät wegen des zumindest denkwürdigen Zeitpunkts selbst ein bisschen in Bedrängnis. Wie groß ist der Paukenschlag? Antworten dazu von unserem Reporter Tobias Kollig in Brüssel.

Sorge, dass Gelder in Ungarn veruntreut werden könnten

Wegen der Sorge, dass Gelder in Ungarn wegen unzureichender Korruptionsbekämpfung veruntreut werden, sollen nach einer Mehrheitsentscheidung im Kreis der anderen EU-Staaten bis auf Weiteres 6,3 Milliarden Euro blockiert werden. Dies teilte die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft nach einer Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel mit. Die nur noch formal zu beschließende Einigung hat historische Dimension, ein solches Vorgehen gegen einen EU-Staat gab es zuvor noch nie.

Die Summe von 6,3 Milliarden Euro liegt um rund 1,2 Milliarden Euro niedriger als von der EU-Kommission vorgeschlagen und von Ländern wie Deutschland gewünscht. Die Einigung gilt aber dennoch als großer Erfolg, da Ungarn nun unter Druck steht, weitere Reformen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit umzusetzen. Reduziert wurde die Summe, weil mehrere EU-Staaten anerkennen wollten, dass die rechtsnationale Regierung von Orban in den vergangenen Wochen bereits Anstrengungen in diese Richtung unternommen hat.

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Ungarns finanzielle Schwierigkeiten

Zudem brachten andere EU-Staaten Ungarn am Montagabend dazu, den wochenlangen Widerstand gegen neue Ukraine-Hilfen und eine wichtige Richtlinie zur Umsetzung der internationalen Mindeststeuer für große Unternehmen aufzugeben.

Dass Orbans Regierung unter Druck gesetzt werden konnte, dürfte nach Angaben von EU-Diplomaten auch an der finanziell angespannten Lage in dem knapp zehn Millionen Einwohner zählenden Land liegen. So steht die ungarische Wirtschaft am Rande einer Rezession und die Kritik an Orbans Wirtschaftspolitik nimmt zu. Jüngst musste die Regierung sogar eine seit mehr als einem Jahr geltende Benzinpreisdeckelung mit sofortiger Wirkung aufheben, weil sie deren Funktionieren nicht mehr sicherstellen konnte.

Warum der Deal so wichtig ist

Gefeiert wurde die Einigung insbesondere auch wegen der Beschlüsse zur Mindeststeuer und zu den Ukraine-Hilfen.

  • Ziel der Mindeststeuer ist es, die Verlagerung von Unternehmensgewinnen in Steueroasen zu verhindern. Internationale Firmen mit mindestens 750 Millionen Euro Umsatz pro Jahr sollen demnach unabhängig von ihrem Sitz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen.

  • Bei den Ukraine-Hilfen geht es darum, dem von Russland angegriffenen Land im kommenden Jahr über die EU Kredite in Höhe von insgesamt bis zu 18 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Das Geld soll es unter anderem ermöglichen, laufende Ausgaben für Rentenzahlungen, Krankenhäuser und Schulen zu decken. Wegen eines Vetos von Ungarn sah es bis Montag so aus, als könnten die notwendigen Garantien für die Kredite nicht wie vorgesehen über den EU-Haushalt bereitgestellt werden. Als Notfalllösung war am Wochenende bereits ein Plan B erarbeitet worden, der nationale Garantien erfordert hätte.

Baerbock: „Hier geht es um unsere Werte"

 Kabinettssitzung Berlin, 07.12.2022 - Bundesaussenministerin Annalena Baerbock zu Beginn der Kabinettssitzung im Kanzleramt. Berlin Berlin Deutschland *** Cabinet meeting Berlin, 07 12 2022 Federal Foreign Minister Annalena Baerbock at the beginning of the cabinet meeting in the Chancellery Berlin Berlin Germany.
Annalena Baerbock: „Hier geht es um unsere Werte, um unsere Rechtsstaatlichkeit als Europäische Union im Ganzen“
www.imago-images.de, IMAGO/Jochen Eckel, IMAGO/Jochen Eckel

Die Bundesregierung hatte bereits in den vergangenen Tagen ihre Zustimmung zum harten Vorgehen gegen Ungarn signalisiert und sich für das Einfrieren von rund 7,5 Milliarden Euro ausgesprochen. „Hier geht es um unsere Werte, um unsere Rechtsstaatlichkeit als Europäische Union im Ganzen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock. (dpa/eku)

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