Für Kinder und Schwangere ist das Camp Kara Tepe besonders schlimm

Hebamme im Flüchtlingslager auf Lesbos: „Das ist mein bisher schlimmster Einsatz"

Die Insel Lesbos in Griechenland– eigentlich bekannt als beliebtes Urlaubsziel. Das änderte sich 2015, als die ersten Flüchtlinge kommen. Seitdem steht Lesbos vor allem für das Elend der Menschen in den Lagern. Für Tausende geplatzte Träume und enttäuschte Hoffnungen. Wie schlimm die Lage vor allem für Kinder und Schwangere ist, erzählt uns die Hebamme Julia Falkner aus Österreich. Sie arbeitet für Ärzte ohne Grenzen und war schon viel in Krisengebieten unterwegs. Warum dies bisher ihr schlimmster Einsatz ist, erzählt sie im Video.

Flüchtlinge über Zustände in Kara Tepe: "Es ist wie im Gefängnis"

Zaun um Kara Tepe
Ein hoher Zaun schirmt das neue Lager von der Außenwelt ab.
RTL

Ein verregneter Tag im neuen Lager Kara Tepe. Die Zelte sind feucht, der Boden aufgeweicht. Eigentlich sollten die Flüchtlinge nach dem Brand im Lager Camp Moria hier nur vorübergehend Unterschlupf finden. Das ist sieben Monate her. Ihr neues Zuhause ist umgeben von einem hohen Zaun mit Stacheldraht vor dem immer und immer wieder die Polizei patrouilliert.

Wie ist die Realität in dem neuen Lager? Unsere Reporterin Nadja Kriewald war vor Ort und hat mit den Menschen gesprochen. Die Menschen hier sagen ihr, dass sie sich fühlen wie in einem Gefängnis.

Mohammed Reza und seine Frau haben hr Baby verloren

Aufgeweichter Boden und nasse Zelte im neuen Lager
Das Lager Kara Tepe auf Lesbos
RTL

Ins Lager selber dürfen keine Journalisten. Offiziell wegen der Pandemie. Nadja Kriewald schildert aber, dass man schon vom Zaun aus sehen kann, dass dies kein Platz ist, wo man leben möchte. Und die Bilder, die die Flüchtlinge ihr von drinnen schicken, bestätigen das.

Die Zelte sind überfüllt. Es gibt nicht genug Duschen und Toiletten. Die wenigen Sanitäranlagen, die es gibt, sind so verdreckt, dass man sie kaum benutzen möchte. Am Geld kann es nicht liegen. Die EU hat Griechenland seit 2015 mehr als 3 Milliarden Euro für die Flüchtlinge gezahlt. Doch es gibt nicht einmal eine Schule für die vielen Kinder. Sie spielen hier nur im Dreck. „Wir wollen hier nur weg“, sagt Mohammed Reza aus Afghanistan. Seine Frau war schwanger als das Feuer in Moria ausbrach. Das Baby haben sie verloren.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

17-Jähriger in Kara Tepe erzählt: "Nachts höre ich meine Eltern weinen"

Die Kinder im Flüchtlingslager können nicht zur Schule gehen.
Kinder spielen im Dreck.
RTL

Im Camp Kara Tepe gibt es durchaus Menschen, die die Kinder und Jugendlichen gerne unterrichten würden. Wie zum Beispiel den 17-jährige Sahir. Vor eineinhalb Jahren ist er mit seinen Eltern aus Afghanistan gekommen. Immer wieder hat unsere Reporterin die Familie hier getroffen. „Nachts höre ich meine Eltern weinen, ich wache davon auf. Sie haben die Hoffnung verloren. Das lässt mich auch verzweifeln“, erzählt er. Seine zwei älteren Brüder leben in Österreich und seine Schwester in Deutschland. Doch sein Asylantrag wurde erstmal abgelehnt.

Dabei will Sahir noch viel in seinem Leben erreichen. „Es ist mein Traum, einmal studieren zu können. Wieder lernen zu können. Aber ich verliere die Hoffnung. Es dauert schon so lange, dass ich nicht mehr zur Schule gehen kann. Ich verliere so viel Zeit“. Schicksale wie das von Sahir gibt es auf Lesbos viele. Unsere Reporterin ist teilweise seit Jahren mit ihnen in Kontakt. Sie hier immer wieder zu treffen und zu sehen, dass sie nicht weiterkommen, das sei sehr traurig, erzählt sie.

Doch es gibt auch ein paar wenige Erfolge

Einer von ihnen hat es dann doch geschafft: Abdullah Khawari. In Bayern hatte er eine Schreinerlehre gemacht. Abgeschoben wurde er trotzdem. Auch ihn hatte unsere Reporterin immer wieder getroffen. Nach dem Brand in Moria war er verzweifelt. Jetzt ist er wieder in Deutschland. Konnte das Lager endlich hinter sich lassen. Er hofft, sich jetzt ein richtiges Leben aufbauen zu können.