Staatsschutz nimmt Ermittlungen auf

Friedenszelt hängt in Fetzen: Wüten Rechtsextreme in Hamburg?

Die Unbekannten schnitten quer durch die Plane des Friedenszelts.
Die Unbekannten schnitten quer durch die Plane des Friedenszelts. (Lutz Rehkopf)
Lutz Rehkopf

Das Zelt soll ein Zeichen FÜR Frieden und GEGEN den Nationalsozialismus sein – doch das scheint nicht jedem zu gefallen. In den Seiten des Veranstaltungszelts auf dem Ohlsdorfer Friedhof klaffen tiefe Schnitte, fast alle Planen sind zerstört. Schlimmer noch, laut Veranstalter ist das nicht der erste Anschlag auf das Ohlsdorfer Friedensfest.

Rund 6000 Euro Schaden

Bei dem Friedensfest soll den Bombenopfern des zweiten Weltkrieges gedacht werden. Als sich eine Bekannte der Veranstalter am Freitag (4. August) das Zelt anschauen will, bemerkt sie die großen Schnitte in den Planen. Sie schaltet die Polizei ein. Für die Organisatoren liegt eine Vermutung sofort auf der Hand: Der Anschlag könnte aus dem rechten Milieu stammen. Inzwischen hat auch der Staatsschutz der Hamburger Polizei die Ermittlungen wegen Sachschäden aufgenommen.

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Es sei nicht der erste Vorfall, erklärt Lutz Rehkopf vom Bündnis Ohlsdorfer Friedensfest im Gespräch mit RTL. Bereits 2019 gab es einen ähnlichen Anschlag auf das Friedenszelt, im Jahr davor wurde ein großes Banner am Eingang zum Friedensfest zerschnitten. Die Täter blieben unbekannt.

Im Video: So erlebte diese Hamburgerin den Feuersturm der Alliierten

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Rechte Kundgebungen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Zwischen 2003 und 2008 hatten Rechtsradikale mehrfach Kundgebungen an den Gräbern der Bombenopfer veranstaltet, bei denen die Verbrechen der Nationalsozialisten relativiert worden waren. Um dem entgegenzuwirken, wurde das Büdnis Ohlsdorfer Friedensfest gegründet.

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Der Zeitpunkt des Anschlags ist kein Zufall: Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Hamburg in der Operation „Gomorrha“ von britischen und amerikanische Alliierten bombardiert. Ende Juli 1943, also vor genau 80 Jahren, wurden in mehreren Angriffswellen rund 8500 Tonnen Spreng- und Brandbomben über Hamburg abgeworfen. Neben Industrieanlagen wurden auch Wohnviertel angegriffen. Ein durch die Angriffe ausgelöster Feuersturm vernichtete ganze Stadtteile. 35 000 Menschen starben, 125 000 wurden verletzt.

Veranstalter: "Im nächsten Jahr geht es weiter"

Ob die Unbekannten das Friedensfest mit ihrer Tat stoppen wollten, lässt sich nur vermuten. Für die Veranstalter aber ist klar, dass sie sich nicht aufhalten lassen. Am Wochenende fanden die letzten Veranstaltungen einfach im kaputten Zelt statt. „Wir hätten das Friedensfest auf keinen Fall abgesagt,“ sagt Rehkopf entschlossen.

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Der Anschlag auf das Friedensfest zeige aber, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg und den Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft immer noch sei, meint der Mitorganisator. Für die Veranstalter sei jetzt schon sicher, dass es auch 2024 ein Friedensfest geben werde. (okr)