Was wir wissen und was nicht

Flugzeugabsturz in Russland: Wurde Prigoschin Opfer eines Komplotts?

Spekulationen um Wagner-Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin!
Nach dem Absturz eines Flugzeuges zwischen Moskau und St. Petersburg ist Jewgeni Prigoschin offenbar tot. Sein Name stand auf der Passagierliste des Fliegers. Wir zeigen auf, was wir wissen und was nicht.

Was wir wissen

RUSSIA, TVER REGION - AUGUST 23, 2023: Battling a fire at the crash site of an Embraer ERG 135 plane (registration RA-02795). On August 23, the jet crashed in Tver Region on a flight from Moscow's Sheremetyevo Airport to St Petersburg. Russian Investigative Committee/TASS / action press
Wagner Chef Prigoschin stand auf der Passagierliste ders abgestürzten Flugzeugs
TO, action press, ActionPress

Abgestürzt ist ein Geschäftsreiseflugzeug vom Typ Embraer Legacy, das regelmäßig von Prigoschin und seiner Privatarmee Wagner genutzt wurde. Russlands Ermittlungsbehörden haben ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften im Luftverkehr eingeleitet.

Die Insassen: Auf der von der Luftaufsichtsbehörde ungewöhnlich schnell bereitgestellten Passagierliste, die demnach von der Fluggesellschaft stammt, stehen zehn Menschen. Darunter sind Jewgeni Prigoschin und Dmitri Utkin, der als militärischer Anführer der Wagner-Truppe gilt. Der russische Zivilschutz hat den Tod aller zehn Insassen des Flugzeugs bestätigt.

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Prigoschin, der lange als Günstling von Präsident Wladimir Putin galt, wurde durch die Beteiligung der Wagner-Truppe an der Eroberung Bachmuts im Osten der Ukraine zu einem der bekanntesten Männer Russlands. Er kritisierte aber auch Moskaus Militärführung und hat zwei Monate vor dem Absturz einen kurzlebigen Aufstand angeführt, den Putin als „Verrat“ bezeichnete. Für die Beendigung des Aufstands sicherte ihm der Kreml Straffreiheit bei einer Ausreise nach Belarus zu.

Augenzeugen berichten von zwei lauten Explosionen vor dem Absturz

Wer ist die Wagner-Truppe: Eine Privatarmee, die der Kreml lange für seine Schattenkriege in verschiedenen Weltregionen einsetzte. Wagner-Söldner waren lange vor dem offiziellen Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine im Donbass aufseiten der Separatisten aktiv. In Syrien kämpften sie als Bodentruppen auf der Seite Moskaus. In vielen Staaten Afrikas wie der Zentralafrikanischen Republik und Mali ist Wagner aktiv. Die Hilfe für die dortigen Regimes sicherten Russland Einfluss und Prigoschin wirtschaftliche Pfründe, beispielsweise bei der Ausbeutung von Bodenschätzen.

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ARCHIV - 08.04.2023, Russland, Moskau: Die Bildkombo zeigt Jewgeni Prigoschin (l, am 08.04.2023 in Moskau), Chef der russischen Privatarmee Wagner, und Wladimir Putin (am 16.06.2023 in St. Petersburg), Präsident von Russland. Der Kreml hat Berichte über ein Treffen von Russlands Präsident Putin mit dem Chef der Söldnertruppe Wagner nach dessen Revolte gegen die Militärführung im Juni bestätigt. «In der Tat hatte der Präsident ein solches Treffen, er hat dazu 35 Leute eingeladen - alle Kommandeure von Einheiten und die Führung des Unternehmens, darunter Prigoschin selbst», sagte Kremlsprecher Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Foto: Uncredited/Alexei Druzhinin//Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung +++ dpa-Bildfunk +++
Prigoschin (links) galt lange Zeit als Verteauter von Russlands Präsident Wladmir Putin
kde alf pil jai, dpa, Alexei Druzhinin

Absturzort: Die Maschine war von Moskau auf dem Weg nach St. Petersburg. Der Absturzort Kuschenkino liegt im nordrussischen Gebiet Twer nahe dem Waldai-See, wo auch Putin eine Residenz hat. In der Gegend ist eine Militärbasis und eine Flugabwehreinheit stationiert. Augenzeugen sprachen von zwei lauten Explosionen vor dem Absturz. Die Trümmer liegen weit verteilt, was für ein Auseinanderbrechen des Flugzeugs vor dem Aufprall spricht.

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Absturzzeit: Die Embraer verlor um 18.19 Uhr Ortszeit (17.19 Uhr MESZ), eine halbe Stunde nach dem Start, massiv an Höhe. Innerhalb einer halben Minute sank das Flugzeug nach Angaben von Flightradar24 gut zwei Kilometer. Dann hielt es sich einige Sekunden auf der Höhe von rund sechs Kilometern, ehe es abstürzte. Vorher gab es keine Auffälligkeiten beim Flug.

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Was wir nicht wissen

Absturzursache: Über die Ursache des Absturzes gibt es bislang nur Spekulationen. Der Prigoschin nahe stehende Telegram-Kanal Grey Zone schrieb von einem Abschuss des Flugzeugs durch die Flugabwehr. Auch von einer Bombe an Bord und technischen Problemen ist die Rede.

War Prigoschin wirklich an Bord: Obwohl er auf der Passagierliste stand, ist damit nicht bewiesen, dass der Oligarch wirklich an Bord war. Eine offizielle Bestätigung für seinen Tod seitens der Behörden gibt es nicht, auch wenn der Wagner nahestehende Telegram-Account Grey Zone seinen Tod meldete. Eine Obduktion der Leichen steht noch aus.

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Eine Verschleierungsaktion, um von der Bildfläche zu verschwinden, kann nicht ausgeschlossen werden. Zumal schon zweimal voreilig über den Tod Prigoschins berichtet wurde. 2019 sollte er beim Absturz eines Frachtflugzeugs in Afrika, wo seine Wagner-Truppe aktiv ist, umgekommen sein. Im vergangenen Jahr wurde sein Tod im Osten der Ukraine vermeldet. Beide Male tauchte Prigoschin später lebend wieder auf. (dpa)