Noch immer keine Spur vom Täter

In Pragsdorf ermordeter Joel (6) – Kriminalist: SO gehen die Ermittler jetzt vor

Pragsdorf Joel schwarz wei
Noch immer haben die Ermittler keinen Verdächtigen im Mordfall Joel (6).
von Jan-Eric Kroeger

Wer hat Joel (6) ermordet?
Am Donnerstagabend finden Feuerwehrleute den toten Jungen in dem Gebüsch eines Bolzplatzes in Pragsdorf (Mecklenburg-Vorpommern). Noch immer hat die Polizei keinen Tatverdächtigen. Wie gehen die Ermittler jetzt vor? Bei RTL ordnet ein Kriminalist ein.

Toter Joel (6) in Pragsdorf: Ex-Kriminalkommissar erklärt, wie die Polizei jetzt vorgeht

Bei der Suche nach dem Täter gehe die Polizei laut Pressesprecherin Claudia Berndt nach aktuellem Stand davon aus, dass der Täter aus der Region um Neubrandenburg stamme. In Pragsdorf leben nur etwa 500 Menschen. Wieso also haben die Ermittler noch immer keinen Tatverdächtigen ausmachen können?

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„Sicherlich hat es zwischenzeitlich schon zahlreiche Überprüfungen der Alibis von potenziell Verdächtigen gegeben. Allerdings kennen wir die Ergebnisse nicht. Wichtig sind jetzt die Resultate der Spurenuntersuchungen am Körper, der Kleidung des toten Jungen und des aufgefundenen Messers“, sagt Axel Petermann auf RTL-Anfrage. Er ist pensionierter Kriminalkommissar, leitete jahrelang die erste Mordkommission in Bremen. Petermann weiß, wie die Ermittler jetzt vorgehen, um die Tragödie von Pragsdorf aufzuklären.

Polizei geht nicht von sexuellem Missbrauch aus, doch Experte widerspricht

12.11.2018, Niedersachsen, Oyten: Profiler und Autor Axel Petermann sitzt in seinem Haus an einem Tisch. (zu dpa "Ermittler schreiben Krimis: Authentisch, aber auch spannender?" vom 02.01.2019) Foto: Carmen Jaspersen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Axel Petermann ist pensionierter Kriminalkommissar. Für RTL ordnet er die Ermittlungen um den toten Joel (6) ein.
crj jol, dpa, Carmen Jaspersen

„Bei Taten wie jetzt in Pragsdorf ist in verschiedene Richtungen zu ermitteln. Ein Ansatz ist, die Familienverhältnisse genau aufzudecken. Sind in der Vergangenheit gewaltsame Übergriffe in der Familie vorgefallen? Wir wissen, dass viele vergleichbare Verbrechen im nächsten Umfeld der Opfer geschehen. Eine andere Ermittlungs-Richtung wäre, dass ein Fremder die Tat begangen hat und es sich bei Joel um ein Zufallsopfer handelt“, so Petermann weiter. „Die Ermittler müssen nun den Tag der Tat aus Sicht des Opfers rekonstruieren und seine Biografie prüfen. Hier gibt es möglicherweise Hinweise, die erklären, weshalb er zum Opfer wurde.“ Dass das Tötungs-Drama im beschaulichen Pragsdorf geschah, begrenze auf den ersten Blick jedenfalls den zu überprüfenden Personenkreis.

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Doch was bringt Menschen dazu, auf einen Sechsjährigen loszugehen? Ein Motiv in Folge eines sexuellen Missbrauchs schließt die Polizei derzeit aus. „Die Tat könnte trotzdem sexuell motiviert gewesen sein – auch ohne sichtbare an dem Kind vorgenommene sexuelle Handlungen“, meint der Ex-Kriminalist. Denn die könnten auch ohne Körperkontakt geschehen.

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Ex-Kriminalist: „Gründe liegen in der Persönlichkeit des Täters"

„Natürlich könnten Emotionen hier eine große Rolle gespielt haben. Auch in einem Szenario, in dem es möglicherweise einen Konflikt im direkten Umfeld gegeben haben könnte. Normalerweise führt ein Streit zwar nicht dazu, dass man mit einem Messer auf ein Kind losgeht. Aber die Gründe dafür liegen in der Persönlichkeit des Täters, in seiner Sozialisation und der Fähigkeit, seine Impulse zu kontrollieren“, erläutert Petermann.

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Deutlich wird: Bei der Aufklärung des erschütternden Verbrechens ist psychologisches Einfühlungsvermögen der Ermittler gefragt. Nur so können sie dem Täter auf die Spur kommen, damit endlich wieder Ruhe nach Pragsdorf einkehrt.