So sollen Gaskunden bei den horrenden Preisen unterstützt werden

Gas-Preis: Kommission schlägt Entlastung in zwei Stufen vor

Wer als Gaskunde derzeit Post von seinem Versorger bekommt, dem ist die Laune meist versaut. Die Abschläge vervielfachen sich. Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission hat sich jetzt auf Vorschläge verständigt, wie man den Gaspreis dämpfen könnte.
So soll es in einer ersten Stufe im Dezember eine Erstattung in Höhe eines Monatsabschlags geben, sowohl für Mieter und Mieterinnen als auch für Hausbesitzer. In einer zweiten Phase – ab März oder April - soll eine Gaspreis-Bremse greifen. Politisch beschlossen ist es damit natürlich noch nicht, allerdings gilt es als sicher, dass die wesentlichen Empfehlungen übernommen werden.
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Einmalzahlung im Dezember

Die Expertenkommission mit über 20 Mitgliedern und Beratern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften und Industrie hat am Wochenende getagt und die Ergebnisse am Montagmorgen vorgestellt. Es sei vor allem auch um Schnelligkeit gegangen, so die Experten. Die Regierung selbst ist nicht in der Kommission vertreten. Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte aber bereits, die Bundesregierung werde die Vorschläge der Gaskomission jetzt zunächst sichten. Sie würden dann aber "sehr rasch und weitgehend" umgesetzt. Es gehe bei der Prüfung auch um europarechtliche Fragen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Eine Bewertung solle es dann zeitnah geben, das werde aber mehrere Tage dauern.

„Diese Einmalzahlung dient als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse“, heißt es in dem Papier. Die Versorger sollen auf die Abschlagszahlung für Dezember für praktisch alle Haushalts- und Gewerbekunden verzichten und diese vom Staat erstattet bekommen. Die Abschläge für Industrie und Kraftwerke zur Stromerzeugung übernimmt der Staat nicht.

So soll die Gaspreisbremse funktionieren

Neben der einmaligen Sonderzahlung solle in einer zweiten Phase eine Gaspreisbremse greifen:

  • Diese sieht für eine Grundmenge an Gas einen staatlich garantierten Bruttopreis inklusive aller auch staatlich veranlassten Preisbestandteile von 12 Cent pro Kilowattstunde vor. Oberhalb dieses Kontingents sollen Marktpreise gelten. Das Grundkontingent soll bei 80 Prozent des Verbrauchs liegen, der der Abschlagszahlung für September 2022 zugrunde lag. Dieser Preis sei für den Verbraucher „all in“, also der wirkliche Preis. Das sei der realistische Preis, mit dem man auch in Zukunft rechnen könne, so die Expertin Veronika Grimm.

  • Für Fernwärmekunden soll eine Wärmepreisbremse kommen. Analog zum Gaspreis soll es hier einen garantierten Bruttopreis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme geben, wiederum für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Verbrauchs.

Die von der Gas-Kommission vorgeschlagenen Entlastungen summieren sich nach deren Angaben auf etwa 96 Milliarden Euro bis Ende April 2024. Dies teilt der Co-Vorsitzende, IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis, mit. Der für Dezember vorgesehene erste Schritt mit der Übernahme des monatlichen Abschlages für Gas und Fernwärme belaufe sich auf etwa fünf Milliarden Euro.

Danach stünden die Entlastungen bei etwa 25 Milliarden Euro für die Industrie und etwa 60 Milliarden Euro für Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen.

  • Für Großindustriekunden soll eine Gaspreisbremse ab Januar 2023 beim Beschaffungspreis in Höhe von sieben Cent gelten.

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"Entscheiden muss die Politik. Wir konnten nur Empfehlungen geben"

Die Entscheidung über die von der Gas-Kommission vorgeschlagene Entlastung für Verbraucher und Unternehmen liege nun bei der Bundesregierung, sagt der Co-Vorsitzende der Kommission, BDI-Präsident Siegfried Russwurm: "Entscheiden muss die Politik. Wir konnten nur Empfehlungen geben." Man habe bis zum Sonnenaufgang getagt.

"Wir haben gerungen, aber wir haben ein Ergebnis erreicht, das wir für belastbar halten", erklärte Russwurm. Auf diesem Ergebnis könne die Bundesregierung aufsetzen. Deutschland drifte in eine Rezession. Daher sei das Anliegen der Regierung richtig, die Belastung der Industrie durch hohe Gaspreise zu dämpfen.

Die geplanten Entlastungen für Gasverbraucher im Dezember sind nach Einschätzung aus der Expertenkommission ein wenig "Gießkanne". Es sei keine Zeit gewesen, für detailliertere Ansätze. "Uns war die Geschwindigkeit wichtiger", sagt Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und Mitglied der Expertenkommission.

Hierzu sagte Kommissionsmitglied Frank Werneke (ver.di): „Das vorgeschlagene Modell der Gaspreisbremse ist nicht ausreichend sozial ausbalanciert. Durch das Modell wird eine Zwei-Zimmer-Wohnung genauso behandelt wie eine Villa mit Pool. Deshalb brauchen wir für ein gerechteres Modell zusätzliche soziale Haltelinien (...) Der vorliegende Bericht beinhaltet, trotz der unzureichenden sozialen Balance, konkrete Verbesserungen. Ich stimme dem Bericht deshalb zu und fordere, im folgenden politischen Prozess konkrete Verbesserungen an der Gaspreisbremse mit sozialen Haltelinien umzusetzen.“ (reuters/dpa/eku)

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