Das müssen Sie jetzt über den Vorschlag der Expertenkommission wissen
Einmalzahlung und Gaspreisbremse: Bis zu 1.700 Euro Entlastung ist möglich!
Ein Entlastungsvorschlag für Gas-Kunden liegt jetzt auf dem Tisch. Der Dezember-Gas-Abschlag könnte dann vom Bund bezahlt werden und ab dem Frühjahr soll dann eine Gaspreisbremse gelten.
Die Regierung signalisiert bereits, dass die Vorschläge nun geprüft und dann auch zeitnah umgesetzt werden könnten. Aber was genau bringen diese Entlastungen, sollten sie denn so kommen?
Besitzer eines Einfamilienhauses können rund 1.700 Euro sparen
Die von der Expertenkommission vorgeschlagene Gaspreisbremse würde dem Vergleichsportal Verivox zufolge die Gaskosten für Haushalte um rund 41 Prozent senken.
Bei einem Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden müssten ohne Gaspreisbremse derzeit im Jahr rund 4.108 Euro bezahlt werden. Mit der geplanten Deckelung auf zwölf Cent je Kilowattstunde für 80 Prozent des Verbrauchs würde die Rechnung nach aktuellen Preisen um 1.366 Euro auf 2.742 Euro sinken - eine Ersparnis von 33 Prozent.
Wenn der Staat eine Abschlagszahlung von rund 342 Euro im Monat übernehme, sinke die Rechnung von 4.108 Euro auf 3.766 Euro - eine Ersparnis von acht Prozent.
Wer ein Einfamilienhaus heizt, wird demnach also um rund 1.700 Euro entlastet. "Die Gaspreisbremse kann für eine deutliche Entlastung der Haushalte sorgen und die Heizkostenexplosion abdämpfen", sagte Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. "Dennoch stehen die Haushalte vor einem sehr teuren Winter, denn der Großteil der Entlastung greift erst ab nächstem März."
Lese-Tipp: Nebenkosten bei RTL prüfen lassen – Nebenkostencheck
Wie denken Sie über die Vorschläge - stimmen Sie hier ab!
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Trotz Entlastungen: Verbraucherexperte rät zum Sparen
Heißt das nun, wir können uns jetzt entspannen und es ist alles wie vorher? Nein, warnt Verbraucherschützer Udo Sieverding im RTL/ntv-Interview. „Für Zurücklehnung und Entspannung gibt es überhaupt keine Signale, wir müssen den ganzen Winter sparen, was das Zeug hält.“ Die zweite Frage ist aber, wie wir auch beim Geld gut durch den Winter kommen. Da sei der Vorschlag heute ein wichtiger Schritt gewesen, so der Verbraucherschützer.
„Die große Frage bleibt: Was ist mit den Haushalten, die noch mehr brauchen, die abstürzen in eine Schuldenspirale? Für die sind auch die 12 Cent zu viel, da braucht es eine bessere soziale Kompensation.“ Wie müssen wir Verbraucher uns jetzt auf die Entscheidung der Gas-Kommission einstellen, müssen wir irgendetwas unternehmen? Das erklärt Udo Sieverding im Video.
Abschlagszahlung im Dezember: Kritik an einmaliger Erstattung der Nebenkosten
Die Entlastung der Privathaushalte dürfte bis Frühjahr 2024 bei etwa 35 Milliarden Euro liegen, sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, der Nachrichtenagentur Reuters. Das stütze die Kaufkraft und federe den befürchteten Konsumrückgang über den Winter ab. "Da viele Haushalte ohne diese Unterstützung ihren Konsum zurückgefahren hätten, könnte dies das Wirtschaftswachstum um knapp einen Prozentpunkt stützen", schätzte Dullien. "Gleichzeitig dürfte die Inflation 2023 bei Umsetzung der Gaspreisbremse um mehrere Prozentpunkte geringer ausfallen, als das sonst der Fall gewesen wäre."
Die konkrete Umsetzung - die im Dezember eine Erstattung in Höhe einer Monatsabschlagzahlung vorsieht und der im Frühjahr eine Gaspreisbremse von zwölf Cent pro Kilowattstunde folgen soll - stößt allerdings auf Kritik. "Die volle Erstattung der Nebenkosten bietet gerade keine Einsparanreize und fördert reiche Haushalte mit hohen Energieverbräuchen besonders stark", kritisierte Ökonom Jens Südekum vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie. "Beides geht in die falsche Richtung." Insgesamt räche sich jetzt das späte Handeln der Politik. "Hätte die Kommission früher mit der Arbeit beginnen dürfen, wäre der sinnvolle Preisdeckel vielleicht schon vor Weihnachten einsatzbereit gewesen", sagte Südekum. "So müssen Haushalte und Unternehmen länger warten und werden bis dahin mit einer zweifelhaften Sonderzahlung beruhigt." Eine direkte Erstattung von Gasrechnungen könne nur eine Überbrückung sein, da sie kaum Anreize zum Sparen biete und nicht zielgenau sei, sagte auch DIW-Präsident Marcel Fratzscher.
Zum Vorwurf der sozialen Ungerechtigkeit äußert sich im RTL-Interview die Vorsitzende der Gas-Kommission, Veronika Grimm. Das ganze Gespräch – im Video.
Rabatt beim Gas: Haushalte mit hohem Verbrauch im Vorteil?
Das vorgeschlagene Modell habe Schwächen, sagte auch Dullien. "Der vorgeschlagene pauschale 80-Prozent-Rabatt entlastet Haushalte mit hohem Gasverbrauch deutlich stärker als jene mit geringem Gasverbrauch", so der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts. "Das ist besonders problematisch bei den Hocheinkommenshaushalten mit hohem Gasverbrauch, etwa den Bewohnern von Villen aus den 1970er Jahren mit Schwimmbad." Im Durchschnitt dürften Haushalte aus den oberen Einkommensklassen hier etwa anderthalb mal so große Rabatte bekommen wie Haushalte im unteren Bereich. "Bei den Spitzenverbrauchern dürfte dieses Verhältnis noch einmal ein Mehrfaches höher ausfallen", sagte Dullien.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer findet zwar gut, dass die Gaspreisbremse nur für einen Teil des Verbrauchs gelten soll. "Damit bleiben die Anreize zum Gassparen bestehen, wenn die Bürger auf die Kosten des zusätzlichen Gasverbrauchs schauen." Allerdings bestehe das Risiko, dass viele Bürger auf die durchschnittlichen Kosten schauten und wegen der Gaspreisbremse weniger sparten. Ohnehin könnten staatliche Hilfen die Bürger nur kurzfristig entlasten. "Sie können nämlich nichts daran ändern, dass Deutschland als Nettoimporteur von Energie durch die gestiegenen Energiepreise ärmer geworden ist", sagte Krämer. In dieser Situation könne ein Staat nur einzelne bedürftige Gruppen entlasten. "Greift er trotzdem zu breitangelegten Hilfen, facht er die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit am Ende die Inflation an, unter der alle leiden", warnte der Chefvolkswirt. (dpa/reuters/eku)
Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist
Spannende Dokus und mehr
Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie bei RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.
Außerdem zur aktuellen politischen Lage: „Krieg in der Ukraine – So hilft Deutschland“ und „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“
Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.