Warum keine Entspannung der Lage in Sicht ist
Apothekerverbände warnen: Jedes zweite Rezept von Engpässen betroffen!
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100 Millionen Rezepte für Arzneimittel werden jährlich allein in Nordrhein-Westfalen ausgestellt, ganze 50 Millionen, also die Hälfte dieser Rezepte, sind derzeit von Lieferengpässen betroffen. „Die Situation ist sehr sehr schwierig“, erklärt Thomas Preis vom Apothekerverband Nordrhein. Medikamente fehlen, Apotheker müssen notgedrungen Alternativen suchen – und am Ende leiden vor allem die Patienten.
Im Video: Aus diesen Gründen kommt es derzeit zu Medikamenten-Engpässen!
Alle Medikamentengruppen betroffen
„Von den 100 Millionen Rezepten, die jährlich in den Apotheken von Nordrhein-Westfalen eingereicht werden, ist mittlerweile fast jedes zweite von einem Engpass betroffen“, sagte Thomas Preis zunächst der „Rheinischen Post“. Mal gebe es das Medikament gar nicht, mal nicht in der verschriebenen Dosierung oder Darreichungsform.
Im Interview mit RTL bestätigt der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein: „Die Situation ist sehr akut.“ Betroffen seien alle Medikamentengruppen von Krebsmedikamenten über Blutdruckmedikamente, Cholesterinsenker und Antibiotika bis hin zu Medikamenten für alte Menschen und Kinder.
Auch der Bayerische Apothekerverband (BAV) bestätigte die derzeitigen Engpässe bei Medikamenten der „Passauer Neuen Presse“: „Bei fast jedem zweiten Rezept muss man etwas tauschen oder abändern“, wird Stefan Burgstaller, BAV-Vorsitzender im Bezirk Niederbayern, zitiert. Der Bundesverband deutscher Apotheker e. V. äußerte sich auf Nachfrage von RTL bislang nicht.
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"Die Arzneimitteldecke wird immer dünner"
Für die Patienten bedeutet das: „Die Arzneimitteldecke wird immer dünner“, so Preis. Zwar versuchen Apotheker bei Engpässen Alternativen zu finden, rühren Fiebersäfte für Kinder beispielsweise selbst an, jedoch könne das laut Preis nicht die optimale Therapie sein.
Und eine Entspannung der Lage scheint nicht in Sicht, im Gegenteil: „Leider wird es so sein, dass die Zukunft noch schlimmer sein wird“, erklärt Preis. „Wir gehen davon aus, dass in diesem Jahr die Lieferengpässe noch problematischer werden, es noch mehr Ausfälle gibt.“
Grund sei, dass die Arzneimittelhersteller „nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot arbeiten“ und bereits angekündigt hätten, dass sie viele Medikamente in diesem Jahr nicht mehr produzieren werden.„Das ist schon angekündigt für Antibiotika, für Blutdruckmittel und für starke Schmerzmittel. Da schalten in den Apotheken alle Ampeln auf Rot. Es werden große Probleme für die Versorgung der Patienten auftreten“, so Preis weiter.
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Appell an die Politik
Es sei ein Versagen über Jahrzehnte, erklärt der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein weiter. Von der Politik erwarte er dringende Unterstützung:
„Der Minister hat aktuell ein Gesetz vorgelegt, wo er die Liefersituation verbessern will. Wir haben das analysiert, das wird nichts ändern an der Situation, nichts ändern in den nächsten zwölf bis 24 Monaten. Was aber dringend benötigt wird, ist Unterstützung auch für die öffentlichen Apotheken, dass sie trotz Fachkräftemangel diese Probleme lösen, sonst sieht es ganz schlecht aus für die Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln in Deutschland“, so Preis.
Wichtig für Patienten
Wie können sich Patienten verhalten? „Es ist wichtig, dass Patientinnen und Patienten, insbesondere auch Eltern, sehr viel Flexibilität zeigen. Dass man nicht unbedingt immer auf das verordnete Medikament pocht, sondern dann auch dem Apotheker und dem Arzt vertraut, wenn es ein anderes Medikament gibt. Denn das Wichtigste ist, dass eine Therapie gemacht wird, auch wenn sie in dem Moment vielleicht nicht ganz so optimal ist.“ (akr, mit dpa)
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