Anti-Terror-Einsatz in Castrop-Rauxel
Mutmaßliche Gift-Terroristen festgenommen: In dieser Garage soll der Anschlag geplant worden sein
von Denise Kylla
Hätten sie Erfolg gehabt, hätten mehr als 13.000 Menschen sterben können. Am Wochenende haben Anti-Terror-Ermittler zwei Männer festgenommen. Nach RTL-Informationen soll es sich um einen 32-jährigen iranischen Staatsangehörigen und seinen Bruder handeln. Sie sollen im nordrhein-westfälischen Castrop-Rauxel an chemischen Waffen gearbeitet haben. Der Verdacht: Sie beschafften sich im Internet Cyanid und Rizin für einen Anschlag. Obwohl die Polizei schon am Sonntag die Wohnung des Verdächtigen durchsuchte, ließ sie Garage und Keller außen vor. RTL-Reporter Klaus Felder hatte die Gelegenheit, vor den Beamten in der Garage der Verdächtigen zu filmen.
Castrop-Rauxel: Terror-Verdächtige in Unterhosen und T-Shirt festgenommen
Bierflaschen, stehen herum, eine dreckige Matratze liegt an der Wand – die mutmaßlichen Terroristen sollen ihren Anschlag mit chemischen Waffen in einer düsteren Garage geplant haben. RTL filmte am Sonntag, noch bevor die Polizei den Bereich offiziell durchsuchte. Am Montag begann die Beweisaufnahme der Beamten. Unterdessen berichtete der Neffe des Vermieters, der seit 2018 neben dem Verdächtigen wohnte, dass er keinerlei merkwürdige Aktivitäten bemerkt habe. „Er hat sich immer ganz ruhig verhalten“, erinnert er sich. „Er hat gegrüßt, ging arbeiten, er ist nicht negativ aufgefallen.“
Doch der Schein trügt offenbar. Dem Mann wird jetzt vorgeworfen, ein grausames Verbrechen geplant zu haben. "Der Beschuldigte ist verdächtig, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben", teilten die Ermittler mit. "Die Durchsuchung dient der Auffindung entsprechender Giftstoffe und anderer Beweismittel." Aufnahmen zeigen die Festnahme des Mannes und seines mutmaßlichen Komplizen in Unterhosen und T-Shirt. Einer von ihnen hat eine Jacke notdürftig übergeworfen. Sie wurden beide in ein Einsatzfahrzeug geführt – Widerstand leisteten sie nicht.
Im Video: Polizei nimmt mutmaßliche Bio-Bomber fest
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Ulrich Klose: "Szenen wie aus Katastrophenfilm"
Der Einsatz habe nach "Szenen wie aus einem amerikanischen Katastrophenfilm“ ausgesehen, berichtete RTL-Reporter Ulrich Klose aus Castrop-Rauxel. "Wir haben Feuerwehrleute mit ABC-Schutzmaske und Polizisten im Vollschutz gesehen. Ein Hinweis darauf, dass es sich um hochgiftige Stoffe handeln soll."
Geplanter Anschlag: Rizin und Cyanid sind tödlich für den Menschen
Bislang sei unbekannt, wie weit die Anschlagspläne bereits fortgeschritten gewesen seien. Auch, ob es bereits ein Anschlagsziel gegeben habe, sei nicht bekannt. Noch am Sonntagabend erließ die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf Haftbefehle gegen die zwei Männer.
Wegen der biologisch-chemischen Gefahren für die Einsatzkräfte waren laut mehrerer Medienberichte Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts (RKI) als Berater vor Ort. Mehrere Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA) und ein Entschärfer-Kommando seien im Einsatz gewesen. Das BKA wollte sich nicht zu dem Einsatz äußern und verwies auf die Generalstaatsanwaltschaft.
Das hochgiftige Rizin wird laut dem RKI in der Kriegswaffenliste unter "Biologische Waffen" aufgeführt. Cyanid ist ebenfalls hochgiftig, bereits kleinste Mengen wirken bei Menschen tödlich.
Bundesbeauftragter: Überwachung krimineller Aktivitäten im Internet ist schwer
Grauzone Internet – warum ist es für Täter so leicht, sich im Internet Bauteile für zerstörerische Waffen zu organisieren? Christof Stein, Sprecher des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, erklärte im Interview mit RTL: „Im Bereich der Terrorismusabwehr müssen in Deutschland verschiedene Grundrechte miteinander abgewogen werden. Einerseits muss die Terrorismusabwehr genügend Möglichkeiten und Mittel haben, um effektiv zu sein.“ Andererseits dürfe ein Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nur verhältnismäßig passieren. Außerdem gebe es in Deutschland ein Trennungsgebot zwischen der polizeilichen und der geheimdienstlichen Arbeit. „Dort wo die Schnittstellen beider Bereiche sind, sind die gesetzlichen Grundlagen leider oft nicht klar geregelt“, sagt Stein.
Herbert Reul: "Behörden ermitteln unter Hochdruck"
Schon am Samstag soll es einen konkreten Tipp zu den Anschlagsplänen gegeben haben, sagte Oberstaatsanwalt Holger Heming. "Die Hinweise kamen von der Sicherheitsbehörde eines befreundeten Staates." Beunruhigend: Die Anschlagspläne sollen demnach schon weit fortgeschritten gewesen sein. "Die Behörden ermitteln jetzt mit Hochdruck", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul. Nun müsse man die Ergebnisse abwarten.