Kommentar zum Eklat in Gladbach
Zeit für eine Respekt-Reform! Bensebainis Ausraster muss Konsequenzen haben
von Martin Armbruster
Die Wörtchen wenn und soll können gewichtig sein. Wenn es also stimmt, was Gladbachs Ramy Bensebaini zu Bundesliga-Schiri Benjamin Brand gesagt haben soll – fils de pute, Hurensohn –, wäre das ein ungeheuerlicher Skandal. Und: Ein Tiefpunkt, was das Verhalten einiger Fußballer gegenüber den Unparteiischen angeht. Einer aber, der eine vielleicht überfällige Reform zur Respekt-Wiederherstellung im Fußball anpfeift.
Jugend- und Amateur-Fußball hat ein Riesenproblem
Bensebaini schoss gegen Freiburg angesickt einen Ball ins Aus. Gelb. Klatschte dafür höhnisch Beifall. Nochmal Gelb. Macht Gelb-Rot und Platzverweis wegen unsportlichen Verhaltens. Schiri Brand machte beim 0:0 der Gladbacher gegen den SC Freiburg alles richtig. Freilich nicht in den Augen des Algeriers, der laut Sky auf dem Weg zum Duschen das H-Wort gesagt haben soll.
Den Schiri als Hurensohn beschimpfen? Unerhört! Sollten die Vorwürfe stimmen, muss der DFB Bensebaini drakonisch bestrafen. Nicht zwei, nicht drei, auch nicht vier Spiele. Diese Entgleisung muss schmerzen – und Klarheit schaffen. Beleidigungen dieser Art sind so teuer, dass sich die hochbezahlten Profis, Vorbilder für viele Kids, gefälligst zusammenreißen.
Denn im Jugend- und Amateur-Fußball ist mangelnder Respekt und Gewalt gegenüber den Unparteiischen längst ein Riesenproblem. Wenn’s schon auf der großen Bühne nicht ordentlich zugeht, wie denn dann in den unteren Klassen? Seit Jahren schockieren Berichte von verprügelten Schiedsrichtern. Längst hat der DFB ein Nachwuchsproblem im Schiedsrichterwesen. Kein Wunder: Wer will sich am Wochenende bitteschön freiwillig beleidigen lassen – und das eben nicht nur von biergeschwängerten Zuschauern, sondern auch noch von Möchtegern-Superkickern? Oder gar um seine Gesundheit fürchten, sobald er in die Pfeife bläst?
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Fußball-Profis ziehen lächerliches Theater ab
Das teils ungezügelte und abfällige Meckern der Fußball-Profis hat in vielerlei Hinsicht einen schlechten Einfluss auf das Spiel und geht seit geraumer Zeit vielen auf den Senkel. Bundestrainer Hansi Flick forderte erst kürzlich mehr Respekt für die Männer mit der Pfeife. Mit Recht. Selbst in Zeiten des Videobeweises, in denen umstrittene Entscheidungen extra überprüft werden, schart sich Woche für Woche eine Spielermeute um die Schiris, belagert diese, labert den Offiziellen die Ohren voll. Brüllen, hampeln, gestikulieren – ein lächerliches und jämmerliches Theater, das eben Nachahmer findet.
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Der ein oder andere Trainer ( Julian Nagelsmann lässt mit seinem „weichgespülten Pack“ grüßen) leistet auch seinen Beitrag, in der Verantwortung stehen aber vor allem die Spieler. Sie stehen im Mittelpunkt. Sie müssen Respekt vor dem Schiedsrichter haben, zeigen, vorleben. Im Eishockey oder Rugby ist der Referee eine fast schon unantastbare Respektsperson, wird mit „Sir“ angeredet. Ganz anders im Fußball, wo der Schiedsrichter oft als „Depp vom Dienst“ erscheint, der nicht nur ein schnelles Spiel möglichst fehlerfrei leiten, sondern auch noch als Pädagoge schwer erziehbarer Ballkinder agieren muss.
Ittrich hat da 'ne gute Idee
Es ist Zeit für eine Reform! Der Schiri muss wieder eine absolute Respektsperson auf dem Platz sein. Wie etwa im Eishockey, sollte auch im Fußball einzig der Kapitän Beschwerden vortragen dürfen. Meckert sonst wer – sofort runter. Oder wie es Bundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich Anfang des Jahres in einem Interview mit der FAZ ausdrückte. „Wie kann es sein, dass ich nach einer Entscheidung von zehn Mann angemacht werde? Von mir aus: Bam. Bam. Bam. Dreimal Rot, oder, wenn einer Gelb hat, Gelb-Rot. Dann spielen eben sieben gegen elf. Mir wäre das recht.“
Rudelbildungen und Brüll-Attacken auf die Schiris wären mit einem unmissverständlichen Respekt-Regelwerk Geschichte. Beleidigungen – wie offenbar am Samstag in Mönchengladbach – auch. Es wäre wichtig.