Metastasen bilden sich eher in der Nacht
Studie zeigt: Brustkrebs wächst im Schlaf!

Eigentlich gilt Schlaf als wohltuend und gesundheitsfördernd. Dennoch scheinen die Ruhephasen bei einigen Krebspatienten bestimmte Krebszellen zum Wachstum anzuregen. Einer neuen Studie zufolge zirkulieren nachts mehr Brustkrebszellen im Blut als tagsüber.
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Blut-Analyse von Brustkrebspatientinnen und Mäusen
Die Studie aus der Schweiz wurde von Zoi Diamantopoulou und ihren Kollegen an Probanden und Mäusen durchgeführt. Die Forscher untersuchten 30 Brustkrebspatientinnen und entnahmen ihnen Blutproben. Die Analysen dieser Proben zeigten, dass in der Nacht mehr zirkulierende Tumorzellen (CTC) vorhanden waren als in Proben am Tag. Die metastatische Ausbreitung von Krebs erfolge durch die hämatogene Verbreitung von zirkulierenden Tumorzellen (CTCs).
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Neben den Probanden wurden auch noch Mäuse untersucht. Auch hier zeigten sich in den Schlafphasen erhöhte CTC-Werte. Den Nagern wurde außerdem das schlaffördernde Hormon Melatonin gespritzt. Dies hatte auch einen Anstieg der zirkulierenden Krebszellen zur Folge.
Tumorfreien Mäusen verabreichten die Wissenschaftler CTCs aus der Ruhe- und der Aktivphase. Die Ergebnisse belegten, dass die CTCs aus der Ruhephase aggressivere Tumore bildeten als die aus der Aktivphase. Darüber konnte gezeigt werden, dass CTCs in der Ruhephase eine hohe Neigung zur Metastasierung aufwiesen, während CTCs, die während der aktiven Phase gebildet wurden, keine Metastasierungsfähigkeit besaßen.
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Hat das Studienergebnis Einfluss auf die Behandlung?
Der Schlaf-Wach-Rhythmus hat Einfluss auf viele biochemischen Vorgänge des Menschen. Diese Studie belegt einen Zusammenhang mit der Ausbreitung von Tumorzellen. Die Erkenntnis könnte auch einen Einfluss auf die zukünftige Behandlung von Patienten haben, wie Prof. Dr. Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums und der onkologischen Tagesklinik der Frauenklinik an der Universität München zum „Science Media Center“ sagte:
„Dies ist eine sehr interessante Grundlagenarbeit, bei der es sich lohnt, weiter nachzuforschen, beziehungsweise vor allem die klinische Bedeutung weiter herauszuarbeiten. Denn sollte sich bestätigen, dass sich bestimmte Tumorzellen vor allem nachts, wenn wir schlafen, bilden, wäre das ja mit Blick auf die Behandlung im klinischen Alltag erst einmal schwierig. Die Patienten sitzen ja nicht nachts bei uns, sondern tagsüber.“
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Ärzte fordern breitere Untersuchung der Ergebnisse
Dennoch sieht sie einige Punkte der Studie kritisch: „Allerdings bleibt ein Aspekt in der Arbeit unbeantwortet: Medikamente haben Halbwertszeiten, das heißt Krebsmittel, die mittags verabreicht werden, verlieren ja nicht unbedingt am Abend oder in der Nacht ihre Wirkung. Dennoch braucht es weitere Forschung, um zu beantworten, was sich aus den Erkenntnissen dieser Studie für die Krebstherapie lernen lässt.“
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Prof. Dr. Tanja Fehm, Direktorin der Frauenklinik am Universitätsklinikum Düsseldorf, sieht in der Arbeit ebenfalls großes Potential. Die Ergebnisse müssen ihrer Meinung nach auf einer größeren Probandenmenge aufbauen, wie sie dem „Science Media Center“ mitteilte: „Insgesamt muss dieses Phänomen und damit auch die Ergebnisse der Arbeit aus der Schweiz in einer größeren Kohorte von Patienten in einer multizentrischen Studie mit unabhängigen Personen bestätigt werden. Erst dann wird man absehen können, ob sich dies auf zukünftige Behandlungsmethoden auswirken wird.“
Die Studie wurde unter dem Titel „The metastatic spread of breast cancer accelerates during sleep“ im Fachblatt „Nature“ veröffentlicht. (pdr)