Thailand trauert um die Opfer der WahnsinnstatAmoklauf in Vorschule: Täter tötete 24 kleine Kinder beim Mittagsschlaf

Die Angehörigen der Opfer können gut 24 Stunden nach dem Amoklauf eines Ex-Polizisten an einer Vorschule in Thailand kaum begreifen, was ihren Liebsten passiert ist. Für die meisten Opfer hatte das Leben gerade erst begonnen, Eltern stehen fassungslos vor zwei Dutzend Kindersärgen. 24 unschuldigen Kindern zwischen zwei und vier Jahren hat der Täter das Leben geraubt. Unter den insgesamt 37 Toten ist auch die im achten Monat schwangere Betreuerin Supaporn Pramongmook. „Jeder hat sie geliebt“, schluchzt ihre Mutter Prani Srisuthansupaporn.

Amoklauf in Thailand: Lehrerin versuchte, Kinder zu schützen

Ein Kuscheltier und ein orangenes Auto – Suwimon Sudfanpitak hält die Spielzeuge ihres kleinen Neffen im Arm, die sie am Tatort abgeholt hat. Als sie nach der Nachricht über den Amoklauf an der Vorschule im Bezirk Na Klang in der Provinz Nong Bua Lamphu angekommen war, war sie sicher, dass der 3-jährige Techin nicht überlebt hat. „Wir sahen zwei Leichen draußen liegen, darunter ein kleines Kind. Genau da wusste ich, dass mein Neffe nicht überlebt hat. Mir wurde gesagt, dass alle Kinder gestorben sein“, erinnert sich Suwimon Sudfanpitak.

Dann sei Techins Klassenlehrerin zu ihr gekommen und hätte ihr erzählt, dass alle Kinder in einen Raum festgesessen hätten, als der Täter in die Vorschule stürmte. Die Lehrerin habe sich entschuldigt, dass sie die Kinder nicht habe schützen können. „Sie hat ihr Bestes gegeben“, meint die geschockte Tante.

Die jungen Opfer waren am späten Donnerstag in goldverzierten Särgen in Rosa und Weiß auf eine Polizeistation gebracht worden. Der Einsatzleiter beschrieb die Bilder, die sich den Rettungskräften vor Ort boten, als erschütternd. „Das war eine Szene, die niemand sehen will. Es war grauenhaft. Das waren kleine Kinder, die gerade schliefen“, zitierte die Nachrichtenseite „The Thaiger“ den Mann.

Relatives and friends mourn during a ceremony for those killed in the attack on the Young Children's Development Center in the rural town of Uthai Sawan, north eastern Thailand, Friday, Oct. 7, 2022. A former policeman facing a drug charge burst into a day care center in northeastern Thailand on Thursday, killing dozens of preschoolers and teachers before shooting more people as he fled in the deadliest rampage in the nation's history. (AP Photo/Sakchai Lalit)
Gemeinsam trauern Familien und Freunde um ihre Liebsten.
AP

Beim Mittagsschlaf der Kinder stürmte Täter die Kita

Das Massaker ist eine der schlimmsten Gewalttaten in der jüngeren Geschichte des Landes. Ein wegen Drogendelikten aus dem Dienst entlassener Polizist hatte am Donnerstag (6.10.) die Kita in der Provinz Nong Bua Lamphu im Nordosten des Landes gestürmt. Mit einer Schusswaffe und einem Messer ging er wahllos auf Betreuer und Kinder los.

Die meisten waren gerade beim Mittagsschlaf, als ihr Mörder kam. Nur ein einziges kleines Mädchen soll dem Täter unverletzt entkommen sein, möglicherweise habe er es nicht bemerkt, hieß es. Fast ein Dutzend Menschen wurden verletzt, einige davon schwer.

Später fuhr der Mann in einem Pick-up zu seinem Haus und tötete auf dem Weg weitere Menschen. Dann zündete er den Wagen an. Als die Polizei das Gebäude umstellte, erschoss er den Ermittlern zufolge zunächst seine Frau, seinen Sohn (3) und dann sich selbst.

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Trauer in Thailand um 37 Opfer eines Amoklaufs

Am Freitag versammelten sich zahlreiche trauernde Angehörige am Ort der Tragödie. Viele lagen sich in den Armen und versuchten, gegenseitig Trost zu spenden. Die Gesichter zeugten von grenzenlosem Schmerz und Fassungslosigkeit.

Auch Prani Srisuthan trauert um ein Opfer des Amoklaufs. Ihre Tochter Supaporn Pramongporn war Betreuerin an der Vorschule – und im achten Monat schwanger. Die 53-Jährige arbeitete auf dem Feld, dann klingelte ihr Telefon und jemand erzählte ihr von der Wahnsinnstat. „Sie haben gefragt ‘Wie viele Betreuer sind hochschwanger?’“, berichtet Prani Srisuthan. „Nur Supaorn“, habe sie geantwortet und sofort versucht, ihre Tochter anzurufen.

Vergeblich. Die Betreuerin, die seit zwei Jahren an der Schule gearbeitet hat, war längst tot und konnte den Anruf nicht mehr entgegennehmen.

Rescue workers carry a coffin containing the body of a victim at Udon Thani hospital in Udon Thani province, following a mass shooting in the town of Uthai Sawan, around 500 km northeast of Bangkok in the province of Nong Bua Lam Phu, Thailand October 7, 2022. REUTERS/Athit Perawongmetha
Helfer tragen einen der dutzend Särge.
Reuters

Rätsel um Motiv des Amokläufers

Das Motiv des 34-Jährigen ist weiter unklar. Jedoch gibt es Vermutungen, dass er unter Drogen oder Medikamenten gestanden haben könnte. Er war im Juni entlassen worden, nachdem Methamphetamin-Pillen bei ihm gefunden wurden. Gegen ihn lief ein Verfahren. Kurz vor der Bluttat soll eine Anhörung stattgefunden haben. Nachdem der Angeklagte das Gericht verlassen hatte, habe er gestresst gewirkt und Beruhigungsmittel eingenommen, zitierte Vize-Polizeichef Torsak Sukwimol die Mutter des Täters. Anschließend habe er eine Paranoia entwickelt. Er habe zu seiner Waffe gegriffen und sei in die Kindertagesstätte gefahren.

Der Täter soll die Pistole aber legal besessen haben. Als Ex-Polizist sei er geübt im Umgang mit Schusswaffen gewesen, sagte der Kriminologe Krisanaphong Poothakool von der Rangsit-Universität in Zentralthailand dem Sender ThaiPBS. Der Experte forderte, eine psychiatrische Untersuchung und eine Prüfung des Strafregisters für jeden einzuführen, der einen Waffenschein erwerben möchte.

Zum möglichen Auslöser für die Tat sagte der Professor, eventuell hätten eine Kombination aus Drogen, Frustration und Stress zu dem Gewaltexzess geführt. Der Mann sei eine tickende Zeitbombe gewesen. Jedoch müsse der Fall noch genau untersucht werden.

Doch eine Untersuchung lindert den Schmerz der trauernden Familien kaum. Ihre Herzen seien gebrochen, meinen die Angehörigen. „Ich kann es nicht mit Worten beschreiben“, sagt Techins Tante, „die Kinder, die gestorben sind, werden niemals wieder zurück kommen.“ (dpa/reuters/lha)