Kontaktverbot wirkungslos

„Man ist quasi machtlos” - Opfer empört über mildes Stalker-Urteil

von Laura Hofmockel und Frank Vacik

Dieses Urteil ist für das Opfer ein Schlag ins Gesicht!
Hannah B. bekommt von einem Kollegen erst haufenweise Komplimente, dann wird sie von ihm beleidigt und am Ende sogar bedroht. Obwohl sie ihm klarmacht, dass sie kein Interesse hat, lässt er nicht locker. Trotzdem kommt Pizza-Bote Sebastian S. mit einer Bewährungsstrafe davon.

Täter spricht von „gekränktem Männerstolz”

Die Frau hatte S. angezeigt, weil er ihr fast täglich Nachrichten schreibt, sie bei der Arbeit gegen ihren Willen berührt oder umarmt. Sein Verhalten im Gericht legt nahe, dass er nicht einsieht, wie sehr seine Kollegin unter seinen Übergriffen gelitten hat.

Opfer Hannah B.
Opfer Hannah B.
RTL

S. sitzt mit breitem Grinsen auf der Anklagebank des Chemnitzer Amtsgerichts und gibt sich selbstbewusst. „Gekränkter Männerstolz, ja genau. Dann legen wir es so aus. Ist in Ordnung, weil ich sonst normalerweise keine Abweisung von Frauen kriege. Also doch, ist natürlich schon mal passiert, aber im Normalfall habe ich eigentlich einen ganz guten Schlag bei Frauen“, behauptet er.

„Vor meiner Tür. Bei meinen Eltern, überall hat er mich verfolgt“

Für Hannah B., ein Schlag ins Gesicht. „Man hat so das Gefühl, dass einer sich permanent das Recht rausnimmt, im Leben aufzutauchen und einem das Leben schwer zu machen. Und man kann halt nichts machen. Also man ist da quasi machtlos“, sagt sie.

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Sie schildert, wie der 37-Jährige ihr monatelang nachstellt. Obwohl die 25-Jährige deutlich macht, dass sie kein Interesse hat, macht er weiter. Schnell greift ihr Chef durch, entlässt ihn. Doch das Stalking habe nicht aufgehört. „Vor meiner Tür. Bei meinen Eltern, überall hat er mich verfolgt“, berichtet Hannah B.. Sie erwirkt schließlich sogar ein Kontaktverbot, doch Sebastian S. hält sich nicht daran.

Als es zur Gerichtsverhandlung kommt, gesteht er über seinen Anwalt alles - ein Deal für Strafmilderung. S. sagt, er habe aus den Vorfällen gelernt und wolle sich nicht mehr dazu äußern. Das Urteil fällt aus Hannah B.‘s Sicht zu mild aus: Zehn Monate auf Bewährung und erneut ein Jahr Kontaktverbot.