Mindestens zehn Opfer! Physiotherapeut wegen Missbrauch in U-Haft

„Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer noch viel höher ist”

von Jens Schwarck-Köhnke und Johanna Nies

Der reinste Albtraum!
Ein Physiotherapeut aus Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) soll über Jahre hinweg Frauen sexuell belästigt und missbraucht haben. Angefangen hat es wohl immer als harmlose Behandlung. Eines seiner mutmaßlichen Opfer hat mit RTL über seine erschreckenden Erlebnisse gesprochen - im Video. Erst Jahre später erfährt die Frau, dass offenbar noch mehr Frauen das Gleiche erleben mussten.

Drei Frauen zeigen den Therapeuten an

Scham und Fassungslosigkeit – genau das fühlt Nicole laut eigener Aussage an jenem Tag vor sechs Jahren, als sie auf der Liege ihres Physiotherapeuten liegt. Plötzlich zieht er ihr die Hose herunter, erinnert sie sich im Gespräch mit RTL. Ein Moment, der sie erstarren lässt. Weil sie anonym bleiben möchte, haben wir ihren Namen geändert. „Er hatte mir dann auch meine Hüfte massiert und behandelt und ging dann aber immer weiter runter bis in meinen Intimbereich. Also ich hatte die zwei Finger schon gespürt in meinem Genitalbereich“, beschreibt sie.

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Noch bevor Nicole die Praxis verlässt, erfährt sie von einer Mitarbeiterin, dass er auch diese an intimen Stellen berührt haben soll. Inzwischen sitzt der Physiotherapeut in Untersuchungshaft. Drei Frauen haben ihn angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Rostock ermittelt und geht von mehr als zehn Opfern aus.

Gewalt gegen Frauen nimmt zu

„Nach den derzeitigen Ermittlungen gehen wir davon aus, dass es zu mehreren sexuellen Übergriffen gegenüber den Patientinnen kam, die über die Schwelle der reinen sexuellen Belästigung in einigen Fällen hinausging. Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer noch höher ist“, so Manuela Merkel, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Rostock.

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Die aktuelle Kriminalstatistik bestätigt: Sexuelle Straftaten gegen Frauen haben erneut zugenommen. Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser fordert besseren Schutz und eine konsequentere Strafverfolgung. Ihr Appell an betroffene Frauen:. „Entscheidend bleibt, dass Betroffene Hilfe suchen und Anzeige erstatten. Keine Frau muss sich dafür schämen, Opfer von Gewalt zu sein. Die Schuld liegt immer beim Täter. Niemals beim Opfer.“

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Jahre später erstattet Nicole doch noch Anzeige

Nicole erstattet damals keine Anzeige. Erst vor kurzem stößt sie in der Zeitung auf einen Artikel über ihren ehemaligen Physiotherapeuten. „Es gab Momente, wo ich ein schlechtes Gewissen hatte und dachte, vielleicht hättest du damals schon aktiv werden müssen. Am meisten wühlt mich auf, dass so viele Jahre jetzt vergangen sind und ich erfahren musste, dass er weitergemacht hat“, sagt sie.

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Wie viele Frauen Ähnliches erleben mussten wie Nicole, klären nun die Ermittlungen. Derzeit sitzt der Mann in Untersuchungshaft. Sollte der Physiotherapeut aus Rostock verurteilt werden, drohen ihm laut Staatsanwaltschaft mehrere Jahre Haft. Für Nicole war klar: Sie wollte nicht länger schweigen und hofft, dass auch andere Betroffene den Mut finden, sich zu wehren.