Video dokumentiert Polizeigewalt in NRW Selbst als er schon am Boden liegt, prügeln sie weiter auf ihn ein!

von Marcel Cholewa und Patricia Kiel

Obwohl Marcel Vogler sich nicht mehr wehrt, kassiert er weiter Schläge!
Diesen Montag vor Heiligabend wird Marcel Vogler (40) so schnell nicht wieder vergessen. Er soll vor dem Haus seiner Frau randalieren, weshalb wohl ein Anwohner die Polizei ruft. Zwei Polizisten treffen ein, stoßen auf den 40-Jährigen und beginnen schon bald, auf ihn einzuprügeln. Wie es so weit kommen konnte, wisse er nicht mehr, seine Erinnerung sei lückenhaft, berichtet Vogler. Doch er hat Glück: Das brutale Vorgehen der Polizei wird gefilmt! Im Video oben schildert der Bergheimer RTL seine Sicht auf den Vorfall – und was sagt die Polizei?

Polizeigewalt in Bergheim: Beamte wollten Platzverweis erteilen

Die Otto-Hahn-Straße in Bergheim (NRW) ist eigentlich eine ruhige Wohngegend. In einem Mehrfamilienhaus lebt die Frau des Prügel-Opfers Marcel Vogler (40). Am Tag vor Heiligabend soll es zwischen den beiden zu einem Streit gekommen sein. Er habe dann versucht, in die Wohnung zu kommen. Bald darauf treffen zwei Polizisten ein. Unklar ist noch, wer sie alarmiert hat. „Ich weiß nicht, wer die Polizei gerufen hat und wie das dann so eskalieren konnte. Kann ich mir nicht erklären“, sagt der 40-Jährige. Ein Nachbar beginnt, den Einsatz aus einiger Entfernung zu filmen.

Das Video hat keinen Ton, zeigt aber, dass die beiden Beamten Marcel Vogler zunächst mit einem Gummiknüppel in die Beine schlagen. Ein heftiger Tritt folgt und lässt ihn rückwärts über ein abgestelltes Fahrrad stürzen. Marcel Vogler liegt am Boden, doch die Polizisten lassen nicht von ihm ab. „Das war schon sehr krass, habe ich noch nie erlebt“, schildert der Produktionshelfer gegenüber RTL.

Ein Hauseingang eines Mehrfamilienhauses.
Vor diesem Hauseingang kommt es zur Attacke. In dem Haus wohnt Marcel Voglers Frau. Sie haben an diesem Tag gestritten, er wollte zu ihr in die Wohnung, sagt er.
RTL

„Bin ja kein Messermann“

Er klagt: „Ich konnte mich ja gar nicht mehr wehren. Und ich habe ja auch dagestanden, Arme zur Seite und hatte kein Messer oder irgendwas. Bin ja kein Messermann“, so der 40-Jährige. Trotzdem schlägt ein Beamter noch mit dem Pfeffer-Sprühgerät auf seinen Kopf. Das Behältnis öffnet sich dabei, Gas tritt aus. Marcel Vogler ist wehrlos, seine Erinnerung bis heute getrübt. „Pfefferspray ist einfach nur grausam. Da macht man nichts mehr“, resigniert er.

Ein Mann und ein Reporter im Gespräch.
Im Gespräch mit RTL schildert der 40-Jährige das Geschehen aus seiner Sicht.
RTL

Warum sind die Beamten dennoch derart hart gegen ihn vorgegangen, nachdem er bereits wehrlos am Boden gelegen hat? Er glaubt, sich in der Situation kooperativ verhalten zu haben, erinnert sich aber nicht mehr konkret an den Moment: „Ich nehme an, dass ich da schon was gesagt habe. Ich bin ja nicht so, dass ich hier auf Polizisten losgehe oder so was“, meint er. Die Videosequenz zeigt zudem nur einen Ausschnitt des Geschehens. „Das ging länger, denke ich mal, aber da kann ich keine Zeit zu sagen“, erinnert er sich lückenhaft.

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Marcel Vogler kommt eine Nacht in Polizei-Gewahrsam

Nach der Gewalt-Arie nehmen die Beamten den 40-Jährigen mit ins Polizeigewahrsam. Er verbringt die Nacht auf den 24. Dezember hinter Gittern, wird erst gegen 6.00 Uhr am Morgen freigelassen. Während des Gewahrsams habe ihn ein Arzt untersucht, glaubt er, doch mit Bestimmtheit kann er es nicht mehr sagen.

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NRW-Innenminister Herbert Reul äußert sich bestürzt und sagt, das Video werfe ernste Fragen auf: „Wir prüfen das bis ins allerletzte Detail. Da geht es um Körperverletzung im Amt. Das ist keine Lappalie.” Allerdings müssten die Ermittlungen abgewartet werden. „Grundsätzlich gilt: Durchsetzung von Recht und Ordnung muss verhältnismäßig sein. Das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden basiert auf deren Integrität. Wenn Beamte im Dienst Fehler machen und überzogen Gewalt anwenden, hat das Konsequenzen. Dienstrechtlich und auch strafrechtlich“, heißt es im Statement des Ministers.

Die Polizei ermittelt nun in ihren eigenen Reihen gegen die beiden Beamten. Sie sollen den Vorfall in ihrem Bericht ganz anders geschildert haben, schreibt zumindest der Kölner Stadt-Anzeiger. Als das Video schließlich in sozialen Medien auftaucht, seien ihre Vorgesetzten stutzig geworden, so der Bericht. Aus Neutralitätsgründen bearbeitet das Polizeipräsidium Köln jetzt den Fall. Carsten Rust ist Pressesprecher der Polizei Köln. Das Video des Einsatzes ist dort bekannt.

Ein Sprecher der Polizei Köln.
Ein Sprecher der Polizei Köln, Carsten Rust, sagt, der Fall würde „eingehend geprüft“.
RTL

„Das wird bei uns natürlich jetzt auch eingehend geprüft. Der Sachverhalt ist bei uns im zuständigen Fachkommissariat, dem KK 32, gelandet, wo letztendlich jetzt die weiteren Ermittlungen diesbezüglich geführt werden“, sagt Carsten Rust im Gespräch mit RTL. „Die Bilder, die jetzt schon im Netz kursieren, sind kein Ruhmesblatt für die Polizei. Das wird jetzt schon sehr intensiv diskutiert“, kommentiert Michael Mertens von der Gewerkschaft der Polizei die Sequenz. Er ist mit seiner Einschätzung der Bilder aber noch verhalten. „Von daher ist es wichtig, dass dieser Sachverhalt auch klar und deutlich aufgeklärt wird, und zwar umfassend.“

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Marcel Vogler ist froh, dass er den kurzen Clip als Beweismittel hat. Mit der Aufnahme könnte er versuchen, sich gerichtlich gegen das Vorgehen der Polizisten zu wehren. Ob er so weit gehen wird, kann er jedoch noch nicht sagen: „Aber ich bin mir echt noch nicht sicher“, gibt er an. Er wird sich nun erst einmal vom Schrecken erholen.