„Die Kinder haben ihn geliebt“

Lieblingslehrer (30) soll Grundschüler heimlich nackt gefilmt haben

von Michaela Johannsen

Ein Albtraum für eine ganze Schule.
Ein Aushilfslehrer soll Schüler an einer Grundschule in Bayern über Monate heimlich nackt gefilmt haben. Wie im Prozess deutlich wurde, kamen die Ermittler dem 30-Jährigen durch einen Tipp aus den USA auf die Schliche.

Prozess gegen Lehrer in Haßfurt größtenteils hinter verschlossenen Türen

Zum Schutz der Kinder fand der Prozess am Amtsgericht Haßfurt (Bayern) die meiste Zeit hinter verschlossenen Türen statt. Aushilfslehrkraft Christian S.-M. (30) sucht Schutz hinter einem Briefkuvert, als er den Gerichtssaal betritt. Niemand soll sein Gesicht sehen. Die minderjährigen Schüler waren ihm und seinen Fantasien hilflos ausgeliefert. Er erspart den kleinen Jungen zumindest eine Aussage vor Gericht und legt ein Geständnis ab. Zudem hat er die Eltern der Kinder um Entschuldigung gebeten. Mit einer Therapie will er seine Neigungen in den Griff bekommen. Das berichtet Richterin Dr. Ursula Redler aus dem nichtöffentlichen Teil der Verhandlung.

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Tatort war diese Grundschule

Aushilfslehrer soll in der Umkleide beim Schwimmen gefilmt haben

Christian S.-M. war Student und als Aushilfslehrkraft an der Dreiberg-Grund- und Mittelschule in Knetzgau (Unterfranken) und nutzte seinen Status offenbar schamlos aus. Angestellt wurde er, um die Kinder etwa beim Sport- und Schwimmunterricht zu betreuen. Dabei soll er Jungen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren heimlich in der Umkleide gefilmt haben. Immer wieder und über Monate. Zwischen Mai und Dezember 2023 soll er 28 Videos mit seinem Smartphone gedreht haben.

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Das Handy soll er unbemerkt von den Kindern auf den Boden gelegt haben. So filmte er die nackten Jungen in der Sammelumkleide der Schüler von der 1. bis zur 4. Klasse. Auch im Klassenzimmer soll er während des Unterrichts Aufnahmen vom Lehrerpult aus gemacht haben. Diese scheinbar harmlosen Aufnahmen nutzt er laut den Ermittlungen, um Bildcollagen zu erstellen.

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„Die Kinder haben ihn geliebt. Deswegen ist der Schaden auch so groß. So ist es gigantisch.“

Der Direktor der Grund- und Mittelschule, Markus Reitz (42), sagt: „Die Kinder haben ihn geliebt. Deswegen ist der Schaden auch so groß. So ist es gigantisch.“ Wie gewissenlos der Aushilfslehrer vorging, wird deutlich, als der Schulleiter als Zeuge vor Gericht muss. S.-M. sei nicht immer offiziell als Aushilfe eingetragen gewesen, als die Fotos oder Videos entstanden sind. Wie es ihm gelungen ist, die Videos heimlich anzufertigen, bleibt offen. Der Direktor geht davon aus, dass sich der Lehrer in der Umkleide versteckt hat. Laut Staatsanwaltschaft hätten die Kinder den Lehrer auf den Videos aber mit Namen angesprochen – sie müssen ihn also gesehen haben. Für den Rektor unerklärlich: „Es ist nicht normal, dass ein Lehrer in der Umkleide ist. Normalerweise ziehen sich die Sportlehrkräfte nicht mit den Kindern um.“

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Der Angeklagte betrat das Gericht mit verdecktem Gesicht. Der Aushilfslehrer soll Kinder heimlich gefilmt haben.

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Nach der Entdeckung der Taten waren psychologische Notfallteams an der Schule, um das Geschehene aufzuarbeiten. Der Aushilfslehrer schreibt eine Entschuldigung per E-Mail. Dieser „Brief“ sollte an alle Eltern weitergeleitet werden. Der Elternbeirat habe aber nicht zugestimmt, denn der Entschuldigungsbrief „wurde als blanker Hohn empfunden,“ sagt der Direktor. Der Staatsanwalt fragt, warum der Bitte des Aushilfslehrers nicht nachgekommen wurde, den Brief an die Eltern weiterzuleiten. „Ich glaube, in seinem Fall bin ich extrem unfreundlich.“

Bis heute seien viele Eltern extrem misstrauisch. Auch Sexualkundeunterricht wäre kaum möglich. Ein normaler Schulalltag sei immer noch nicht eingekehrt. Direktor Reitz: „Schöne Scheiße ist ja kein guter Ausdruck dafür. Darauf hätten wir verzichten können.“

Warnhinweis aus den USA

Die Polizei soll dem angehenden Lehrer nach einem Warnhinweis aus den USA auf die Spur gekommen sein. Die Ermittlungen in Deutschland übernahm das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet (ZKI) in Bamberg.

Im Januar 2023 wurde die Wohnung von Christian S.-M. durchsucht. Die Ermittler sollen insgesamt 46 Fotos und 57 Videos sowie Bildcollagen mit kinderpornografischen Inhalten gefunden haben: die Aufnahmen aus der Schule und Erwachsene mit Kindern beim Geschlechtsverkehr. Die Fotos und Videos sollen in einem „sicheren Ordner“ in seinem Smartphone abgespeichert worden sein.

Am 28. Mai soll der Prozess fortgeführt und ein Urteil gesprochen werden.