Vergewaltigungsprozess von Avignon
„Ein Tsunami, der in ihr Leben einschlug“

Applaus für Gisèles Stärke!
Sie habe heute noch den Eindruck zu fallen, ohne zu wissen, wann sie aufprallt, sagt Gisèle Pelicot (72) im Verlauf des Prozesstags am 20. November. Immer sei sie für ihren Mann da gewesen, auch an dem Tag, an dem er verhaftet wird, weil er Frauen in einem Supermarkt unter ihre Röcke filmt. Jetzt haben ihre Verteidiger Stéphane Babonneau und Antoine Camus ihre Plädoyers verlesen.
Avignon: Ihr ganzes Leben war auf einmal zerbrochen
„Sie war immer da für ihren Mann, auch als er ihr unter Tränen gestand, dass er in einem Supermarkt verhaftet worden war, weil er unter Röcken gefilmt hatte“, sagt Anwalt Stéphane Babonneau zu Beginn seines Plädoyers. Im Missbrauchsprozess in Südfrankreich hat die Nebenklage um Opfer Gisèle Pelicot die Verantwortung aller 51 Angeklagten für die zigfache Vergewaltigung betont. „Alle haben, zumindest als sie dieses Horrorhaus verlassen haben, verstanden, dass andere vor ihnen kamen und andere folgen würden“, sagt Antoine Camus, Gisèles zweiter Verteidiger.

„Jeder hat in seinem Maß, auf seinem Niveau zu dieser Monstrosität, zu diesem Martyrium dieser Frau beigetragen“, fährt er fort. Alle 50 neben Pelicots Ex-Mann angeklagten Männer hätten entschieden, einen Körper zu missbrauchen, der keine Einwilligung geben konnte. Alle hätten entschieden, sich vom Denken zu verabschieden.
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Gisèles Anwälte betonen auch, dass das Strafrecht die Schwere der Taten nicht in Gänze fassen könne. Und: Nicht alle Opfer hätten das Glück, jeden Tag Applaus zu erhalten sowie Bestärkung, am nächsten Tag wiederzukommen. „Sie durchleben das allein im Saal mit ihrem Vergewaltiger“, so der Verteidiger. Für Gisèle sei es wie „ein Tsunami, der in ihr Leben einschlug“ gewesen.
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Anwalt spricht von Vorgehen für „perfektes Verbrechen“
Zu dem Vorgehen des Ex-Mannes, seine Frau mit Medikamente zu betäuben, sagt Camus: „Die chemische Unterwerfung ist nichts anderes als der Modus Operandi des perfekten Verbrechens.“ Jeden Tag sei Pelicot bei sich zu Hause mit ihrem Ehemann aufgewacht. Das andere Gesicht ihres Mannes habe sie nicht gekannt.

Camus sagt, 99 Prozent der Opfer eines solchen Vorgehens hätten keine Beweise. Die Tochter der Pelicots, die vermutet, ebenfalls von ihrem Vater betäubt und missbraucht worden zu sein, bestätige diese Regel. Gisèle sei durch die Masse an Videos und Fotos der Taten die Ausnahme. „Ohne diese Videos ist es wahrscheinlich, dass diese Misshandlung Gisèles angedauert hätte, bis dies sie umgebracht hätte.“