Iwao Hakamada bekommt 77 Euro für jeden Tag46 Jahre unschuldig im Todestrakt – Millionen-Entschädigung für 89-Jährigen

Vom Leben gezeichnet: Iwao Hakamada
Vom Leben gezeichnet: Iwao Hakamada
Yomiuri
von Neal Graham und Ulrich Vonstein

Kein Geld der Welt kann wiedergutmachen, was diesem Mann widerfahren ist.
Nach mehr als 40 Jahren in einer japanischen Todeszelle bekommt der 2024 freigesprochene Iwao Hakamada eine Millionenentschädigung. Ein Gericht entschied, dass dem 89-Jährigen 1,33 Millionen Euro zustehen. Das sind umgerechnet 77 Euro für jeden Tag, den er in Haft verbringen musste.

Seine Schwester kämpft unermüdlich für Gerechtigkeit

Hakamada verbringt unvorstellbare 46 Jahre in der Todeszelle. 1968 wird er zum Tode verurteilt. Er soll zwei Jahre zuvor seinen Chef und dessen Familie ermordet haben, anschließend das Hausa angezündet haben, um Spuren zu verwischen. Der ehemalige Boxer legt nach wochenlangen Polizeiverhören ein Geständnis ab, dass er später widerruft. Es dauert bis 2014, ehe ihn neue DNA-Beweise entlasten. Hakamada kommt bis zu einem endgültigen Urteil frei. Als fast 80-Jähriger macht der von Alter und Krankheit gezeichnete Mann seine ersten Schritte in einer Freiheit, die ihm mehr als ein halbes Leben lang verwehrt wurde.

Hakamada Iwao und seine Schwester Hideko. Das Foto entstand am 14. Oktober 2024 in Shizuoka City, 58 Jahre nachdem Hakamada unschuldig in die Todeszelle gesteckt wurde.
Hakamada Iwao und seine Schwester Hideko. Das Foto entstand am 14. Oktober 2024 in Shizuoka City, 58 Jahre nachdem Hakamada unschuldig in die Todeszelle gesteckt wurde.
Yomiuri

Lese-Tipp: Dieser Mann saß 48 Jahre unschuldig im Gefängnis

Seine zwei Jahre ältere Schwester Hideko kämpft unermüdlich dafür, dass der ehemalige Boxer einen neuen Prozess bekommt. Ihre Geduld zahlt sich aus, sie erwirkt ein Wiederaufnahmeverfahren. Im September vergangenen Jahres spricht ein Gericht in Shizuoka ihren Bruder frei. Die Richter kommen zu dem Schluss, dass die Polizei Beweismittel gefälscht hatte und Hakamada sein Geständnis mit Hilfe von „unmenschlichen Verhören“ abgepresst wurde.

Video: Mann sitzt 46 Jahre unschuldig in der Todeszelle

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Anwälte: Hakamaida lebt nur noch in einer Phantasiewelt

Jetzt, im März 2025, beschließt ein Gericht in Shizuoka die Millionen-Entschädigung. Für Hakamadas Anwaltsteam steht fest, dass sie zu gering ist, um den 89-Jährigen für das Unrecht zu entschädigen, dem er fast ein halbes Jahrhundert lang ausgesetzt war. Die jahrzehntelange Haft in der Todeszelle und die ständige Unsicherheit wegen der jederzeit drohenden Hinrichtung haben nach Angaben der Anwälte schwere Spuren in Hakamadas Psyche hinterlassen. Er lebe nur noch „in einer Fantasiewelt”, argumentieren sie.

Lese-Tipp: Justiz-Irrtum in Bayern: Manfred Genditzki saß 13 Jahre unschuldig im Gefängnis

Hideko Hakamada sagt im vergangenen Jahr, dass die Jahrzehnte im Gefängnis ihren Bruder gezeichnet und verändert haben. „Er ist nicht mehr derselbe“, befindet sie, schwach und geistig abwesend wirke er. Dennoch habe sich ihr langer Kampf gelohnt, dafür, dass Iwao Hakamada seine letzten Jahre in Ruhe mit der Familie und seiner geliebten Katze verbringen könne.

In Japan sind Wiederaufnahmeverfahren überaus selten. Hakamada ist der Agentur AFP zufolge erst der fünfte Todeskandidat, der einen erneuten Prozess erhielt. Alle fünf seien im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden.