Patient überlebte mehrere MonateSchweineleber in Menschen transplantiert – ist es das Modell der Zukunft?

Ein Ärzteteam im Operationssaal
Ein Ärzteteam aus China hat eine Schweineleber transplantiert (Symbolbild)
picture alliance / Xinhua News Agency | Cui Xiaoyang

Patient überlebt mehrere Monate dank Schweineleber.
Es gibt einfach deutlich mehr Menschen, die ein Organ brauchen, als Menschen, die ein Organ spenden. Deshalb forschen Mediziner seit längerem, ob Tiere als mögliche Spender infrage kommen. Bei Herz und Niere zeigen sich erste Erfolge. Nun gibt es auch bei Lebern eine gute - aber auch eine schlechte Nachricht.

Schweineleber in China transplantiert

Chinesische Ärzte haben weltweit erstmals eine Schweineleber in einen lebenden Menschen eingesetzt. Der 71-Jährige Patient habe nach dem Eingriff noch 171 Tage gelebt. Das zur Unterstützung der eigenen geschädigten Leber eingesetzte Organ sei allerdings bereits am 38. Tag aufgrund von Komplikationen wieder entfernt worden, berichtet das Ärzteteam im Journal of Hepatology.

Die Operation öffne noch nicht die Tür für eine breite klinische Nutzung gentechnisch veränderter Schweinelebern, betonen Experten in einem unabhängigen Kommentar. Der Versuch beweise aber, dass eine gentechnisch veränderte Schweineleber über einen längeren Zeitraum im menschlichen Körper funktionieren könne, erklärte Studienleiter Beicheng Sun von der Anhui Medical University in China. Er zeige sowohl das Potenzial als auch verbleibende Hürden auf, insbesondere in Bezug auf Gerinnungsstörungen und immunologische Komplikationen.

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Bedarf an Organen weit größer als das Angebot

In Deutschland warten über 8.000 Menschen auf eine Organspende, vielfach schon seit Jahren. Der Deutschen Stiftung Organtransplantation zufolge spendeten im vergangenen Jahr rund 950 Menschen nach dem Tod ihre Organe. Die Zahl der Spender reicht bei weitem nicht, um den Bedarf an Organen zu decken.

Eine große Hoffnung im Kampf gegen den Mangel ist die sogenannte Xenotransplantation, die Verpflanzung tierischer Organe, Gewebe oder Zellen. Schweineherzen und -nieren wurden in Versuchen bereits in Menschen transplantiert, im August wurde eine Schweinelunge in einen hirntoten Menschen verpflanzt. Auch eine Schweineleber wurde kürzlich transplantiert – allerdings ebenfalls in einen hirntoten Menschen. Diese Leber funktionierte bis zum Versuchsende nach zehn Tagen.

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Schwieriger als bei Herz und Niere

Die Technik birgt große Herausforderungen: Schon bei Transplantationen zwischen Menschen muss das Immunsystem des Empfängers unterdrückt werden, damit das Organ nicht abgestoßen wird. Bei tierischen Organen ist der Unterschied noch größer. Die genutzten Schweine werden zuvor genetisch verändert, um die Abstoßungsreaktionen geringer ausfallen zu lassen.

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Der 71-Jährige in China habe an einer Hepatitis-B-bedingten Zirrhose und einem großen Leberzelltumor gelitten, hieß es von Suns Team. Das Erbgut des Spenderschweins wurde demnach an zehn Stellen verändert, um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden und die Immun- und Gerinnungskompatibilität zu fördern.

Komplikationen ab Tag 31

In den ersten Wochen gab es der Studie zufolge kaum Probleme. Das Organ habe auch Galle produziert. Ab dem 31. Tag jedoch habe es Komplikationen an Blutgefäßen gegeben, am 38. Tag sei die Leber daher wieder entfernt worden. Der Zustand des Mannes habe sich daraufhin für einige Wochen wieder verbessert. „Leider kam es am 135. Tag nach der Operation zu einer plötzlichen Blutung im oberen Magen-Darm-Trakt”, hieß es von den Forschern. Die Blutungen hätten schließlich am 171. Tag nach der Operation zum Tod geführt.

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Noch viel weitere Forschung notwendig

Die Studie gebe Anlass zu vorsichtigem Optimismus, erinnere aber auch daran, wie stark das Feld sich noch weiterentwickeln müsse, heißt es in einem zur Studie veröffentlichten Kommentar einer Forschergruppe um Heiner Wedemeyer von der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Daten zeigten, dass eine Schweineleber zumindest vorübergehend wichtige Leberfunktionen übernehmen könne. (dpa/ajo)

Verwendete Quellen: dpa