Was Patienten wissen solltenDiagnose unklar! Wie viele Zweitmeinungen bei Ärzten darf ich einholen?

Ein Arzt erkennt eine schwere Krankheit nicht, der Patient wird dementsprechend falsch behandelt und muss mit den fatalen Folgen leben – eine tragische Meldung, wie sie so oder ähnlich immer wieder in den Medien auftaucht. Betroffene raten dann eindringlich, sich immer eine zweite Meinung einzuholen. Aber kann ich das als Kassenpatient wirklich immer und so oft ich will? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Freie Arztwahl - im Prinzip
In der Tat: Als Kassenpatient hat man in Deutschland grundsätzlich das Recht, den Haus-, Kinder- oder Zahnarzt zu wechseln, wenn man das möchte. „Das ist im Recht auf freie Arztwahl geregelt“, erklärt der Medizinexperte Dr. Christoph Specht. „Wenn Ihnen ein Hausarzt sagt, dass Ihre Bauchschmerzen von einer bestimmten Mondkonstellation herrühren und Sie sich zu Recht entscheiden, in diesem Fall einen anderen Hausarzt aufzusuchen, dann können Sie das auf jeden Fall tun.“ Auch einen Facharzt können Kassenpatienten grundsätzlich bis auf einige Ausnahmen ohne Überweisung aufsuchen oder wechseln. In diesem Fall empfiehlt es sich allerdings, zur Sicherheit vorher bei der Krankenkasse nachzufragen. Doch wie fast immer gibt es auch hier Ausnahmen.
IM VIDEO: Apps statt Arztbesuch?
Hausarztzentrierte Versorgung soll "Ärzte-Hopping" eindämmen
Denn die freie Arztwahl bezieht sich für Kassenpatienten nur auf die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte, also Kassenärzte, wie das Bundesministerium für Gesundheit auf seiner Website informiert. Gesetzlich vorgesehen ist dabei nach wie vor, dass Versicherte ihren Arzt nur nach Beendigung des Kalendervierteljahres wechseln dürfen, und innerhalb nur, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Gängige Praxis ist jedoch, dass dies, durch die Einführung der Krankenversicherungskarte und den Wegfall der Praxisgebühr, nicht mehr so gehandhabt wird, wie uns die UPD Patientenberatung am Telefon bestätigt.
Ein daraus resultierende „Ärzte-Hopping“ nutzt aber weder den Ärzten noch den Patienten – die Belastung für das gesamte System steigt enorm. Um das zu verhindern, führte die Koalition aus SPD und Grünen 2003 die Praxisgebühr ein, die im November 2012 wieder abgeschafft wurde. Die sogenannte hausarztzentrierte Versorgung, kurz HZV, soll den gleichen Effekt haben – für Patienten, die ein Hausarztmodell mit ihrer Krankenkasse vereinbart haben, gelten andere Regeln beim Arztwechsel.
Ihre Meinung ist gefragt!
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Arzt besser nicht während einer laufenden Behandlung tauschen
In diesem Fall erhalten Patienten für die Tatsache, dass sie immer zuerst ihren Hausarzt aufsuchen, finanzielle Vorteile in Form von zum Beispiel geringeren Zuzahlungen für Hilfsmittel. Im Gegenzug binden sie sich gesetzlich für mindestens ein Jahr an diesen Arzt, ein Wechsel ist nur bei „nachhaltig gestörtem Vertrauensverhältnis“ möglich – und bei Praxisschließung oder Umzug. Zudem benötigen Patienten im Hausarztmodell eine Überweisung des Hausarztes zum Facharzt – mit Ausnahme für Gynäkologen, Augenärzte, Kinderärzte, Zahnärzte und bei Notfallbehandlungen. „Grundsätzlich ist es ratsam, den Arzt nicht während einer laufenden Behandlung zu tauschen“, riet Roland Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), im Januar 2022 im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
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Keine Neuaufnahme bitte! Neupatientenregelung macht Arztwechsel schwerer
Die Idee dahinter: Der Hausarzt soll als zentrale Anlaufstelle für den Patienten fungieren und damit eine Lotsenfunktion im Gesundheitssystem übernehmen. Das soll helfen, unnötige Arztbesuche und das sogenannte „Ärzte-Hopping“ zu vermeiden.
„Das machen viele Patienten aber trotzdem, mit der Folge, dass der Haus- oder Facharzt seine Leistungen gegebenenfalls nichts abrechnen kann“, sagt Medizinexperte Specht. Das wiederum führt dazu, dass Ärzte nur ungern neue Patienten aufnehmen, denn auf der Krankenversichertenkarte ist nicht ersichtlich, ob der Patient an dem Programm teilnimmt. Zum anderen würde auch der Wegfall der Neupatientenregelung in den Augen von Specht dazu führen, dass neue Patienten ungern aufgenommen werden – obwohl das Gegenteil erreicht werden sollte. Die Wahrscheinlichkeit steigt jedoch, wenn man bewusst angibt, eine Zweitmeinung zu einer Diagnose einholen zu wollen. „Viele tun das aber nicht, weil sie glauben, dass der Arzt dann befangen ist“, sagt Specht.
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In diesen Fällen müssen Sie für eine zweite Meinung selbst zahlen
Weitere klare Ausnahmen für Zweitmeinungen: Wenn es sich um eine rein präventive oder kosmetische Maßnahme handelt, die nicht medizinisch notwendig ist, muss man die Kosten für die Zweitmeinung selbst tragen. Auch bei einer Zweitmeinung von einem Arzt außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung, also von einem Privatarzt, müssen Sie die Kosten selbst tragen.

Zweitmeinung vor diesen Operationen gesetzlich gesichert
Die Zweitmeinung, so informiert uns Claudia Widmaier vom KV-Spitzenverband, hat zum Ziel, "Mengenausweitungen bei bestimmten Eingriffen, die sich nicht allein durch die Alterung und Morbiditätsentwicklung der Gesellschaft erklären lassen, in den Fokus zu rücken". Mit anderen Worten: Bei bestimmten Operationen geht der Gesetzgeber davon aus, dass viele unnötige oder vorschnelle Eingriffe vorgenommen werden. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes besteht derzeit bei folgenden Eingriffen ein gesetzlicher Anspruch:
Amputation bei diabetischem Fußsyndrom
Eingriffe an Gaumen- oder Rachenmandeln (Tonsillektomie, Tonsillotomie)
Eingriffe an der Wirbelsäule
Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie)
Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie)
Spiegelung des Schultergelenks (Schulterarthroskopie)
Herzkatheteruntersuchungen und Ablationen (Verödungen) am Herzen
Implantation von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren
Einsetzen einer Knieendoprothese
Übrigens: Mit diesem Trick kommen Sie schneller an einen Facharzt-Termin
Orthopäde, Hautarzt, Frauenarzt – die Liste an Fachärzten, die man immer wieder oder auch spontan braucht, ist lang. Die Zeit, bis man endlich einen Termin bekommt, ebenfalls. Dabei gibt es einen Trick, der uns ganz einfach einen schnellen Termin verschafft – einen Trick, den nur die wenigsten kennen dürften. (ija)