Andrei Piontkowski

Russischer Politologe im RTL-Interview: Putin wird das militärische Scheitern als Letzter begreifen

Andrei Piontkowski im RTL-Interview
Der russische Politologe Andrei Piontkowski im RTL-Interview
RTL

„Wie man so schön sagt, der Mann erfährt als Letzter, dass ihn seine Frau betrügt.“ So antwortet der russische Politologe Andrei Piontkowski im RTL-Interview auf die Frage, ob Wladimir Putin die aktuelle Situation der russischen Armee in der Ukraine bewusst sei. „Putin wird wahrscheinlich als Letzter begreifen, dass seine militärische Operationen misslungen ist.“, sagt der Experte.
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„Das riesige Territorium der Ukraine zu besetzen und zu kontrollieren, ist unmöglich“

Andrei Piontkowski schrieb mehrere Bücher über den russischen Präsidenten, unter anderem „Another look into Putin's soul“ (zu deutsch: Weiterer/Anderer Blick in Putins Seele). Nach einem Artikel über den Russland-Tschetschenien-Konflikt schaltete sich die russische Strafverfolgung gegen den als „extremistisch“ eingestuften Oppositionellen ein und Piontkowski verließ sein Heimatland.

Der Politologe ist überzeugt, dass Russland seine militärische Operation nicht erfolgreich abschließen kann: „Das riesige Territorium der Ukraine zu besetzen und zu kontrollieren, ist unmöglich.“ Ehemalige Mitglieder des russischen Generalstabs hätten den Krieg in der Ukraine ungewöhnlich scharf kritisiert, erklärt Piontkowski im RTL-Interview: „Sie haben diese militärische Operation nicht aus moralischer Sicht kritisiert, sondern als professionelle Militärexperten.“ Diese Kritik könnte später als Grundlage dienen, um sich zu rechtfertigen: „Die Generäle könnten sagen: Wladimir Wladimirowitsch, wir haben Sie gewarnt.“

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Wie Piontkowski sich einen russischen Kompromiss vorstellt

Doch wie könnte Russland aus der offenbar festgefahrenen Situation der „militärischen Spezialoperation“ in der Ukraine hinauskommen? „Ich bin jedoch überzeugt, das ist der Standpunkt des Generalstabs der russischen Armee: Dort meint man, der ursprüngliche Plan ist durchgefallen.“ Dass zum Beispiel Kiew nicht einzunehmen ist, sei die Meinung aller führenden Militärexperten der Welt“, erläutert der Politologe:

„Man müsse jetzt das Gesicht und den Ruf retten. General Ruzkoi hat es ganz deutlich formuliert: ‘Wir holen uns Donbass im Rahmen der Gebiete Donezk und Lugansk’. Nach dem Motto: Wir bekommen Donbass und lassen euch in Ruhe – so ein Kompromiss-Angebot seitens des Generalstabs.“

Nach Ansicht von Piontkowski könnten die Eliten in Russland und auch die militärische Führung mit diesem Kompromiss sehr gut leben: „Das kann man sehr gut der Bevölkerung verkaufen. Als erstes: Wir haben Donbass gerettet. Zweitens: Wir haben die Militärstruktur der Ukraine vernichtet. Drittens: Ukraine will jetzt nicht mehr Nato-Mitglied werden.“

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"Tödliche Variante" für Putin persönlich

Das lasse laut Piontkowski das Fazit zu: „Wir haben gesiegt und das war’s. Der Krieg ist beendet, die Völker von Donbass sind befreit.“ Diese Variante wäre der politischen Elite des Landes ganz recht, erklärt der frühere Oppositionelle, der überzeugt ist, dass auch die Gesellschaft diese Variante nicht erschüttern würde.

„Aber für Putin persönlich ist es eine tödliche Variante“, erklärt der Autor mehrerer Bücher über den russischen Präsidenten. Während die Eliten durch einen Kompromiss ihr Gesicht wahren könnten, sieht das bei Putin laut Piontkowski anders aus: „Er wird nicht sofort der Macht enthoben, aber sein Ruf wird drunter leiden. Er will ja stets als eine Art unbesiegbarer Macho auftreten. Und selbstverständlich wird er als Verlierer empfunden.“ Daher sieht Piontkowski Putin als Hindernis auf dem Weg zu „einem vernünftigen Kompromiss“, aber auch die Ukrainer, die den feindlichen Angriff und das Leid für ihr Land bestraft sehen wollten. (swi)

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