Trauerfeier nach Mord an Zehnjähriger im Kinderheim
Als Lieblingslied von getötetem Mädchen ertönt, brechen Familie und Freunde in Tränen aus

„Wir stehen hier mit leeren Händen“, beginnt Pfarrer Dr. Thomas Vogl den Trauergottesdienst für die getötete Zehnjährige aus dem bayerischen Wunsiedel. Die Eltern des Mädchens, ihre Mitschüler, Mitbewohner des Kinderheims, Mitglieder der Wasserwacht und Jugendfeuerwehr – sie alle sind in die Basilika Waldsassen gekommen, um sich zu verabschieden. Als das Lieblingslied der Zehnjährigen „Ich wollte nie erwachsen sein“ von Peter Maffay ertönt, fließen viele Tränen. „Die Trauer war kaum auszuhalten“, sagt RTL-Reporterin Michaela Johannsen, die bei dem Gottesdienst dabei war.
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Bewegender Abschied in Wunsiedel: Mädchen lag morgens tot in Zimmer
„Der Schock sitzt tief, auch nach so langer Zeit. Zu der Trauer mischt sich dann auch Abscheu und Wut und Zorn. Der Tod eines Kindes ist schrecklich. Für die Eltern ist er eine Katastrophe.“ Mit diesen Worten versucht Pfarrer Vogl in seiner Predigt auf die Gefühle der Anwesenden einzugehen. Auch die Tatsache, dass ein 25-Jähriger für den Tod des Mädchens (mit-) verantwortlich sein soll, lässt er nicht unerwähnt. „Was alles passiert ist, was das alles auslöst, man kann das kaum in Worte fassen (...) Auf viele Fragen hat es eine Antwort gegeben. Auf viele wird es keine geben“, so Vogl.
Die Zehnjährige war in der Nacht zum 4. April ums Leben gekommen. Am Morgen wurde sie tot im Zimmer in der Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung in Wunsiedel gefunden. Eine natürliche Todesursache schloss die Polizei aus, deshalb begannen die Ermittlungen.
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Mädchen in Kinderheim getötet - Ermittlungen gehen weiter
Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft sitzt der verdächtige 25-Jährige inzwischen in Untersuchungshaft. Gegen ihn bestehe der Verdacht eines Tötungs- und Sexualdeliktes. Aufgrund von Spuren sei der Mann aus dem Landkreis Wunsiedel am 27. April vorläufig festgenommen worden. Allerdings schwieg er nach Angaben vom Freitag bislang zu den Tatvorwürfen.
Weiterhin im Fokus steht ein elf Jahre alter Junge, der zusammen mit dem zehn Jahre alten Opfer in dem Kinderheim in Wunsiedel gelebt hatte. Wenige Tage nach der Tat hatten Polizei und Staatsanwalt mitgeteilt, man gehe von einer Tatbeteiligung des Jungen aus. Er habe zwar inzwischen bei Anhörungen geredet - allerdings nichts zur Tat selbst gesagt, hieß es von den Behörden. Weil der Elfjährige nicht strafmündig ist, wurde er in einer gesicherten Einrichtung präventiv untergebracht.
Die „Soko Park“, die in dem Fall ermittelt, hat 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie müssen sich um viele weitere offene Fragen kümmern: Der genaue Tatablauf müsse ebenso geklärt werden wie die Motivlage. Bisher sei auf dem weitläufigen Areal und in den Gebäuden der Einrichtung umfangreiches Spurenmaterial gesichert worden.

Selbstgebastelte Blumen und Seifenblasen zum Abschied von getötetem Mädchen aus Wunsiedel
Neben all der Trauer versuchte Pfarrer Vogl in seinem Gottesdienst aber auch an die schönen Zeiten im Leben des Mädchens zu erinnern. „Da sind so viele Spuren von Lebensfreude, dass man von einem Leben träumt, wie es sein könnte. Sie hat davon etwas in sich getragen“. So sei die Zehnjährige begeisterte Musikerin gewesen, habe Klavier und Gitarre gespielt. Seit drei Jahren war sie Mitglied bei der Wasserwacht und der Jugendfeuerwehr, zitiert RTL-Reporterin Johannsen aus der Predigt.
In den Fürbitten bedankten sich die Kinder der Regenbogengruppe und die Betreuer des Kinderheims in Wunsiedel für die gemeinsame Zeit, für all die fröhlichen Momente und für alles, was sie von der Zehnjährigen lernen durften. Am Ende der Trauerfeier gingen Mitschülerinnen zum Altar und legten ein Kondolenzbuch und selbstgebastelte Blumen nieder. Kinder der Regenbogengruppe verteilten Seifenblasen an alle Kinder. Sie sollen mit den Farben des Regenbogens an den Tod ihrer Freundin erinnern. Denn den Tod, so sagt es auch Pfarrer Vogl, „der Tod sollte nie das letzte Wort haben“.