Die Einwohner der bevölkerungsreichsten Insel Spaniens sind frustriert

Um Touristen von Teneriffa fernzuhalten, rufen Inselbewohner zum Hungerstreik auf

Die Uferpromenade von Los Cristianos auf Teneriffa ist ein bliebtes Urlaubergebiet. Vor der Küste ankern Segelschiffe, am Strand sonnen sich die Badegäste und in den Restaurants und Bars sind vor allem viele Touristen aus Großbritannien anzutreffen. Los Cristianos, 18.11.2021
Teneriffa hat im Jahr 2023 die Zahl von 6,5 Millionen Touristen überschritten, die höchste Zahl in der Geschichte der Insel.
R4179 Christoph Hardt/Geisler-Fotopres, Foto: Geisler-Fotopress/Hardt

Geht diese Aktion auf der spanischen Insel zu weit?
Die Bewohner der bevölkerungsreichsten Insel Spaniens haben es offenbar satt! Sie wollen die vielen Sauf- und Billigtouristen auf Teneriffa loswerden und rufen jetzt sogar zum Hungerstreik auf – und das, obwohl der Tourismus für sie überlebenswichtig ist…

Unbefristeter Hungerstreik auf Teneriffa startet mit zehn Aktivisten

20 Bürgerinitiativen haben sich zusammengeschlossen und nennen sich die „Canarias se agota“ – übersetzt: Die Kanaren haben genug. Am Donnerstag starten sie einen unbefristeten Hungerstreik, an dem zunächst zehn Aktivisten teilnehmen – in der Hoffnung, dass sich jetzt endlich etwas in der Tourismuspolitik ändert. „Jede Person, die sich der Menschenkette anschließt, sendet eine starke Botschaft an die Regierung: Die Kanaren sind nicht bereit, weiterhin ihre Zukunft zu opfern“, heißt es in einem Facebook-Post der Gruppe.

Mit Protesten und Graffitis wie „Esta es nuestra tierra“ – übersetzt: „Das ist unser Land“ – wollen die Einwohner Menschen abschrecken, die dort eigentlich nur ihren Urlaub genießen wollen. Doch wie wohl fühlt man sich an einem Ort, wo man derart unerwünscht ist, dass Einwohner sogar an der Strandpromenade Touristen beschimpfen und mit Schlägen bedrohen? „Geh zurück nach Hause“, schreien mehrere Menschen, die sich dort versammelt haben.

Spanierin auf Teneriffa über Tourismus: „Ich fühle mich nicht mehr wohl“

Die Tourismusphobie nehme immer mehr zu, stellte der Radiosender Cadena Ser fest. Auch auf den anderen größeren Inseln, wie etwa Fuerteventura, Gran Canaria, Lanzarote oder La Palma, wo es von britischen und deutschen Touristen wimmelt, soll die Lage sehr angespannt sein. Die Gründe für dieses hasserfüllte Verhalten sind unter anderem Wohnungsnot, Staus, überfüllte Gebiete, Preisanstiege und Wassermangel.

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„Ich fühle mich nicht mehr wohl“, sagte Vicky Colomer (63) zur britischen Daily Mail. „Es ist, als ob alles für britische und deutsche Touristen gemacht ist, die nur billiges Bier trinken, in der Sonne liegen und Burger und Pommes essen wollen“, meinte die Spanierin, die auf Teneriffa lebt. Die Insel sei einst ein „Paradies“ gewesen. „Jetzt ist es das nicht mehr – und das macht mich wütend.“ Die 63-Jährige wünsche sich mehr „qualitativ hochwertigere Touristen“, die die Kultur und das Essen wirklich erleben und die Natur respektieren.

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Gegen Massentourismus: „Eines der größten Proteste in der Geschichte der Region“ geplant

14 Millionen Menschen kamen allein aus dem Ausland im letzten Jahr auf die Kanaren – Tendenz steigend. Von dem Massenbesuch profitieren aber nur wenige. „Die Armut nimmt zu, die Lebensqualität ab, auf den Straßen sieht man so viele Obdachlose wie nie zuvor“, behauptete Aktivist Rubén Pérez im Gespräch mit der Digitalzeitung Vozpópuli. Man nähere sich dem „sozialen und ökologischen Kollaps“. Die Bedürfnisse der Bevölkerung werden nicht mehr berücksichtigt, meinte sein Kollege Jaime Coello in der Zeitung La Provincia. „Alles scheint in den Dienst des Tourismus gestellt zu werden.“

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Am 20. April sind auf Teneriffa Großdemos angekündigt. Die Organisationen planen offenbar mit „einem der größten Proteste in der Geschichte der Region“, heißt es. Ihr Ziel: Baustopp für Hotels und Golfplätze in ursprünglich geschützten Naturgebieten, die Einführung einer Übernachtungssteuer und eine bessere Regulierung von Ferienwohnungen.

Außerdem fordern die Aktivisten, dass die Regierung die Industrie und Landwirtschaft stärker fördert, damit die Bevölkerung wirtschaftlich nicht mehr so stark abhängig ist - vom Tourismus, der immerhin 35 Prozent des Bruttoinlandprodukts und 40 Prozent aller Arbeitsplätze ausmacht. (gsc, mit dpa)