Afghanistan-Krieg

Taliban greifen Kabul an: Deutsche Botschaft wird evakuiert

Islamisten greifen Afghanistans Hauptstadt an

In Afghanistan haben die Taliban nach Angaben des Innenministeriums den Angriff auf die Hauptstadt Kabul gestartet. Die Islamisten stießen von allen Seiten vor, teilte das afghanische Ministerium am Sonntag mit. Die deutsche Botschaft in Kabul wurde geschlossen, wie das Auswärtige Amt am Sonntag mitteilte. Das Personal wurde zum militärischen Teil des Flughafens in der afghanischen Hauptstadt verlegt, wie Außenminister Heiko Maas (SPD) am Sonntag auf Twitter mitteilte.

Deutsche sollen Afghanistan so schnell wie möglich verlassen

„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dort inzwischen eingetroffen und stellen ihre Arbeitsfähigkeit her“, erklärte Maas. Für den Nachmittag habe er erneut den Krisenstab der Bundesregierung einberufen. Es gehe darum, „Sofortmaßnahmen zur Sicherung und zur Ausreise deutscher Bediensteter und weiterer gefährdeter Personen aus Afghanistan auf den Weg zu bringen“. Die Sicherheitslage habe sich drastisch verschlechtert, hieß es in einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Deutsche Staatsangehörige werden aufgefordert, Afghanistan zu verlassen.

Auch der afghanische Präsident Aschraf Ghani hat das Land inzwischen verlassen. Das sagte der Vorsitzende des Nationalen Rats für Versöhnung, Abdullah Abdullah, in einer auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft. Die Taliban sind nach eigenen Angaben in den Präsidentenpalast eingedrungen und haben die Kontrolle über das Gebäude übernommen. Die afghanische Regierung bestätigte die Angaben der zwei Taliban-Befehlshaber zunächst nicht.

Taliban in Gesprächen mit afghanischer Regierung?

Das afghanische Präsidialamt teilte auf Twitter mit, dass rund um Kabul Schüsse zu hören gewesen seien. Die Sicherheitskräfte hätten die Lage aber unter Kontrolle.

Die Taliban wiederum sollen nach eigenen Angaben in Gesprächen mit der afghanischen Regierung über eine friedliche Übergabe der Hauptstadt Kabul sein. Man werde keine Rache üben, sagte ein Taliban-Sprecher. Allen, die der Regierung oder im Militär gedient hätten, werde vergeben. Zivilisten müssten das Land nicht aus Angst verlassen.

Die USA haben unterdessen mit der Evakuierung ihrer Botschaft in der afghanischen Hauptstadt Kabul begonnen. Die Evakuierung sei zunächst mit einer kleinen Gruppe gestartet worden, aber auch der Großteil des Personals sei zum Abzug bereit, teilten zwei US-Vertreter mit.

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Nach Abzug der westlichen Truppen ergreifen die Taliban die Macht

Ein Taliban-Kämpfer in der Stadt Ghazni.
Ein Taliban-Kämpfer in der Stadt Ghazni.
MI/SEC, REUTERS, STRINGER

Nach gut 20 Jahren haben die westlichen Truppen Afghanistan Anfang August verlassen. Die Bundeswehr hat das Feld schon geräumt, die Amerikaner folgen bis Ende des Monats. Die Afghanen sind auf sich gestellt und alles deutet auf eine erneute Machtergreifung der islamistischen Taliban hin. Jetzt haben sie die Hauptstadt Kabul angegriffen und rücken weiter vor.

Noch vor einer Woche sagte Dr. Ellinor Zeino, Leiterin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kabul, im Interview mit RTL: „Wir leben aber in einer völligen politischen Ungewissheit, was in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommen wird.“ Jetzt entwickelt sich die Lage katastrophal. Zu den Gewissheiten zählt, dass die Taliban in den Provinzen auf dem Vormarsch sind und inzwischen die Hälfte des Landes kontrollieren. Erst vor wenigen Tagen haben sie sich zu einem Anschlag im Zentrum Kabuls bekannt, dem zahlreiche Menschen zum Opfer fielen.

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Am Sonntag kam heraus: Die Bundeswehr wird an diesem Montag mit der Evakuierung deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte aus Kabul beginnen. Mehrere Transportmaschinen vom Typ A400M sollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in die afghanische Hauptstadt fliegen und die Menschen in Sicherheit bringen. Fallschirmjäger sollen den Einsatz absichern.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Samstag erklärt, sie könne zu operativen Details des Einsatzes keine Auskunft geben. Diese Linie wurde am Sonntag nochmals vom Ministerium bestätigt. Kramp-Karrenbauer hatte angesichts des raschen Vorrückens der Taliban mitgeteilt: „Es hat jetzt absolute Priorität, dass wir die zu Schützenden sicher nach Deutschland bringen.“

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Aschraf Ghani im März während seiner Amtseinführungszeremonie im Präsidentenpalast in Kabul.
deutsche presse agentur