Im Krisenmodus
Schwierige Gespräche, bunte Teppiche und schräge Töne: Der Kanzler auf Afrika-Besuch

Drei Tage, zwei Länder. Der Bundeskanzler ist in Äthiopien und Kenia unterwegs. Es geht um Migration, die Konflikte in der Region und ums Klima.
Über schwierige Gespräche, bunte Teppiche und schräge Töne.
Kenia ist enger Partner von Deutschland

Bundeskanzler Scholz schreitet in Nairobi allein die Ehrenformation ab – Begrüßung mit militärischen Ehren gehören bei Staatsbesuchen dazu, dass Scholz allein über den Teppich schreitet ist eher ungewöhnlich. Dazu schmettert die Militärkapelle in roten Uniformen und Mützen aus Affenfell auf dem Kopf die deutsche Hymne. Mit dem ein oder anderen schrägen Tönchen dazwischen.
Für Scholz ist der Besuch in Kenia ein angenehmer. Das Land ist der engste Partner Deutschlands in Ostafrika. Das Land steht, anders als viele andere afrikanische Staaten, fest an der Seite Deutschlands und Europas, wenn es um Russland und den Ukrainekrieg geht.
Beim Besuch in Nairobi geht es auch um die Themen Migration und Fachkräfte. Kenia ist ein Land mit einer jungen, oft gut ausgebildeten Bevölkerung – doch die Zukunftsperspektiven sind schlecht, die Jugendarbeitslosigkeit hoch. Deutschland braucht Fachkräfte, Kenia würde gerne davon profitieren. Die Frage ist, wie man die jungen Kenianerinnen und Kenianer aus- und weiterbilden kann. Die Migrationsabkommen, die die Bundesregierung abschließen will, sollen dann nach dem Prinzip funktionieren: Deutschland bekommt auf legalem Wege Fachkräfte, das Herkunftsland muss dafür die abschiebepflichtigen aus Deutschland wieder zurücknehmen. Eine Idee, die Kenia unterstützt.
Kenia könnte Vorreiter beim grünen Wasserstoff werden

Das andere große Thema sind die Erneuerbaren Energien. Kenia produziert einen großen Teil seiner Energie aus Erneuerbaren und könnte irgendwann auch Vorreiter beim „grünen Wasserstoff“ werden. Und den braucht Deutschland, wenn es seine Industrie klimaneutral umbauen will.
Am ersten Tag seiner Reise ist Scholz in Äthiopien, ein wesentlich schwierigerer Besuch. Dabei ist zumindest die Begrüßung sehr farbenfroh. Der Teppich erstrahlt in grün mit gelben Blumen - es dürfte der bunteste und ungewöhnlichste sein, über den Bundeskanzler Olaf Scholz als Regierungschef bisher gelaufen ist: Klassisch wäre rot, blau gab es auch schon – bunte Blumen sind neu. Der Kanzler verzieht jedenfalls keine Miene als er aus dem Flieger steigt: Blumenstrauß, Gang über den Teppich weiter zum ersten Termin.
Besuch bei der Afrikanischen Union, es geht um die Krise im Sudan, um die Auswirkungen des Ukrainekrieges auf die Region, aber eben auch um mehr Mitbestimmung für die afrikanischen Staaten. Scholz will die Afrikanische Union in die G20 holen. „Das gebietet der Respekt vor dem Kontinent und seinen vielen Staaten und auch seiner wachsenden Bevölkerung“, sagt Scholz.
Der andere Grund für seinen Besuch in Äthiopien ist ein Treffen mit dem Regierungschef Abiy Ahmed. Einst gefeierter Hoffnungsträger auf dem afrikanischen Kontinent, inzwischen ein umstrittener Staatschef. Noch bis November 2022 tobte im Norden-Äthiopiens ein blutiger Bürgerkrieg, hunderttausende sind getötet worden. Kriegsverbrechen werden allen Kriegsparteien vorgeworfen, aber eben auch Abiys Armee.
In Äthiopien wird Scholz nicht mit offenen Armen empfangen
Olaf Scholz will den Friedensprozess unterstützen, darauf hinwirken, dass noch mehr passieren muss. Dass die Verbrechen aufgeklärt werden müssen. Ob das gelingt ist aber tatsächlich völlig ungewiss. Mit offenen Armen wird Scholz allerdings nicht gerade empfangen. Es gibt keine militärischen Ehren, wie sonst bei solchen Besuchen üblich. Es gibt auch keine Pressekonferenz – offenkundig wollte das die äthiopische Seite nicht. Auch Auftaktbilder vom Treffen der beiden Regierungschefs sind nicht möglich. Die äthiopische Regierung verfährt mit diesem Besuch eher nach dem Motto: Gehen Sie bitte weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Dabei bemüht sich die Bundesregierung trotz allem wieder um bessere Beziehungen zu dem ostafrikanischen Land. Es gilt als wichtiger Stabilitäts- und Sicherheitsfaktor in der Region. Das fällt unter die Überschrift Realpolitik.
Es ist ein Kurztrip im Krisenmodus: Klimawandel, Migration, Konflikte. In Kenia wird Scholz am Samstag noch ein Vorzeigeprojekt besichtigen. Das größte Geothermie-Kraftwerk Afrikas. Zumindest die Fahrt dorthin soll malerisch sein. Zum Schluss also ein paar schöne Eindrücke für Olaf Scholz, bevor in Berlin dann Flüchtlingsgipfel und Heizungsstreit warten.
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