Pandemie hat die Vorratslager schrumpfen lassenRTL-Reporter begleitet eigene Spende: Was passiert mit unserem Blut?

von Thorsten Sleegers

Die Blutspendedienste rufen verstärkt zum Spenden auf. Durch die Corona-Pandemie hat die Spendenbereitschaft nämlich deutlich nachgelassen. Dabei ist der Bedarf - gerade an selteneren Blutgruppen – sehr groß. Ich bin selbst seit vielen Jahren Blutspender und habe für eine TV-Reportage den Weg meines eigenen Blutes von der Spende bis hin zum Einsatzort verfolgt.

"Ich hatte kein eigenes Blut mehr im Körper"

Während meiner Dreharbeiten lerne ich Yvonne Hässig aus Langenfeld kennen. Die zweifache Mutter hatte nach der Geburt ihrer zweiten Tochter sehr starke Blutungen. Mehr als 20 Transfusionen waren nötig, um sie zu retten. „Ich hatte kein eigenes Blut mehr im Körper. All diese Menschen haben mir das Leben gerettet“, erzählt mir die 37-Jährige bei meinem Besuch. Dieses Erlebnis hat Spuren hinterlassen. Aus Dankbarkeit ist sie heute ehrenamtliche Mitarbeiterin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), und ihr Mann Marc geht seitdem auch regelmäßig zum Spenden. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie auch in Ausnahmesituationen Leben gerettet werden können.

Lese-Tipp: Blutspenden – das sollten Sie wissen!

Was passiert mit meinem Blut nach der Spende?

Das will ich mir als Reporter einmal ganz genau anschauen und melde mich zur Blutspende im bergischen Kürten an. Der große Bürgersaal ist an diesem Tag zum Spendenzentrum hergerichtet worden. Das DRK ist in vielen Städten und Gemeinden mobil unterwegs.

Ich war zuletzt 2019 beim Blutspenden. Durch die Pandemie gab es oft lange Warteschlangen und ein mulmiges Gefühl hatte ich ebenfalls. So scheint es vielen Menschen in Deutschland ergangen zu sein. Das DRK beschreibt die Pandemie als „Achterbahnfahrt“, weil nie klar war, ob Spendentermine durchgeführt werden dürfen oder nicht. Durch Online-Reservierungen – auch über eine App möglich – ist inzwischen alles wieder fast wie früher.

500 ml Blut werden mir aus der Armvene entnommen, eine sogenannte Vollblutspende. Den kleinen Piks spüre ich kaum, Ein Arzt und eine Ärztin sind jederzeit ansprechbar, sollte ich mich unwohl fühlen. Die eigentliche Spende dauert keine zehn Minuten, für das gesamte Prozedere sollte man aber eine knappe Stunde einplanen. Jeder, der spendet, muss einen Fragebogen zur eigenen Gesundheit ausfüllen, wird ärztlich untersucht und muss nach der Spende noch eine kurze Ruhepause einlegen.

Danach werden alle Blutspenden direkt ins Zentrallabor des Blutspendedienstes West in Hagen gebracht.

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14.000-15.000 Spenden täglich

So viel Blut ist nötig, um den Bedarf der Kliniken und Krankenhäuser zu decken. Das Blut wird für Operationen benötigt, vor allem aber auch für die Krebstherapie. Blutplasma, das in Krankenhäusern nicht mehr verwendet werden kann, geht in die Pharmaindustrie und wird dort zur Herstellung von Medikamenten genutzt, etwa für sogenannte Blutdrucksenker.

Auch meine Spende ist im Zentrallabor angekommen. In einem riesigen Labor werden zunächst die Blutgruppen zugeordnet. Das läuft vollautomatisch über Maschinen ab. Außerdem wird jede Spende auf Krankheiten hin getestet, die über das Blut übertragen werden können, wie etwa Hepatitis oder HIV. Die Sicherheit des Empfängers hat hier oberste Priorität. Aus den einzelnen Spenden werden die roten Blutkörperchen heraus gefiltert, und schließlich geht der Beutel mit der Spende an die Krankenhäuser.

Insider kritisiert DRK-Blutspenden als Geldmacherei

Geld gibt es für meine Spende keins. Das mache ich aus persönlicher Überzeugung. Im besten Fall kann ich damit einem anderen Menschen helfen und außerdem würde ich mich ja auch freuen, wenn ich in einer Notsituation eine Blutgruppe bekomme, die zu meiner passt.

Ein Insider aus dem Gesundheitswesen sagt, dass gerade seltene Blutgruppen, wie etwa Null negativ, viel zu teuer verkauft würden. „Die werden teilweise bei fünf Liter Blut mit 5.000 Euro gehandelt, und die normalen Blutspenden kosten zwischen 80, 270, 300 Euro je 500 ml“, erzählt er mir im Interview. Wer in Kliniken oder Krankenhäusern Blut spende, bekomme teilweise Aufwandsentschädigungen bis zu 45 Euro und nicht nur ein Brötchen und ein Getränk. Scharfe Kritik in Richtung DRK.

Das sagt, es gäbe keine Preiskategorisierung der einzelnen Blutgruppen, man würde lediglich rationieren bei den eher seltenen Gruppen. Das hänge aber auch immer von der Verfügbarkeit ab.

Außerdem koste der ganze Aufwand viel Geld, und das System finanziere sich nun mal durch Spenden.

Fakt ist aber auch, dass in Deutschland täglich bis zu 800 Blutkonserven entsorgt werden müssen, weil sie nicht mehr haltbar sind. Eine Künstliche Intelligenz soll das künftig verhindern. Forscher der FH Dortmund und der Uni-Klinik Essen haben ein System entwickelt, das sogar Voraussagen für benötigte Blutgruppen treffen kann. Beispiel: Im Frühjahr gibt es vermehrt schwere Motorradunfälle. Die KI kennt die Statistiken der letzten Jahre und kann so vorausschauend berechnen, was benötigt wird.

Mein Blut ist am Einsatzort

Nur wenige Tage nach meiner Blutspende habe ich die Benachrichtigung bekommen, dass mein Blut in einem Kölner Krankenhaus zum Einsatz gekommen ist. Es ist ein schönes Gefühl helfen zu können, vor allem mit dem Wissen, dass bereits eine Blutspende bis zu drei Menschenleben retten kann.