Druck auf die Behörden wächstNach RTL-Recherchen: Suche nach giftigen Weichmachern - Trickserei bei Sonnencremes die Ursache?

von Sonja Kolonko, Anja Twellsieck, Emrah Elden und Anne Saha

Der von RTL-Reportern aufgedeckte Weichmacher-Skandal schlägt weiterhin hohe Wellen!
Und seit die Presse verstärkt darüber berichtet, wächst auch der Druck auf die Behörden, nach den Ursachen des Problems zu suchen. Das Umweltbundesamt (UBA) vermutet, dass Sonnenschutzmittel eine Rolle spielen könnten. Ob man jetzt auf Sonnencreme verzichten sollte, erklärt eine Expertin im Video.
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Hormonspezialist: „Das ist vergleichbar mit einem Arsenfund“

Der Stein kam ins Rollen, als das RTL-Magazin EXTRA zusammen mit dem Toxikologen Dr. Holger Koch im Urin einer Familie Spuren eines Weichmachers entdeckte, der bei uns eigentlich längst verboten ist: das Phthalat MnHexP (Mono-n-hexyl-Phthalat).

Schnell war klar: Das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Eine Behörde in Nordrhein-Westfalen fand den Stoff auch im Urin von Kindergartenkindern.

„Es handelt sich nach den Ergebnissen von Tierversuchen um einen fortpflanzungsgefährdenden Stoff“, erklärt Marike Kolossa vom Umweltbundesamt. Er wirkt hauptsächlich auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Stoffe aus dieser Gruppe könnten aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht erhöhen, wie weitere Tierversuche zeigen.

Auch Wissenschaftler wie der renommierte Hormonspezialist Professor Dr. Josef Köhrle von der Berliner Charité zeigen sich besorgt:

„Das ist vergleichbar mit einem Arsenfund oder als hätte ich einen krebserregenden Stoff. Da muss nachgesehen werden, was da Sache ist.“

Jeder Dritte in Deutschland betroffen: „Suche nach der Quelle ist Detektivarbeit“

Und es kommt noch dicker: Laut einer UBA-Veröffentlichung von vergangener Woche sind 37 Prozent der Deutschen, also vermutlich mehr als 30 Millionen Menschen, mit dem verbotenen Stoff belastet. Das ist mehr als jeder Dritte.

Die Suche nach der Quelle des Schadstoffs sei Detektivarbeit, sagt Kolossa.

„Wir haben den Fragebogen in der noch laufenden sechsten Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit so aufgesetzt, dass wir aufgrund von Hypothesen Fragen stellen.“

Aufgrund von Erkenntnissen über andere Phthalate sei unter anderem gefragt worden: „Wie häufig benutzen Sie Sonnenschutzmittel?“ Das UBA arbeitet eng mit den EU-Behörden zusammen, um das Ausmaß des Problems in Europa zu erfassen und Maßnahmen zu ergreifen.

Gibt es wirklich einen Zusammenhang zwischen UV-Schutz und Weichmachern?

Das wollen auch wir herausfinden und bitten Menschen aus verschiedenen Regionen Deutschlands um eine Urinprobe. Wo sind die Konzentrationen am höchsten?

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Wenden manche Hersteller etwa Tricks an?

Vielleicht laufen aber auch alle unsere Labortests ins Leere, weil die Hersteller Tricks anwenden, wie Kolossa gegenüber RTL vermutet: „Wir müssen jetzt herausfinden, wo das herkommt und ob das, was wir da messen, tatsächlich ein Abbauprodukt dieses Weichmachers ist, wie wir vermuten. Oder ob nicht vielleicht jemand ein großes Molekül gebastelt hat, von dem eine Seitenkette abgebrochen ist. Man kann rein theoretisch auch Moleküle basteln, die zwar unserer Gesetzgebung entsprechen, sie aber indirekt umgehen.“

Die Suche geht also weiter! (ija)