Nächtliche Recherchen zu PKW-Brandserie laufen aus dem RuderReporterteam versehentlich verhaftet: Schwere Vorwürfe gegen Polizei Dortmund

Plötzlich verdächtig!
Zwei Reporter des Dortmunder Online-Portals Nordstadtblogger recherchieren zu einer ungeklärten Serie von nächtlichen Autobränden in der Stadt. In der Nacht vom 22. auf den 23. August legen sie sich in der Nähe der Tatorte selbst auf die Lauer. Doch die Polizei hält sie für Verdächtige, nimmt sie 16 Stunden in Gewahrsam und durchsucht sogar die Wohnung einer der Männer. Die Polizei rechtfertigt ihr Vorgehen. Die Gewerkschaft ver.di fordert dagegen lückenlose Aufklärung und sieht die Pressefreiheit in Gefahr.
Polizei Dortmund nimmt Journalisten fest: "Zu Fall gebracht und am Boden fixiert"
Für die Beamten sei vor Ort nicht erkennbar gewesen, dass die Personen Journalisten sein könnten, hieß es seitens der Polizei. Die beiden Männer hätten sich „verdächtig“ verhalten, indem sie das Umfeld der Tatorte ausgekundschaftet hätten, zitiert die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) aus der Stellungnahme. Zwar habe sich Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange bei den Reportern und der Redaktion für die „entstandenen Unannehmlichkeiten“ entschuldigt. Das Verhalten der Beamten bezeichnete er demnach aber dennoch als „absolut nachvollziehbar“.
Von völlig überzogenem Vorgehen spricht hingegen ver.di. „Die Brutalität mit der die beiden Kollegen aufgegriffen wurden und die in einem Fall dazu führte, dass ein Rettungswagen gerufen werden musste, schockiert uns“, schrieb die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung. Die Journalisten sollen der Darstellung zufolge „zu Fall gebracht und mit dem Kopf auf dem Boden fixiert“ worden sein, obwohl sie keinerlei Widerstand geleistet hätten. Und auch das weitere Handeln der Behörden sei unverhältnismäßig gewesen.
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Festgenommene Journalisten in Dortmund: Debatte um Polizeigewalt
Insbesondere die Tatsache, dass die Männer „nur aufgrund ihrer Anwesenheit in Tatortnähe“ 16 Stunden festgehalten wurden, kritisiert ver.di. „Andere Indizien lagen unserer Kenntnis nach nicht vor. Es hätte somit viel früher festgestellt werden können, dass sie nur im Rahmen ihrer Recherchetätigkeit vor Ort waren. Parallel wurde eine Wohnung aufgebrochen, obwohl die Schlüssel der Polizei vorlagen und Arbeitsmaterial beschlagnahmt“, so die Gewerkschaft. Die in der Wohnung beschlagnahmten Handys, Laptops, Speicherkarten, Festplatten und Kameras wurden laut ver.di erst auf anwaltliches Wirken hin freigegeben und die Daten von den Polizeiservern gelöscht.
Die Polizei sieht das anders: „Die Polizei Dortmund ist verpflichtet, gesetzliche Normen und rechtsstaatliche Prinzipien einzuhalten. (…) Nach dem Gleichheitsprinzip ist jeder Einzelfall als solcher zu prüfen. Hier sind Grundrechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit natürlich elementar, deshalb ergeht ein Durchsuchungsbeschluss wie erwähnt auch durch ein ordentliches Gericht“, hieß es in einer Stellungnahme auf Anfrage von Nordstadtblogger.
Nach Festnahme von Reportern: Pressefreiheit in Gefahr?
Ver.di fordert, den Fall eingehend aufzuklären und bezweifelt, dass das Vorgehen verhältnismäßig war. „Die Pressefreiheit ist ein unermesslich hohes Gut für unsere Demokratie, dessen Schutz immer mit in die Wahl von Maßnahmen einfließen muss“, erklärte Christof Büttner, zuständig für die Fachgruppe Medien in ver.di NRW.
Und weiter: „Wenn Journalistinnen und Journalisten Sorge haben müssen, im Rahmen ihrer Berichterstattung von der Polizei in Gewahrsam genommen und über Stunden festgehalten zu werden, beschneidet sie das eindeutig in der Ausübung ihrer Tätigkeit und damit am Ende auch die Pressefreiheit.“
Der Fall um Brandstiftung in Dortmund scheint übrigens vor der Klärung. Am 1. September nahm die Polizei die mutmaßliche Brandstifterin fest. Die 18-jährige Dortmunderin sitzt nun in Untersuchungshaft. (sbl)
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