Was Eltern jetzt tun können
Rebound-Effekt – warum jetzt viele Kinder erkältet sind
Achtung: RSV-Infektionen auf Vormarsch
Atemwegsinfekte durch andere als Sars-CoV-2-Viren sind infolge des Lockdowns im letzten Winter fast vollständig ausgeblieben. Dafür werden bei Kindern seit dem Sommer jahreszeitlich untypisch vermehrt RSV-Infektionen (RSV = Respiratorisches Syncytial-Virus) aber auch normale Erkältungen beobachtet. Auch Influenza-Erkrankungen waren bis in den Juli auf dem Vormarsch, sind aber zuletzt wieder abgeflaut. Aber jetzt ist Herbst und der Winter kommt noch - sowohl die RSV- als auch die Grippesaison und Erkältungssaison stehen noch bevor. Was können Eltern jetzt tun?
Ungewöhnlich hohe Zahl an Erkältungserkrankungen
Sie husten, haben Halsschmerzen und im schlimmsten Fall kann es zu Atemnot kommen: Derzeit erkranken ungewöhnlich viele Kinder am RS-Virus. Und das Respiratorische Syncytial-Virus (RSV) kann zu schweren und bedrohlichen Atemwegserkrankungen führen - für Kinder gefährlicher als Sars-CoV-2. Aber auch andere Erkältungskrankheiten und sogar verfrühte sommerliche Grippe-Wellen werden beobachtet.
LESE-TIPP: Droht eine Infektionswelle durch das RS-Virus?
„Die niedergelassenen Kinderärzte beobachten in ihren Praxen eine für die Jahreszeit ungewöhnlich hohe Zahl an Erkältungserkrankungen“, bestätigt Kinderarzt Dr. Stefan dem Ärzteblatt. Der Grund: Durch den Lockdown, Kontaktbeschränkungen und strenge Hygiene ist das Immunsystem aus dem Training gekommen. Mediziner sprechen hier von einem sogenannten Rebound-Effekt - zu vergleichen etwa mit einem Boomerang, der irgendwann mit gleicher Geschwindigkeit wieder auf einen zurast.
IM VIDEO: Dr. Specht erklärt - das hilft bei Erkältung wirklich
30 weitere Videos
Empfehlungen unserer Partner
Rebound-Effekt wurde zuerst in Israel festgestellt
Eines der ersten Signale für diese Pandemiemaßnahmen-Effekte in Sachen Atemwegsinfekte gab es aus Finnland, berichtet das Ärzteblatt. Bereits im Frühjahr 2020 führten die zu einem abrupten Ende der Influenzasaison und schon damals gab es weniger respiratorische Infekte bei Kindern. Erste Reboundeffekte vermeldeten dann Kinderärzte aus Israel. Das Land begann sehr früh mit der Impfkampagne, bereits im Dezember 2020. Im Februar 2021 wurden die Schulen wieder geöffnet. In der Universitätsklinik in Ashdod, einem Krankenhaus mit Kinderintensivbetten, ließ sich prompt im Mai und Juni 2021 ein Anstieg der bedrohlichen RSV-Fälle nachweisen, wie Wissenschaftler im Juli berichteten.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen relevanten Inhalt der externen Plattforminstagram, der den Artikel ergänzt. Sie können sich den Inhalt einfach mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder ausblenden. Weitere Einstellungenkönnen Sie imPrivacy Centervornehmen.
Das Immunsystem der Kinder holt jetzt Infekte nach - und das ist gut so
Corona ist auf dem Rückzug - doch andere für Kinder potenziell gefährlichere Viren auf dem Vormarsch. Was können Eltern von Kita- und Schulkindern in dieser Situation tun? "Kinder holen die verpassten Infekte jetzt nach", sagt Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht. "Und dagegen kann man auch nichts tun - es sei denn, sie weiterhin voneinander fernzuhalten wie im Lockdown, und das will keiner."
LESE-TIPP: Erkältung und Grippe treffen uns nach Corona härter
Für viele Eltern sei es vielleicht eine komische Zeit jetzt, gerade wenn es sich um das erste Kind handele: "Plötzlich stellen sie fest, dass Kinder mehrmals im Jahr eine Rotznase haben." Der Arzt betont: "Wir müssen einfach verstehen, das betrifft auch Corona, dass Viren zu uns Säugetieren einfach dazu gehören - unser Genom besteht zu einem großen Teil Virusgenom. Viren gab es vor uns und Viren wird es wahrscheinlich auch nach uns noch geben."
Gewappnet sein - wegen der chronisch schlechten Versorgungssituation
Trotzdem, so Dr. Martina Lenzen-Schulte im Ärzteblatt, gilt es "gewappnet zu sein, falls deutlich mehr Kinder als bisher erkranken – und diese dann schwerer". Denn die Lungenentzündungen, die sich aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern entwickelten, verliefen erkennbar milder als jene, die aufgrund vieler anderer respiratorischer Viren entstehen. Wissenschaftler prognostizieren: Länder, in denen ein ganzes Jahr die herkömmlichen Infekte durch Viren wie RSV und Influenzaviren ausgeblieben sind, erwartet ein „harter Rebound“. Das sei nicht zuletzt aufgrund der chronisch schlechten Versorgungssituation in deutschen Kinderkliniken zu bedenken. (ija)
AUCH INTERESSANT: Dauer-Pandemie, Grippe oder Erkältung: Was wird aus dem Corona-Virus?
Seit rund anderthalb Jahren stellt das Coronavirus die Welt auf den Kopf. Immer klarer ist geworden: Verschwinden wird es wahrscheinlich nicht mehr. Welche Szenarien erwarten Forscher stattdessen? An einen Gedanken müssen wir uns alle wohl oder übel gewöhnen: Fachleute gehen davon aus, dass das Coronavirus vorerst nicht ausgerottet werden kann. Aber wird die herausgehobene Stellung, die Sars-CoV-2 seit rund anderthalb Jahren einnimmt, irgendwann ein Ende haben? Welche Risiken drohen noch?