Sie kam extra aus der Reha, um gegen Frank P. auszusagen

Polizistin überlebte Horrorexplosion in Ratingen nur knapp: „Ich habe Benzin geschmeckt“

ARCHIV - 11.05.2023, Nordrhein-Westfalen, Ratingen: Polizeibeamte mit Gasmasken und Feuerwehrleute stehen vor einem Hochhaus in Ratingen. Dem Angeklagten wird neunfacher versuchter Mord vorgeworfen. Er soll Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter mit Benzin überschüttet und angezündet haben. (zu dpa «Neunfacher Mordversuch: Prozess um Explosion in Ratingen beginnt») Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Der Angeklagte Frank P. steht wegen neunfachen versuchten Mordes in Düsseldorf vor Gericht.
ve mhe pil liv fc, dpa, Rolf Vennenbernd
von Johanna Grewer und Ulrich Klose

IHR Auftritt bewegt alle...
Die 26-Jährige hat elf schwere Operationen hinter sich – viele weitere werden nochfolgen.Trotzdem ist die Polizistin gekommen, um gegen den Mann auszusagen, der sie fast getötet hätte: Frank P. steht in Düsseldorf vor Gericht. Als sich Einsatzkräfte im Mai nach einem Notruf Zugang zu seiner Wohnung in Ratingen verschafften, löste er eine verheerende Explosion aus. Die Polizistin stand damals mit vor seiner Wohnung. Sie wird so schwer verletzt, dass der Notarzt schon glaubte, sie würde keine 15 Minuten überleben.

Polizistin beeindruckt mit ihrer starken, sachlichen Aussage vor Gericht

Es ist ein beeindruckender Auftritt, den die heute 26-Jährige vor Gericht hinlegt. Die junge Frau trägt einen Mantel, weiße Handschuhe und Mütze. Ein Schal verhüllt Hals und Mund. Trotzdem sind die starken Brandnarben in ihrem Gesicht zu sehen. Beim Gehen stützt sich die 26-Jährige auf einen Stock.

Lese-Hinweis: Kollegen des Feuerwehrchefs riefen: „Hier liegt eine Polizistin, die stirbt gerade"

Die Polizistin, die fast bei lebendigem Leib verbrannt wäre, würdigt Frank P. keines Blickes und spricht eine Viertelstunde lang ruhig und sachlich, an was sie sich erinnern kann. Sie war am 11. Mai eine der ersten Einsatzkräfte im Haus des 57-Jährigen. Auf Bodycam-Aufnahmen hört man sie noch sagen, der Anwohner sei wohl „ein bisschen Banane“ und habe im Haus schon jemanden geschlagen. Kurz danach eskaliert die Situation.

Lese-Hinweis: Nachbar: „Ich sah, wie sie die Polizistin gelöscht haben. Und ihr die Klamotten ausgezogen haben"

HANDOUT - 12.05.2023, Nordrhein-Westfalen, Ratingen: Blick auf den Hausflur eines Hochhauses in Ratingen. Nach Behördenangaben waren am Donnerstag in Ratingen mehr als 30 Menschen verletzt worden, davon mehrere lebensgefährlich, als es im zehnten Stock eines Hochhauses zu der Explosion kam. (zu dpa: «Explosion in Ratingen: Verdächtiger war Behörden bekannt») Foto: -/Polizei Mettmann/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit dem genannten Text und nur bei vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
In diesem Hochhausflur in Ratingen passierte die schwere Explosion, die die Polizistin fast ihr Leben gekostet hätte.
exa, dpa, -

26-Jährige lag nach Brandanschlag zwei Monate im Koma

Viel weiß sie nicht mehr. Ihr sei eine langhaarige Gestalt entgegengekommen. Plötzlich sei alles um sie nass gewesen. „Ich habe Benzin geschmeckt“, erinnert sich die Frau. Was dann passiert sei, habe sie nicht richtig realisiert. Sie sei noch brennend die Treppe in dem Hochhaus nach unten gelaufen – im Krankenwagen habe sie dann das Bewusstsein verloren. Während sie aussagt, starrt der Angeklagte teilnahmslos vor sich hin. Als wäre er der Einzige, der nichts mit der Situation zu tun hat.

Dass die Polizistin heute im Gerichtssaal stehen kann und überhaupt etwas erzählen kann, grenzt an ein Wunder. Die Polizeibeamtin lag zwei Monate lang im Koma. Nun kämpft sie sich in einer Reha-Klinik mühsam ins Leben zurück. Die Frage, ob sie je wieder arbeiten wird, kann die Frau nicht beantworten. Darüber hat sich die 26-Jährige noch keine Gedanken gemacht. An Normalität ist noch lange nicht zu denken.

Lese-Hinweis: Frank P. übergoss Einsatzkräfte mit Benzin - Polizistin (25) kämpft sich nun zurück ins Leben!

24.11.2023, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Der Angeklagte (l) kommt neben seinem Anwalt Frank Schubert (M) in den Gerichtssaal. Wegen einer verheerenden Explosion in einem Hochhaus in Ratingen muss sich ein 57 Jahre alter Deutscher vor dem Landgericht Düsseldorf verantworten. Bei der Explosion vor sechs Monaten wurden mehrere Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst zum Teil schwer verletzt. Foto: Oliver Berg/dpa Pool/dpa - ACHTUNG: Person(en) wurde(n) aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Der Angeklagte Frank P. steht wegen neunfachen versuchten Mordes in Düsseldorf vor Gericht.
obe mre, dpa, Oliver Berg
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Polizeibeamte wollte unbedingt gegen Frank P. aussagen

Trotzdem war es ihr wichtig, bei dem Prozess gegen Frank P. dabei zu sein. Dafür hat sie sich extra aus der Reha abholen lassen. Sie wollte unbedingt aussagen, damit er seine gerechte Strafe bekommt. Nachdem sie die Fragen des Gerichts beantwortet hat, nimmt die Polizistin neben ihrem Vater im Saal Platz, der sie zum Prozess begleitet hat.

Die Polizei wollte am 11. Mai in Frank P.s Wohnung nach dem Rechten sehen, weil Verwesungsgeruch und ein überquellender Briefkasten gemeldet worden waren. Die Einsatzkräfte hätten die Scheibe der Wohnungstür eingeschlagen, erklärte ein 32 Jahre alter Notfallsanitäter, der ebenfalls als Zeuge vor Gericht aussagt. Plötzlich hätten sich die Ereignisse überschlagen.

Lese-Hinweis: Brennende Rettungskräfte, Waffen, Prepper-Szene, neun Mal versuchter Mord

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Frank P. lebte wochenlang mit der Leiche seiner Mutter in der Wohnung

Der Mann in der Wohnung sei auf die Einsatzkräfte zugelaufen und hätte sie mit mehreren Litern Benzin beschüttet. Als er die hochentzündliche Flüssigkeit in Brand setzte, kam es zur Explosion. Der Feuerball verletzte zwei Polizisten, vier Feuerwehrleute, zwei Rettungssanitäter und einen Notarzt zum Teil lebensgefährlich. Acht der neun Opfer würden absehbar bleibende Schäden zurückbehalten, hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt.

Lese-Hinweis: Brandsatz-Anschlag von Ratingen: Ein Überblick der Ereignisse

In der Wohnung fanden die Ermittler später die skelettierte Leiche von P.s 91 Jahre alter Mutter. Sie soll mehrere Wochen vorher verstorben sein. Dem Angeklagten wird versuchter Mord in neun Fällen vorgeworfen. Ein Urteil könnte am 11. Januar 2024 fallen. Dem Angeklagten droht eine lebenslange Haftstrafe. (mit dpa)