Was die Verantwortlichen zum Vorwurf sagen Bewohner klagt an! Das Pflegeheim lässt mich nicht bei meiner Lebenspartnerin übernachten

Altenpfleger schiebt einen Rollstuhl im Pflegeheim durch eine Tuer || Modellfreigabe vorhanden
Ein Pflegeheimbewohner aus dem Ruhrgebiet gibt an, dass er nicht bei seiner Lebenspartnerin übernachten darf. (Symbolfoto)
picture alliance

„Das ist eine Schweinerei“, sagt Andreas Kannenberg verzweifelt. Seit Februar 2021 lebt der Pflegebedürftige in einem Pflegeheim in Gelsenkirchen, die Kosten für seine Unterbringung trägt das Sozialamt. Gerne würde er regelmäßig bei seiner Lebenspartnerin übernachten, doch angeblich haben ihm Mitarbeiter der Einrichtung von externen Übernachtungen bei seiner Freundin abgeraten. Der Grund: Die Kostenübernahme stehe dann auf wackeligen Füßen. Kannenberg will das nicht akzeptieren: „Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagt er im RTL-Gespräch. Muss er wirklich um die Kostenübernahme fürchten, wenn er am Wochenende die Nächte bei seiner Lebensgefährtin verbringt?
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Wird Pflege jetzt für alle unbezahlbar?

Pflegeheim-Bewohner bangt um Kostenübernahme: Wegen Übernachtungen bei der Partnerin?

„Denen geht es nur ums Geld, das ist ihnen wichtiger als das Wohl der Pflegebedürftigen“, ärgert sich der 55-Jährige, der seit 13 Jahren mit seiner Lebenspartnerin zusammen ist. Seit Februar 2021 lebt der 55-Jährige in einer Pflegeeinrichtung, und das wirkt sich auch auf seine Partnerschaft aus.

Früher war er in der Verkehrsabsicherung auf Baustellen tätig, bis ihm die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung machte und er ins Hartz-IV-System abrutschte. Seit Jahren leidet der Gelsenkirchener unter starken Durchblutungsstörungen, dann musste auch noch sein halber linker Fuß amputiert und auf der rechten Seite Fußzehen entfernt werden. Der 55-Jährige sitzt im Rollstuhl und wird in der Unterkunft nach Pflegestufe zwei betreut. Gerne würde er öfter mal am Wochenende bei seiner Lebenspartnerin in Duisburg übernachten. Doch laut seiner Aussage riet man ihm in seinem Pflegeheim davon ab.

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Pflegeeinrichtung reagiert auf Vorwurf: „Pflege- und Lebenssituation ist komplex“

Auf RTL-Anfrage reagiert das Altenheim, streitet die Vorwürfe des Mannes jedoch ab.

„Beginnend möchte ich Ihnen versichern, dass das Wohl und die emotionale Zufriedenheit der uns anvertrauten Seniorinnen und Senioren im Vordergrund steht, vor jeder finanziellen Notwendigkeit. Bei auftretenden Missverständnissen oder einer unklaren Kommunikation stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern jederzeit mehrere verantwortliche Führungskräfte zur Verfügung. Die Pflege- und Lebenssituation des Herrn Kannenbergs ist derart komplex, dass ich Ihnen, auch aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten, an dieser Stelle keine detaillierte Antwort geben kann. Klarstellen möchte ich, dass eine solche Aussage in keiner Weise durch eine autorisierte Person unseres Unternehmens getätigt wurde“, so der Pressesprecher in der Stellungnahme.

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Sozialamt erklärt, wann die Allgemeinheit nicht mehr für Pflegeheim-Kosten aufkommen kann

Wie so oft steht nun Aussage gegen Aussage. Doch muss Andreas Kannenberg tatsächlich um die Kostenübernahme durch das Sozialamt fürchten, wenn er außerhalb übernachtet?

„Natürlich können die Bewohner einer Pflegeeinrichtung diese auch verlassen. Jedoch gibt es dazu Regelungen, die im Sozialgesetzbuch 12 klar festgehalten sind. Demnach können Bewohner bis zu 42 Tage im Kalenderjahr die Unterkunft verlassen“, erklärt Martin Schulmann, Pressesprecher der Stadt Gelsenkirchen auf RTL-Anfrage. Alles, was darüber hinaus gehe, sei schwer zu rechtfertigen, wenn die Allgemeinheit für die Kosten der Einrichtung aufkommen würde. Schließlich sei die Person dann womöglich gar nicht in diesem Maße pflegebedürftig.

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Trotz eindeutiger Rechtslage: Pflegeheim-Bewohner will Unterkunft verlassen

Für Andreas Kannenberg ist klar, dass er nie vorhatte, die Einrichtung über einen so langen Zeitraum zu verlassen: „Jetzt weiß ich wenigstens Bescheid, wie die Rechtslage ist und habe Gewissheit“, sagt der Pflegebedürftige im RTL-Gespräch.

Trotzdem hat der Gelsenkirchener den Entschluss gefasst, die Einrichtung bis zum Monatsende zu verlassen und zu seiner Lebenspartnerin zu ziehen. Wie seine Betreuung dort gewährleistet werden kann, sei noch in Klärung. Gekündigt hat er schon, noch bis zum 31. Oktober läuft der Vertrag mit dem Pflegeheim. Dann freut er sich, endlich mehr Zeit mit seiner Liebsten zu verbringen.

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