Nach Fackelaufmärschen und Morddrohungen
Was tut die Politik gegen die Corona-Gegner-Radikalisierer?
Die Corona-Kritiker und ihr Spaltungspotenzial: Wie viel Sprengstoff in der aktuell wieder angespannte Corona-Lage steckt, zeigen die Ereignisse der vergangenen Woche. Fackelaufmärsche und Morddrohungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Jetzt will die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser härter gegen gewaltbereite Corona-Skeptiker vorgehen.
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Martialische Szenen in Thüringen
Es sind Bilder, die an die dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte erinnern. Fackeltragende Demonstranten versammeln sich in der thüringischen Kleinstadt Greiz und skandieren „Wir sind das Volk“ und „Widerstand, Widerstand“. Einige liefern sich Handgemenge mit der Polizei. Diese Szenen zeigen nur zu deutlich, wie aufgeheizt die Stimmung innerhalb eines Teiles der deutschen Gesellschaft ist.
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Allerdings bleibt es nicht bei friedlichen Aufmärschen und Demonstrationen. Vor wenigen Tagen erst marschierte ein wütender Mob mit Fackeln zum Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping und protestierte dort lautstark. Köpping selbst verurteilte die Proteste als Versuch sie einzuschüchtern.
RTL-Reporter: Radikale sind eine Minderheit
Radikale Corona-Leugner rufen zu Mord auf
Doch auch bei solchen Einschüchterungsversuchen bleibt es nicht. In Chats des Messengerdienstes Telegram rufen verschiedene radikale Corona-Leugner immer wieder dazu auf, Adressen, Telefonnummern und andere private Details wie Autokennzeichen zu veröffentlichen.
Auch am Grund lassen sie keinen Zweifel. „300.000 Demonstranten. Darüber lachen sich die Politiker nur eins. Aber wenn 30 Leute mit Fackeln vor der eigenen Tür stehen, dann jammern sie von einem Angriff auf die Demokratie. Was 300.000 Leute nicht schaffen, schaffen also 30 mit Leichtigkeit. Zeit etwas öfter vor deren Haustür zu erscheinen.“
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Maier: Gewalt ist "widerlich"
Dass gewaltbereite Demonstranten auch weiter gehen würden, steht indes wohl außer Frage. Immer wieder gibt es in den Chats auch Morddrohungen gegen verschiedene Politiker, wie z.B. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Bei Polizisten bleibt es nicht mal bei Drohungen. Regelmäßig werden sie bei Anti-Corona-Protesten mit Feuerwerkskörpern und Flaschen angegriffen.
Thüringens Innenminister Georg Maier veruteilte solche Vorfälle im RTL-Interview scharf und bezeichnete Angriffe auf Polizisten als „widerlich“. Deshalb sei es auch wichtig zu zeigen, dass der Rechtsstaat solche Ausschreitungen nicht dulde, so Maier. Gleichzeitig müsse man aber immer verhältnismäßig agieren, damit die Gewalt nicht unnötig eskaliere.
Bundesregierung will Telegram offenbar überwachen lassen
Die neue Bundesregierung und allen voran Bundesinnenministerin Nancy Faeser wollen sich solche Szenen und Drohungen gegen Politiker nicht länger gefallen lassen. „Gegen Hetze, Gewalt und Hasse im Netz müssen wir entschlossener vorgehen“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Bundesamt für Justiz habe gegen Telegram zwei Verfahren wegen Verstoß gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geführt, auf die Telegram nicht reagiert habe. „Das wird diese Bundesregierung so nicht hinnehmen“, so Faeser.
Und auch Bundeskanzler Olaf Scholz will eine härtere Linie fahren. „Drohungen müssen wir mit aller Schärfe entgegentreten" so Scholz in der „Bild am Sonntag“.
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Bundesjustizministerium will Telegram als Soziales Netzwerk überwachen
Auch der neue Bundesjustizminister Marco Buschmann will offenbar schon bald klare Kante zeigen. Der Messengerdienst Telegram sei ein soziales Netzwerk, das auch als solches reguliert werden müsse, so eine Sprecherin des Ministeriums. Allerdings deutete das Justizministerium an, dass es schwierig werden könne, ein Unternehmen zu sanktionieren, das seinen Sitz in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat. Das Bundesamt für Justiz habe gegen Telegram bereits zwei Bußgeldverfahren eröffnet, weil es keinen klaren Meldeweg und keinen Verantwortlichen in Deutschland benenne.
RTL-Reporter: Überwachung von Telegram nicht so einfach möglich
Ähnlich schwierig sieht das auch RTL-Hauptstadtkorrespondent Holger Schmidt-Denker. „Es gibt Datenschutzbestimmungen, die erst einmal verhindern, dass der Staat oder Ermittlungsbehörden in solche Messengerdienste hineinschauen.“ Soetwas gehe nicht von jetzt auf gleich. Allerdings gebe es nach seiner Einschätzung auch keine Alternative, wenn man solche Szenen wirksam verhindern wolle.
Reul: "Corona-Leugner spalten Deutschland nicht"
Weitaus seichtere Töne kommen derweil aus der Opposition von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Auch er sieht zwar eine drohende Gefahr, die von der Szene ausgeht, bezweifelt jedoch deren Sprengkraft. „Ich glaube spalten, das geht zu weit“, so Reul im RTL-Interview. „Es ist eine kleine Gruppe, aber es ist ein ernst zu nehmender Teil.“ Es brauche deshalb auf der einen Seite klare Kante und polizeiliches Durchgreifen. Man müsse aber auch weiter argumentieren, so Reul. (sst)
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