Russland-Ukraine-Konflikt wird das zentrale Thema

Münchner Sicherheitskonferenz beginnt - ohne Russland

Reden über Russland, aber nicht mit Russland - so könnte das inoffizielle Motto der Münchner Sicherheitskonferenz lauten. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten schickt Moskau keine offizielle Delegation. Der Westen befasst sich alleine mit der Ukraine-Krise.
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So brenzlig war die Sicherheitslage in Europa schon lange nicht mehr

Zu den prominentesten Rednern in den nächsten drei Tagen werden Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Vizepräsidentin Kamala Harris und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zählen. Russland ist dagegen zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren nicht mit einer offiziellen Delegation dabei.

So brenzlig wie diesmal war die Sicherheitslage in Europa vor dem weltweit wichtigsten Expertentreffen zur Sicherheitspolitik schon lange nicht mehr. Die Entspannungssignale, die Kanzler Scholz am Dienstag noch bei seinem Antrittsbesuch in Moskau vernommen hat, scheinen längst wieder verflogen zu sein. Die Sorge vor einem russischen Angriff auf die Ukraine wächst wieder.

Biden warnt vor Invasion "in den nächsten paar Tagen"

Kay Nietfeld
Außenministerin Annalena Baerbock und US-Außenminister Antony Blinken.
deutsche presse agentur

Russland sagt zwar, es ziehe einen Teil seiner Truppen von der ukrainischen Grenze ab. Gleichzeitig warnt US-Präsident Joe Biden aber vor einer Invasion "in den nächsten paar Tagen". Und US-Außenminister Antony Blinken erläutert vor dem UN-Sicherheitsrat, wie ein Angriffsvorwand konstruiert werden könnte. "Dies könnte ein gewaltsames Ereignis sein, das Russland gegen die Ukraine vorbringen wird, oder eine unerhörte Anschuldigung, die Russland gegen die ukrainische Regierung erheben wird", sagt er.

Blinken wird am Freitag in München erwartet und im Tagungshotel Bayerischer Hof mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock auf der Bühne sitzen, um über die Ukraine-Krise zu reden.

Am Samstag haben dann Scholz, Selenskyj und Harris das Wort. Außerdem stimmen sich dann die Außenminister der führenden demokratischen Wirtschaftsmächte über das weitere Vorgehen ab. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und die Spitzen der EU werden in der bayerischen Hauptstadt erwartet.

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Stammgast Lawrow nicht bei Sicherheitskonferenz

MOSCOW, RUSSIA - FEBRUARY 17, 2022: Russia s Foreign Minister Sergei Lavrov gives a press conference following his meeting with Italy s Foreign Minister Luigi Di Maio at the Russian Foreign Ministry s Reception House. Alexander Shcherbak/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY TS123CA7
In den letzten Jahren hatte Außenminister Sergej Lawrow zu den treuesten Gästen von Konferenzleiter Wolfgang Ischinger gehört. Diesmal nimmt Russland nicht teil.
www.imago-images.de, imago images/ITAR-TASS, Alexander Shcherbak via www.imago-images.de

Russland ist dagegen außen vor. "Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass sich die Konferenz in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem transatlantischen Forum gewandelt hat", begründete die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, die Absage. Das Expertentreffen habe seine Objektivität und die Einbindung anderer Sichtweisen verloren.

In den letzten Jahren hatte Außenminister Sergej Lawrow zu den treuesten Gästen von Konferenzleiter Wolfgang Ischinger gehört. Zwar betont auch Lawrow immer noch täglich die Bereitschaft, mit den USA, der Nato und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) über ein neues Nebeneinander auf dem Kontinent zu sprechen. Allerdings erfolgt dies nun vor allem schriftlich.

Baerbock beklagte, dass Russland nicht an der Konferenz teilnimmt. "Gerade in der aktuellen, extrem bedrohlichen Lage, wäre es so wichtig gewesen, auch russische Vertreter in München zu treffen. Es ist ein Verlust, dass Russland diese Möglichkeit nicht nutzt", sagte sie vor ihrer Abreise. Sie bot Russland erneut Gespräche über eine Deeskalation der Lage an. "Auch Millimeterschritte Richtung Frieden sind besser als große Schritte Richtung Krieg", sagte sie.

Biden berät mit Verbündeten am Telefon

Während Blinken in München erwartet wird, will US-Präsident Joe Biden mit Verbündeten über das weitere Vorgehen beraten. Themen der Telefonschalte heute sollten unter anderem die Aufstockung der russischen Truppen an der Grenze zur Ukraine und weitere diplomatische Bemühungen sein, hieß es aus dem Weißen Haus.

Neben Kanadas Premierminister Justin Trudeau sollen führende Politiker aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und Rumänien an dem Gespräch teilnehmen, teilte Trudeaus Büro mit. Auch die Europäische Union und die Nato seien vertreten.

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Rund 30 Staats- und Regierungschefs in München

Neben der Ukraine-Krise wird es in München auch um andere Themen gehen. Aber selbst die ganz großen Fragen dieser Zeit wie Klimawandel, Digitalisierung und der Systemwettbewerb zwischen Demokratie und Autokratie werden wohl angesichts der akuten Gefährdung des Friedens in Europa in den Hintergrund rücken.

Eröffnet wird die Konferenz von UN-Generalsekretär António Guterres. An dem weltweit wichtigsten Expertentreffen zur Sicherheitspolitik nehmen insgesamt 30 Staats- und Regierungschefs teil, außerdem mehr als 80 Minister.

Die Konferenz tagt unter strengen Corona-Auflagen. Statt der sonst mehr als 2.000 Teilnehmer sind diesmal nur 600 zugelassen. Sie alle müssen geimpft sein und täglich einen PCR-Test machen. (dpa/eku)