Bund und Länder beraten über den weiteren Kurs in der Energiekrise
Entlastungen ja - aber wer zahlt es am Ende?
Die gestiegenen Energiepreise sind ein großes Problem für Verbraucher und Unternehmen. Der Bund plant weitere Entlastungen. Daran sollen sich die Länder beteiligen - die haben Fragen und Erwartungen. Auch wenn die dicksten Streitpunkte wie die Gasumlage abgeräumt sind und mit dem 200 Milliarden-„Wumms“ eine gewisse Ruhe eingebracht wurde – ums Geld geht’s am Ende trotzdem. Heute berät Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der Länder über den weiteren Kurs in der Energiekrise.
Die Länder erwarten von Scholz und seiner Ampel-Regierung Klarheit über die geplante Gaspreisbremse und die Finanzierung diverser Entlastungsmaßnahmen. Bundespolitiker wiederum haben die Erwartung, dass die Länder die Entlastungspläne mittragen.
Vor Ministerpräsidentenkonferenz: "Es wird vor allem ums Geld gestritten"
Berlin-Korrespondentin Katharina Kuhnert erklärt, wo die Streitpunkte zwischen Bund und Ländern liegen.
„Die Ampel hat geliefert"

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Bundesländer vor den Beratungen über die Finanzierung der geplanten Entlastungen aufgefordert, ihren Beitrag zur Krisenbewältigung zu tragen. „Man muss sich gegenseitig helfen. Aber es kann auch nicht sein, dass, wenn ich das in aller Höflichkeit so sagen darf, Länder einfach Koalitionsvorhaben umsetzen, Haushaltsüberschüsse erzielen - und der Bund ist in tiefen roten Zahlen und muss Krisenmanagement machen“, sagte der FDP-Politiker im ZDF-“Morgenmagazin“. „Ich denke, die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass alle staatlichen Ebenen ihren Beitrag dazu leisten, dass unser Land ohne großen Schaden durch diese Zeiten kommt.“
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Ich bin sicher, dass Bund und Länder die offenen Fragen gemeinsam klären werden und die Entlastungen auf den Weg bringen, die Unternehmerinnen und Bürger so dringend brauchen.“ SPD-Chef Lars Klingbeil sagte der „Rheinischen Post“: „Die Ampel hat geliefert. Und ich erwarte, dass jetzt auch die Konservativen auf Länderebene diesen Ruck nicht ausbremsen.“
Der Bund will Verbraucher und Unternehmen mit einem Maßnahmenpaket von bis zu 200 Milliarden Euro vor hohen Energiepreisen wegen des Ukraine-Kriegs schützen. Die Preise für Gas und Strom sollen gedeckelt werden. Für Firmen soll es Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen geben. Die Hilfen sollen über Kredite finanziert werden. Zudem geht es um die Umsetzung des vom Bund geplanten dritten Entlastungspakets mit einem Volumen von 65 Milliarden Euro.
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Konzept für die Gaspreisbremse
Noch ist etwa unklar, wie die Gaspreise gedeckelt werden. „Ich hoffe sehr, dass der Bund uns da in seine Pläne hineinschauen lässt. Es wäre nicht gut für die Menschen im Land, wenn der Bund damit weiter hinter dem Berg halten würde. Wir brauchen da Klarheit“, forderte der nordrhein-westfälische Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag im RTL/ntv-Frühstart (im Video). Zudem forderte Wüst den Bund auf, klar zu definieren, wie stark man die Gaspreise drücken könne: „Der Bund stellt 200 Milliarden ins Schaufenster und er wird sich ja etwas dabei gedacht haben, welche Zielgröße definiert ist. Wenn wir das wissen, können wir alles Weitere viel besser besprechen miteinander.“
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland bislang sei den Ländern allein das Volumen von 200 Milliarden Euro zur Deckelung der Energiepreise bekannt. Die Länder arbeiteten konstruktiv mit, um die Energiekrise zu bekämpfen. Aber der Bund müsse die Länder weiter finanziell unterstützen: „Der 200-Milliarden-Schirm kann nicht dazu führen, dass die Länder jetzt im Regen stehen.“
Finanzierung der Wohngeldreform
Strittig ist auch, wie die von der Bundesregierung geplante, deutliche Ausweitung des Wohngelds finanziert werden soll. Ab Januar soll der staatliche Mietzuschuss um durchschnittlich 190 Euro pro Monat steigen - außerdem soll er an 1,4 Millionen Bürger mehr gezahlt werden. „Der Bund möchte da viel machen, dann soll er es auch selber bezahlen“, sagte Wüst. Bisher wird das Wohngeld hälftig von Bund und Ländern finanziert, doch die Länder wollen nicht länger mitmachen.
Finanzierung der 9-Euro-Ticket-Nachfolge
Auch nach dem Ende des 9-Euro-Tickets soll es ein bundesweites ÖPNV-Ticket geben, zu einem Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Details sollen die Länder untereinander ausmachen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) bot an, dafür die sogenannten Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro jährlich zu erhöhen. Die Länder halten das auch angesichts der hohen Energiepreise für zu wenig, um dauerhaft einen attraktiven Nahverkehr anbieten zu können.
Finanzierung der Aufnahme von Flüchtlingen
Hunderttausende Menschen sind vor dem russischen Krieg aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Die Länder verlangen, dass der Bund seine Zusage aus dem Frühjahr einlöst, sie stärker bei den Kosten für die Unterbringung und Betreuung zu unterstützen. Wüst sagte im RTL/ntv-Frühstart: „Da werden mehr und mehr Menschen zu uns kommen, die in den kaputten Wohnungen große Probleme haben, da jetzt zu leben. Also werden Menschen zu uns kommen müssen.“ Deswegen müsse jetzt über die Finanzierung von u.a. Unterkünften gesprochen werden, sagte Wüst: „Der Staat muss jetzt seine Finanzierung klären, damit da keine Probleme entstehen. Das Wort des Kanzlers gilt, ich bin ganz sicher.“
Zusätzliche Entlastungen
Vor dem von Scholz als „Doppelwumms“ bezeichneten 200-Milliarden-Euro-Paket hatten die Länder weitere Entlastungen ins Spiel gebracht. Dazu zählen etwa die Stundung von Steuerzahlungen vor allem von Unternehmen und der Schutz von Mietern vor Kündigung, wenn sie Nebenkosten und Miete nicht bezahlen können. Unklar ist, ob solche Forderungen im Gespräch mit dem Bund auf den Tisch kommen. (eku)
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