RTL-Reporter werden aus der Ukraine abgezogenLive-Schalte aus dem Auto: Als Kiew attackiert wird, müssen auch wir weg

von Esther Kusch

Es ist Krieg in der Ukraine. Unsere Reporter berichten seit Tagen unter anderem aus Kiew über den Konflikt. Doch der Krieg ist nicht mehr nur in der östlichen Ukraine spürbar, plötzlich ist es auch in der Hauptstadt nicht mehr sicher. In den frühen Morgenstunden müssen unsere Reporter raus, raus aus der Stadt. Flugverbindungen gibt es nicht mehr. Es geht nur noch mit dem Auto. Im Hintergrund hören sie immer wieder Artilleriebeschuss.
Die Straße Richtung Westen, Richtung Polen ist hoffnungslos überfüllt, Jürgen Weichert, Stephan Richter und Nadja Kriewald und ihre Teams brechen in Richtung Südosten auf, Richtung Rumänien. Wie geht es ihnen? Was fühlen sie bei einem solchen Einsatz im Kriegsgebiet? Wie haben sie sich geschützt? Und was empfinden sie beim Rückzug aus der Hauptstadt?
Video-Tipp: Stephan Richter schaltet aus dem Auto: „Wir haben uns schweren Herzens entschlossen, Kiew zu verlassen – es war lebensgefährlich“
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker

„Wir haben jetzt eine andere Form von Krieg"

Nadja Kriewald berichtete aus Kiew.
Nadja Kriewald berichtete aus Kiew.
RTL, RTL, RTL

„Wir haben alle ein mulmiges Gefühl“, erzählt Nadja Kriewald. Sie ist wie die anderen auch eine erfahrene Reporterin, hat schon aus Bürgerkriegsgebieten wie Syrien, Irak, Afghanistan und Libyen berichtet. Doch dieser Einsatz ist anders für sie: „Wir haben jetzt eine andere Form von Krieg, das hier ist ein Angriffskrieg. Wir haben mit Russland einen Aggressor.“

Die Reporter fahren zudem mit gemischten Gefühlen raus aus Kiew. „Wir sind hier, um zu berichten, um zu zeigen, was mit dem Menschen hier passiert,“ so Nadja Kriewald. Ähnlich sieht das auch Reporter Jürgen Weichert. „Es ist unser Beruf, hier zu berichten, aber die Sicherheitslage hat es so erfordert.“

" Alles steht bereit, so dass man schnell hineinschlüpfen kann"

Jürgen Weichert in Kiew
Reporter Jürgen Weichert: „Mich hat berührt, dass viele Menschen schon vor acht Jahren ihre Heimat, ihre Häuser im Osten der Ukraine verlassen haben. Sie sind aus politischen Gründen nach Kiew gegangen, und jetzt müssen sie schon wieder vor Putin fliehen.“
RTL, RTL, RTL

Und so haben sie sich schon in der Nacht zum Freitag auf das Schlimmste eingestellt. Die Badewanne war voller Wasser, falls die Versorgung unterbrochen ist, sie hatten genug Bargeld im Portemonnaie, etwas Essen im Hotelzimmer, die Koffer waren gepackt. „Ich habe fast angezogen geschlafen, nur die Hose und die Schuhe standen neben dem Bett“, erzählt Nadja Kriewald. Und Jürgen Weichert sagt: „Es ist wie bei einem Feuerwehrmann, der Dienst hat: Alles steht bereit, so dass man schnell hineinschlüpfen kann.“

Haben oder hatten sie Angst? Nein, Angst nicht. Mit einer Bombardierung des Hotels haben sie nicht gerechnet. Und doch waren sie im Hotel dem Krieg sehr nahe. Im ersten Hotel nahe des Regierungsbezirks war das Team um Jürgen Weichert plötzlich ohne Hotelpersonal. „Die hatten Angst, die sind geflohen. Eine Mitarbeiterin hatte zum Beispiel ihr Kind bei der Arbeit dabei.“ Ein Hotel mit 300 Zimmern, plötzlich auf sich gestellt. Keine Küche, keine Rezeption, kein Sicherheitsdienst. Die Nähe zum Regierungsbezirk und die spezielle Situation im Hotel machte die Unterkunft auch für unsere Reporter zu unsicher. Das zweite Hotel in Kiew war auf den Kriegsfall vorbereitet, die Tiefgarage im zweiten Untergeschoss wurde zum Bunker. Stühle, Yogamatten zum Schlafen, Tee und Snacks – auch Jürgen Weichert war kurz dort unten.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

"Jetzt müssen sie schon wieder vor Putin fliehen“

Und auch wenn die Reporter nun die Hauptstadt verlassen, das Schicksal der Menschen geht ihnen nicht aus dem Kopf und liegt ihnen weiter am Herzen: „Mich hat berührt, dass viele Menschen schon vor acht Jahren ihre Heimat, ihre Häuser im Osten der Ukraine verlassen haben. Sie sind aus politischen Gründen nach Kiew gegangen und jetzt müssen sie schon wieder vor Putin fliehen.“ Und auch, dass Putin in seiner Rede Rache an den politischen Gegnern geschworen hat, besorgt den Reporter. „Wir wissen ja momentan gar nichts von der Zahl der zivilen Opfer.“

Auch wenn Nadja Kriewald, Jürgen Weichert und Stephan Richter im Moment nicht aus Kiew berichten können, bleiben sie dran. Für Sie als Zuschauer. Aber auch für die Menschen vor Ort.

Unsere Reporter vor Ort, Interviews und Analysen - in unserer Videoplaylist

Playlist 50 Videos