Krankenkassen erwarten Milliardendefizit

Krasse Forderung: Kassenpatienten sollen bis zu 2.000 Euro pro Jahr selber zahlen

Der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen erhält die Narrenmütze. Foto: Patrick Seeger/Archiv
Bernd Raffelhüschen
DPA

Müssen Patienten bald tief in die Tasche greifen, wenn sie zum Arzt gehen? Das schlägt zumindest der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen vor. Bis zu 2.000 Euro sollten gesetzlich Versicherte gestaffelt über ein Jahr zahlen.

Der Vorschlag geht noch weiter: Selbstverschulder sollen selber zahlen - komplett!

„Wir können uns das System nicht mehr leisten. Patienten müssen künftig mehr aus eigener Tasche dazu bezahlen“, sagte der Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Freiburg der „Bild“. Dazu muss es aber einen Sozialausgleich geben. „Die Zuschüsse zum Beispiel für Geringverdiener müssen aus dem Bundeshaushalt kommen.“

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Raffelhüschen sprach sich auch dafür aus, dass Versicherte Verletzungen nach selbstgewählten Risiken - wie Skifahren - komplett selbst bezahlen sollten. „Auch Raucher müssen sich an den Folgekosten von Behandlungen stärker selbst beteiligen“, verlangte er.

Ohne ein Gegensteuern werde ansonsten der Beitragssatz bis 2035 auf bis zu 22 Prozent vom Bruttolohn steigen, warnte der Ökonom. Zurzeit liegt er - inklusive Zusatzbeitrag - im Schnitt bei knapp 16 Prozent, je nach Krankenkasse.

Lauterbach gegen Vorstoß: "Für die große Mehrheit der Bevölkerung geht das nicht."

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erteilte dem Vorstoß jedoch eine klare Absage. „Für Uniprofessoren wie Herrn Raffelhüschen oder mich wären diese Vorschläge bezahlbar“, twitterte Lauterbach. „Für die große Mehrheit der Bevölkerung geht das nicht.“

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Krankenkassen erwarten ein Defizit

Für 2023 wird in der Gesetzlichen Krankenversicherung ein Defizit von 17 Milliarden Euro erwartet - nach den Worten von Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist das ein historisches Ausmaß. In Deutschland werden rund 73 Millionen Versicherte von einer der 96 gesetzlichen Krankenkassen versorgt - das entspricht etwa 90 Prozent der Bevölkerung.

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Nach den Vorstellungen Raffelhüschens sollen Patienten nach dem Arztbesuch künftig eine Rechnung erhalten und diese an die Krankenkasse weiterreichen, „die dann einen Großteil der Kosten übernimmt“. Für die Eigenbeteiligung der Patienten soll es mehrere Stufen geben. Sie soll „insgesamt bei 1.500 oder 2.000 Euro pro Jahr“ gedeckelt werden, sagte Raffelhüschen. (dpa/eon)

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