Bizarrer Glocken-Zoff in Bayern

Anwohner klagt gegen Kirche: Das Gebimmel hat mich taub gemacht

Dass laute Kirchenglocken für manche Ohren anstrengend sind, ist nicht neu. Dass das Geläut sogar einen Hörsturz verursachen kann, schon. Genau das soll Andreas Pfaffeneder aus Siegenburg (Bayern) laut eigener Aussage passiert sein. Das Gebimmel der Glocken habe ihn krank gemacht, er sei jetzt auf einem Ohr taub, behauptet der 41-Jährige. Und er kämpft dafür, dass die Glocken bald schweigen. Wie und was Nachbarn dazu sagen – im Video

Gericht weist Eilantrag im Glockenstreit ab

Katholische St.-Nikolaus-Kirche in Siegenburg
Andreas Pfaffeneder macht die Kirchenglocken der St.-Nikolaus-Kirche in Siegenburg für seinen Hörsturz verantwortlich.
RTL

Seit Anfang 2019 wohnt Andreas Pfaffeneder mit seiner Familie neben der katholischen St.-Nikolaus-Kirche in Siegenburg. Schon nach einem halben Jahr habe er den Hörsturz erlitten, "der mich linksseitig taub zurücklässt", wie er in seinem Blog schreibt. Besonders der Siegenburger Norden sei von dem Lärm betroffen.

Pfaffeneder lässt ein Gutachten anfertigen, in dem von einem Spitzenpegel von 90 Dezibel beim Gottesdienst die Rede ist – und klagt. Das Verwaltungsgericht Regensburg wies im vergangenen Jahr einen Eilantrag gegen das Glockengeläut ab, aber eine endgültige Entscheidung steht noch aus.

Andere Bewohner von Siegenburg stört das Gebimmel nicht

Im Januar 2021 geht der 41-Jährige an die Öffentlichkeit, schildert seinen Fall auf Facebook und in seinem Blog. Und stößt auf Spott, aber auch auf großes Interesse: Der Blogeintrag, in dem er über seinen Fall berichtet, wird innerhalb der ersten beiden Wochen 4.000-mal aufgerufen.

Doch andere Siegenburger können Pfaffeneders Probleme nicht nachvollziehen und fühlen sich von den Kirchenglocken nicht gestört. "Ich hab das nie als schlimm empfunden, meine Kinder sind hier aufgewachsen, und das gehört irgendwie dazu", sagt eine Anwohnerin. Pfaffeneder hätte wissen müssen, was auf ihn zukommt, findet ein anderer: "Wenn ich mir in einem Dorf neben der Kirche eine Immobilie kaufe, gehe ich davon aus, dass ich weiß, was auf mich zukommt."

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100 Dezibel bei RTL-Messung

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RTL

Aber können 90 Dezibel tatsächlich einen Hörsturz auslösen? Er halte das für unwahrscheinlich, erklärt ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt auf RTL-Anfrage. Die Kirche will sich wegen des laufenden Verfahrens nicht zu dem Fall äußern.

Eine RTL-Messung neben der Kirche deutet darauf hin, dass die Glocken tatsächlich nichts für empfindliche Ohren sind: Das Gerät zeigt während des Geläuts satte 100 Dezibel an. Deshalb wird Andreas Pfaffeneder den Rat seines Arztes so schnell wohl nicht befolgen können. Denn der hat ihm empfohlen, Lärmbelastungen wie durch Kirchenglocken zu vermeiden.