Er hat klarer gewonnen, als befürchtet - aber Jubel-Stimmung sieht anders aus

Keine Party für Macron: Jetzt muss er richtig ranklotzen!

von Alexander Oetker

Am Ende war der Sieg klarer als befürchtet – doch Macron muss ein zerrissenes Land einen. Die Wähler der Rechten werden ihn ablehnen, die Wähler der Linken unmögliches fordern. Und zwischendurch muss der Präsident auch noch Europa zusammenhalten.

Macron will den Franzosen zeigen: Ich habe verstanden – ich bin für Euch hier

 220424 -- PARIS, April 24, 2022 -- French incumbent President Emmanuel Macron R attends a rally after the presidential runoff in Paris, France, on April 24, 2022. French incumbent President Emmanuel Macron won the 2022 French presidential runoff with 58 percent of the votes, according to the preliminary exit poll released Sunday evening by French television BFMTV. Macron s rival, far-right wing candidate Marine Le Pen, gained 42 percent of the votes.  FRANCE-PARIS-PRESIDENTIAL RUNOFF GaoxJing PUBLICATIONxNOTxINxCHN
Der alte und neue französische Präsident Emmanuel Macron mit seiner Ehefrau Brigitte.
www.imago-images.de, IMAGO/Xinhua, IMAGO/Gao Jing

Ein Auftritt mit Gänsehautgarantie: Mit Brigitte, seiner Frau, an der Hand läuft Macron mit vielen Kindern zum Eiffelturm, die Leute jubeln, über Lautsprecher wird die Europa-Hymne eingespielt, Beethovens „Ode an die Freude“. Was für eine Inszenierung. Und so symbolisch: Vor fünf Jahren lief der 39jährige ganz allein durch den Ehrenhof des Louvre. Das Zeichen damals: Das ist mein Triumph. Gestern will er den Franzosen zeigen: Ich habe verstanden – ich bin für Euch hier. Und dank Euch. Und das geht nur mit vielen.

Nun gilt es: Macron muss ranklotzen, an so vielen Fronten gleichzeitig:

  • Er muss jene zumindest zu überzeugen versuchen, die rechts wählten. Besonders in den abgelegenen Regionen Frankreichs und in den Überseegebieten. Das wird nur funktionieren, wenn sich der Präsident um die Kaufkraft kümmert und sich um die Infrastruktur in den entlegenen Ecken des Hexagons kümmert.

  • Dann gilt es, den Jungen zu danken, die Le Pen verhinderten. Ihnen versprach er die ökologische Wende, die muss er nun vorantreiben.

  • Und er muss Europa einen – weil es sonst niemand tut, auf Deutschland jedenfalls sollte er nicht warten. Die erste Mammutaufgabe wird sein, Putin irgendwie zu einem Waffenstillstand zu bewegen – an seinen diplomatischen Erfolgen wird sich Macron messen lassen wollen.

  • Und an seinen innenpolitischen Erfolgen wird er sich messen lassen müssen. Da ist ja immer noch die Rentenreform, die er nach den Gelbwesten-Protesten aufgeschoben hat – nun gilt es, denn viele Franzosen wollen große Reformen, damit ihr Land sich weiter von der Wirtschaftskrise erholt.

Reformen kann er befreit angehen - eine Wiederwahl ist nicht mehr möglich

All die Reformen kann er nun recht befreit angehen, denn er muss nicht mehr auf eine sofortige Wiederwahl schielen – 2027 kann Macron nicht erneut gewählt werden.

Doch nun braucht er erstmal eine funktionierende Regierung: Mitte Juni finden die Parlamentswahlen statt – eine absolute Mehrheit für Macrons One-Man-Show „La République en marche“ scheint ausgeschlossen. Also wird sich der Präsident dem linksgrünen Lager andienen, alle Äußerungen der letzten Tage deuten darauf hin. Da kann sich der grüne Yannick Jadot schon auf ein Ministeramt freuen, genau wie viele linke Politiker.

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Macron darf sich nicht von den Rechten treiben lassen

Und die Rechte? Noch ist viel Katzenjammer. Doch Éric Zemmour, der Rechtsaußen, geiferte schon am Wahlabend, es sei das zwölfte Mal, dass der Name Le Pen mit einer Niederlage verbunden sei. Rumms, das saß – und zeigt: Auch Marine ist auf der Rechten nicht unangefochten. Vielen extremen Wählern ist sie mittlerweile zu angepasst, sind ihre Forderungen zu konsensfähig. Spannend, ob sie sich wird halten können – oder ob der große Konkurrenzkampf jetzt losbricht.

Macron jedenfalls darf sich nicht von der Rechten treiben lassen: Er muss seinen Weg gehen und den Franzosen beweisen, dass er mit seiner Mannschaft dieses Land wieder vereinen kann. Damit es in fünf Jahren nicht wieder heißt: Marine Le Pen in der Stichwahl. Sonst könnte es in fünf Jahren eine echte Katerstimmung geben, für Frankreich und Europa.

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