Frankreichs Präsident wurde wieder gewählt
Macron richtet sich an Le Pens Wähler - "Die kommenden Jahre werden schwierig sein"

Amtsinhaber Emmanuel Macron hat die Präsidentschaftswahl in Frankreich gewonnen. Er setzte sich in der Stichwahl am Sonntag mit 58,55 Prozent der Stimmen klar gegen seine rechte Rivalin Marine Le Pen durch. Sie gestand ihre Niederlage rasch ein und richtete den Blick auf die Parlamentswahlen. Macron schwor in seiner Siegesrede die Bürger seines Landes auf schwierige Zeiten ein. Gleichzeitig versprach er, Veränderungen in seiner Politik einzuleiten. „Ich bin mir bewusst, dass mich dieses Votum für die kommenden Jahre verpflichtet“, so Macron bei einer Ansprache vor Hunderten vor dem Eiffelturm in Paris.
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Macron bleibt Frankreichs Präsident: "Kommenden Jahre werden historisch sein"

Die Stichwahl Macron gegen Le Pen war eine Neuauflage des Wahlentscheids von 2017, bei dem allerdings noch rund zwei Drittel der Wähler ihr Kreuz für Macron gesetzt hatten. Der erneute Triumph über die rechte Euroskeptikerin gilt als richtungsweisend für den weiteren Kurs Frankreichs, das derzeit turnusgemäß den Ratsvorsitz in der EU innehat. Der 44-jährige Staatschef tritt für eine engere Kooperation auf EU-Ebene ein, während Le Pen die Europäische Union in ein "Europa der Nationen" umwandeln will.
In seiner Siegesrede erklärte der wiedergewählte Präsident, es müsse die Wut derjenigen angesprochen werden, die für seine Rivalin Marine Le Pen gestimmt hätten. „Die kommenden Jahre werden sicherlich schwierig sein, aber sie werden historisch sein und gemeinsam müssen wir sie für die neuen Generationen schreiben“, sagte der 44-Jährige außerdem. „Denn unser Land steckt tief in Zweifeln und Spaltung. Wir müssen stark sein, aber niemand wird am Wegesrand zurückgelassen“, so Macron weiter. „Diese neue Ära wird nicht die Kontinuität der zu Ende gehenden fünf Regierungsjahre sein.“
„Sie haben sich für ein humanistisches, republikanisches, soziales und ökologisches Projekt entschieden, das auf Arbeit und Kreativität beruht, ein Projekt zur Befreiung unserer akademischen, kulturellen und unternehmerischen Kräfte“, betonte Macron. Der Präsident fuhr fort: „Wir werden anspruchsvoll und ehrgeizig sein müssen. Wir haben so viel zu tun, und der Krieg in der Ukraine ist da, um uns daran zu erinnern, dass wir uns in tragischen Zeiten befinden, in denen Frankreich seinen Weg finden muss.“
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Frankreich: Le Pen gesteht Niederlage ein - Macron wieder gewählt
Le Pen gestand ihre Niederlage rasch ein. Das Ergebnis sei dennoch ein Sieg für ihre politische Bewegung, sagte die Politikerin der rechten Partei Rassemblement National vor ihren Anhängern. Le Pen richtete ihr Augenmerk nun auf die französischen Parlamentswahlen im Juni. Das Spiel sei noch nicht vorbei, sagte Le Pen. Heute Abend beginne die große Schlacht um die Parlamentswahlen. Ihre Partei sei offen für alle, die sich gegen Emmanuel Macron verbünden wollten.
Dennoch ist klar: Der liberale Macron hatte sich bei der Wahl gegen seine rechte Herausforderin durchgesetzt. Dabei erhielt er auch Stimmen von Menschen, die seine Politik nicht unterstützen, aber einen rechten Wahlsieg verhindern wollten. Ihnen dankte er in seiner Rede explizit.
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Erleichterte Reaktionen in Europa

In Deutschland und Europa fallen die Reaktionen auf den Wahlsieg Macrons erleichtert aus. EU-Ratspräsident Charles Michel twitterte: "In diesen stürmischen Zeiten brauchen wir ein starkes Europa und ein Frankreich, das sich voll und ganz für eine souveränere und strategischere Europäische Union einsetzt. Wir können auf Frankreich 5 weitere Jahre zählen."
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Wiederwahl des französischen Präsidenten als Bekenntnis zu Europa gewürdigt. „Deine Wählerinnen und Wähler haben heute auch ein starkes Bekenntnis zu Europa gesendet. Ich freue mich, dass wir unsere gute Zusammenarbeit fortsetzen!“
SPD-Chefin Saskia Esken schrieb auf dem Kurznachrichtendienst gar: „Ich tanze!“ Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz gratulierte Macron und schrieb: „Jetzt ist ein neuer Anlauf für deutsch-französische Zusammenarbeit möglich und nötig!" AfD-Chef Tino Chrupalla gratulierte dagegen der unterlegenen Kandidatin Le Penn zu „ihrem starken Ergebnis“.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zur Wiederwahl gratuliert und ihn als „wahren Freund“ bezeichnet. Er schätze die Unterstützung Frankreichs, schrieb Selenskyj in der Nacht zum Montag bei Twitter. „Und ich bin überzeugt: Wir schreiten zusammen zu neuen gemeinsamen Siegen. In ein starkes und geeintes Europa.“
Wahlbeteiligung etwas niedriger als 2017

Die Wahlbeteiligung lag bei der Stichwahl der Präsidentschaftswahlen etwas niedriger als vor fünf Jahren. Dem französischen Innenministerium zufolge lag die Wahlbeteiligung (Stand 17 Uhr) bei 63,2 Prozent und damit etwa zwei Prozentpunkte niedriger als zur Abstimmung 2017. Umfragen haben für die zweite Runde der Präsidentenwahl den höchsten Anteil von Nichtwählern seit mehr als 50 Jahren vorhergesagt. (jak/jaw/dpa/Reuters)