Richterin fällt Urteil

Junge (9) stirbt nach Routine-OP: Ärzte vor Gericht

Die beiden Angeklagten mit Verteidiger während des Prozesses im Mai 2022.
Die beiden Angeklagten während des Prozesses im Mai 2022.
RTL Nord

Nach einer Routine-Operation kommt 2007 der kleine Faouzane ums Leben.

Vor dem Landgericht Hamburg verantworten sich die behandelnden Ärzte. 15 Jahre nach dem Unglück fällt jetzt das Urteil.

Nachblutungen nach Polypen-OP

Eigentlich soll der Eingriff eine Erleichterung für den Neunjährigen aus Hamburg sein. Dem Schüler werden unter Narkose in einer HNO-Praxis die Polypen entfernt. Die Operation verläuft ohne Komplikationen, doch im Aufwachraum kommt es zu Nachblutungen, gefolgt von einem Atemstillstand. Eine Woche später stirbt der kleine Junge. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden behandelnden Ärzten (65 und 69) unter anderem vor, das Kind nicht ausreichend überwacht zu haben. Die Praxis sei personell und auch technisch nicht so ausgestattet, wie es medizinische Standards vorsehen würden.

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Der Prozess hätte bereits im April zu Ende gehen sollen. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten ihre Plädoyers gehalten, dann aber griff das Gericht einen Antrag eines Verteidigers auf, der in seinem Schlussvortrag eine neue Zeugin benannt hatte. Am Donnerstagnachmittag (8. Juni) fällt dann endlich das Urteil.

Im Video: Teenager stirbt bei Routine-OP

Teenager stirbt bei Routine-OP Mutter gibt Klinik die Schuld
00:59 min
Mutter gibt Klinik die Schuld
Teenager stirbt bei Routine-OP

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Angeklagte zu Geldstrafen verurteilt

Am Donnerstag (8. Juni) verliest die vorsitzende Richterin Birgit Woitas das Urteil: Der 65-jährige operierende Arzt ist der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig, er wird mit 150 Tagessätzen zu je 440 Euro bestraft. Sein Praxiskollege ist nach Ansicht des Gerichts mitschuldig, weil auch er für die ungenügende Ausstattung der Praxis verantwortlich war. Der 69-Jährige wird zu 75 Tagessätzen zu je 75 Euro verurteilt. Wegen der langen Dauer des Verfahrens – der Fall ereignete sich bereits 2007 – gelten beide Geldstrafen als in voller Höhe vollstreckt. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor ein Jahr Haft auf Bewährung für den 65-jährigen Operateur und eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 120 Euro für seinen Kollegen gefordert. Die Verteidiger der Ärzte plädierten auf Freispruch.

In ihrer Urteilsbegründung erklärt Richterin Woitas, der Tod des Kindes sei besonders tragisch „weil der Tod des Jungen hätte verhindert werden können, wenn der Junge nach der Operation überwacht worden wäre.“ Das Unglück hätte die Familie des verstorbenen Jungen auseinandergerissen, der Vater wäre ein gebrochener Mann. Auch für die Ärzte sei der Fall tragisch, betonte die Richterin: Beide wären bis zum Unglück über Jahrzehnte keine Fehler unterlaufen.

Bereits im Jahr 2009 wurde die an der Operation beteiligte Narkoseärztin wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe veurteilt. (jsi, fga)