Berufskolleg in Ibbenbüren unter SchockSchüler (17) soll Lehrerin getötet haben - Psychologe erklärt: "Messerstecher oft von eigener Kühnheit überwältigt"

Ibbenbüren: Tatverdächtiger Sinan (17) soll seine Klassenlehrerin mit einem Messer erstochen haben.
Ibbenbüren: Der Tatverdächtige Sinan (17) soll seine Klassenlehrerin mit einem Messer erstochen haben.
Privat
von Denise Kylla

Eine Stadt steht unter Schock. Am Dienstag wurde am Berufskolleg in der Wilhelmstraße in Ibbenbüren (Nordrhein-Westfalen) eine Lehrerin brutal getötet. Unter Tatverdacht steht der erst 17-jährige Schüler Sinan. Er soll die 55-Jährige erstochen haben. Ein Haftrichter schickte den Teenager am heutigen Donnerstag in Untersuchungshaft. Warum brannten dem jungen Mann plötzlich die Sicherungen durch? Im Interview mit RTL sprach Psychologe Dr. Dirk Baumeier darüber, was einen Menschen zu so einer Tat veranlassen könnte.

Schüler soll seine Lehrerin erstochen und dann den Notruf gewählt haben

Ibbenbüren am Dienstagnachmittag: Laut RTL-Informationen soll sich der 17-jährige Schüler am Nachmittag für ein Gespräch bei seiner Lehrerin melden. Hintergrund sollen anstößige Äußerungen im Politik-Unterricht und ein eintägiger Schulverweis gewesen sein. Danach hätte er angeblich bei der Schulleitung aufschlagen sollen. Doch dazu kam es nicht mehr. Sinan soll seine Lehrerin erstochen haben. Ein Haftrichter schickte ihn am Donnerstag in Untersuchungshaft. Was bringt einen so jungen Mann dazu, so zügellos zu reagieren? Psychologe Dr. Dirk Baumeier hat sich den Fall angeschaut.

Lese-Tipp: Mitschüler spricht über Tatverdächtigen Sinan (17)

Dr. Dirk Baumeier sprach im Interview mit RTL über die Bluttat in Ibbenbüren.
Dr. Dirk Baumeier sprach im Interview mit RTL über die Bluttat in Ibbenbüren.
RTL

„Grundsätzlich sitzen uns mehrere tausend Jahre Zivilisationsgeschichte im Nacken, die uns anhalten, zwischenmenschliche Konflikte nicht körperlich, sondern verbal zu lösen“, ordnet er ein. Dennoch würde es vorkommen, dass die „Instinkte der Friedlichkeit“ bei einigen versagten. „Gerade junge Menschen haben nicht durchgängig gelernt, auf Reize mit der angemessenen Energie zu reagieren.“

Außerdem dürfe man nicht außer Acht lassen, dass nicht jedes Kind wohlbehütet aufwachse und Sozialverhalten erlerne. „In manchen sozialen Milieus gehört das Einstecken und Austeilen körperlicher Gewalt von Kindesbeinen an zum Erfahrungshorizont“, so Dr. Baumeier. „Kraftvolle junge Männer zeichnen sich zuweilen durch eine verkürzte Zündschnur aus.“

So könne es passieren, dass vergleichsweise harmloses „Reizfutter“ wie ein vorübergehender Schulverweis dann zu „völlig überschießenden Handlungen“ führe. Oft würden sich Messerstecher von der eigenen Kühnheit überwältigt fühlen. „Sie sind nach ihrer Tat zunächst überzeugt, etwas Unvermeidliches getan zu haben. Erst später sinken sie in sich zusammen und bedauern sich.“

Das Bedauern könnte tatsächlich auch auf Sinan zutreffen. Immerhin hat er nach der mutmaßlichen Tat selbst den Notruf gewählt, das bestätigte Martin Botzenhardt von der Staatsanwaltschaft Münster – ein Akt der Reue?

Im Video: Grausame Tat in Ibbenbüren - Schüler soll seine Lehrerin getötet haben

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Ibbenbüren: Eine Schule trauert um eine beliebte Lehrerin

RTL-Reporter Klaus Felder hat vor Ort mit Schülern gesprochen. Die 55-jährige Lehrerin soll sehr beliebt an der Schule gewesen sein. Noch am Tag ihres Todes habe sie Schokolade an die Schüler verteilt und sie früher nach Hause geschickt, heißt es. Eine Schülerin sagte unter Tränen: „Frau K. war eine tolle Klassenlehrerin, die Beste von der ganzen Schule.“

Die Getötete 55-Jährige Frau K. war Klassenlehrerin am Berufskolleg Ibbenbüren.
Die Getötete 55-Jährige Frau K. war Klassenlehrerin am Berufskolleg Ibbenbüren.
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Für den Beschuldigten sei ein Pflichtverteidiger bestellt worden, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Zu der Tat äußerte der Jugendliche sich weiterhin nicht. Die Obduktion des Leichnams der Lehrerin ergab, dass diese durch den hohen Blutverlust aufgrund der zahlreichen Stichverletzungen verstorben ist. Eine Mordkommission der Polizei Münster habe die Ermittlungen übernommen.