Fiebersaft und Hustensaft vergriffen
Medikamentenknappheit und Krankheitswelle - HNO-Arzt rät: Das sollten Eltern jetzt tun!
von Prof. Dr. med. Mark Jakob
Fiebersaft und Antibiotika werden knapp! Dass selbst bei gängigen Medikamenten etwas mit der Versorgungslage nicht stimmt, habe ich in meiner Praxis das erste Mal Anfang Oktober zu spüren bekommen. Ein Patient war mit einer schweren Mandelentzündung zu mir gekommen und ich verschrieb ihm das entsprechende Penicillin. Zu meiner Überraschung kehrte er zwei Tage später mit seiner Infektion, aber ohne sein Arzneimittel in die Praxis zurück. Es sei in keiner Apotheke aufzutreiben gewesen, teilte er mir leicht entnervt mit. Da staunte ich nicht schlecht.
Fiebersaft und Hustensaft vergriffen: Eltern und Ärzte sind verzweifelt!
Das war für mich, der ich seit 2004 als HNO-Arzt tätig bin, eine ganz neue Erfahrung. Und absolut keine erfreuliche. Denn jedem, der sich ein bisschen auskennt, ist natürlich sofort bewusst, was so ein Versorgungsengpass in der Konsequenz bedeutet: Die optimale Behandlung der Betroffenen ist nicht mehr gewährleistet.
Dazu muss man wissen, dass wir Ärztinnen und Ärzte uns beim Verschreiben von Medikamenten an unseren Erfahrungswerten und Leitlinien orientieren. Nicht jedes Mittel aus einer Medikamentengruppe wirkt in jedem Fall gleich gut. Deshalb gibt es, vereinfacht gesprochen, für jede Erkrankung Arzneien der ersten, zweiten oder dritten Wahl. Eine Abweichung von dieser Priorisierung sollte die Ausnahme sein. Seit der geschilderten Episode haben sich die Fälle aber derart gehäuft, dass kreatives Medikamentenmanagement zum Teil meines Alltags geworden ist.
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In erster Linie heißt das, Rücksprache mit den Apotheken zu halten und sich mehr nach dem zu richten, was da ist, als nach dem, was am besten wäre. Das klappt sehr gut, wofür ich den Apothekerinnen und Apothekern in meiner Umgebung dankbar bin. Bislang ist die Lage daher nicht dramatisch. Für uns in den Hausarzt-, Kinderarzt- und HNO-Praxen ist der ein oder andere Aspekt an der aktuellen Misere dennoch besonders ärgerlich. Schließlich ließen sich unsere Probleme bis zu einem gewissen Grad schon durch etwas mehr Weitsicht bei der Medikation beseitigen.
Klassische Infekte der oberen Atemwege und HNO-Fälle sind etwa Entzündungen der Mandeln, des Mittelohrs oder der Nasennebenhöhlen. Wir sind also in schweren Fällen auf gute, effektive Antibiotika neben den fiebersenkenden Mitteln angewiesen. Dass diese Antibiotika noch immer zu oft zu leichtfertig verschrieben werden, führt nicht nur dazu, dass sie insgesamt weniger wirksam sind. Im Augenblick sind sie angesichts der Mangellage für jene Patientinnen und Patienten, die sie wirklich brauchen, nur schwer erhältlich. Man kann also nur immer wieder ausdrücklich betonen: Nicht jede Entzündung muss mit einem Antibiotikum behandelt werden.
Meine Tipps für Infekte der oberen Atemwege:
Darin liegt gerade jetzt aber auch eine Chance, denn für viele Erkrankungen gibt es gut verfügbare Alternativen. Unter ärztlicher Aufsicht lässt sich damit einiges erreichen.
- Wadenwickel bei Fieber
- Inhalation bei Nebenhöhlenentzündungen
- Nasenspray bei Schnupfen
- Nasendusche um die Nase frei zu bekommen
- Viel Tee trinken
- Auf pflanzliche Präparate ausweichen
- Der Apotheker kennt Alternativen
- Ab ins Bett und auskurieren
- Lutschtabletten bei Halsschmerzen
Das rate ich Eltern kleiner Patienten
Besondere Vorsicht ist natürlich bei kleinen Patientinnen und Patienten geboten. Bei ihnen macht sich gegenwärtig vor allem der Mangel an Fiebersaft bemerkbar. Kinder brauchen aber nicht nur die beste medizinische Behandlung, also auch die geeignetsten Medikamente, sondern können verunsichert sein, wenn sie das Gefühl haben, diese nicht zu bekommen.
Hier spielt auch die Psychologie eine große Rolle. Geben Sie Ihre Verunsicherung demnach nicht an das Kind weiter. Das kann auch heißen, dass Sie die Arzneimittel im Zweifel besser allein besorgen, als mit dem kranken Kind von Apotheke zu Apotheke zu tingeln. Sprechen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin zudem darauf an, wenn Sie den Eindruck haben, dass das Kind in diesem Punkt empfindlich ist.
Auch für Erwachsene ist es selbstverständlich wichtig, mit der behandelnden Praxis zu kommunizieren, wenn bei der Beschaffung der verschriebenen Medikamente etwas schiefgeht. Meine Erfahrung zeigt: Gemeinsam hat sich noch immer eine Lösung gefunden.
Meine Checkliste für Ihr Medikamente-Management:
- Denken Sie bitte frühzeitig an Nachschub für ihre Kinder
- Alternative Medikamente mit dem Arzt oder Ärztin besprechen
- Nicht zu viel Vorrat hamstern, sonst verschlechtert sich die Versorgungslage weiter
- Eltern und Nachbarn helfen sich gegenseitig aus bei Bedarf an Hustensaft und Fiebersaft für unserer kleinen Patienten
- Meist sind es Viren die den Infekt auslösen: ein Antbiotikum ist gar nicht notwendig.
- Pflanzliche Alternativen, Kräuter und Tees mit dem Apothekerin/Apotheker besprechen bevor in ihrer Familie jemand erkrankt
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